Review

„Hau ab, du Perverser!“

Seit Richard Dice (Rob Lowe) mit 6 Jahren diese Worte hörte, als er versehentlich die Mädchentoilette betrat, ist er verliebt in Molly Gilbert (Colleen Camp), die ihn damit wegscheuchte...

Seitdem sind 19 Jahre vergangen – doch plötzlich sieht Richard Molly im Gericht wieder und alle seine Gefühle sind wieder da. Dumm nur, daß sie die Angeklagte in einem Mordprozess ist und er einer der 12 Geschworenen.

Doch Richard, der an Horoskope und Schicksalsfügung glaubt ,kann sich nicht vorstellen , daß sie schuldig ist und versucht ihre Unschuld zu beweisen.

Peter Bogdanovich beginnt den Film mit dem tatsächlichen Hergang der Tat :

Mr.Keeler(Kenneth Mars) ist ein reicher Reeder, der nach Saint Augustine,Florida , gezogen ist und dort eine alte Festungsanlage saniert und zum Museum umgebaut hat.

Sein Leibwächter Arnie wurde entlassen, aber er erpresst noch Ruth Herrison (Linda MacEwen) und Donald Cleary (Marshall Colt), Mr.Keeler’s Assistenten. Die Beiden besucht Arnie in Donald’s Haus. Dabei läßt er zwei junge Frauen, bei denen es sich um Keeler’s Tochter Suzanne (Kim Myers) und deren kanadische Freundin Sharon handelt, im Auto draußen zurück.

Im Haus kommt es zu einem Streit, bei dem Ruth Arnie erschießt, worauf die Beiden die Leiche im Kofferraum ihres Wagens verschwinden lassen.

Was sie nicht wissen ist, daß sie nicht nur von den jungen Frauen dabei beobachtet wurden, sondern von 2 weiteren Männern des Wachpersonals, die ebenfalls von Arnie erpreßt wurden. Allerdings hatten sämtliche Beteiligten bemerkt, daß Arnie alle Gespräche mit einem kleinen Kassettenrekorder aufgenommen hatte.

Ruth entnahm die Kassette und legte sie beiseite, um zuerst die besagte Leiche zu entsorgen.

Ausgerechnet in diesem Moment kommt Molly in Donald’s Haus. Sie hat mit der ganzen Sache nichts zu tun, ist aber Donald’s Ex-Freundin und kommt vorbei, um ein paar private Sachen abzuholen. Dabei steckt sie versehentlich die Kassette ein und geht wieder aus dem Haus.

Ruth versucht sie deshalb mit ihrem Auto umzufahren, worauf Molly in Notwehr schießt, aber nicht Ruth
trifft, sondern leider den Briefträger, der 50 Meter entfernt die Post einwirft.

Jetzt steht Molly wegen Mordes vor Gericht, aber sie hat immer noch - ohne es zu wissen - die verräterische Kassette in ihrer Handtasche....und an die wollen alle heran.

Alles verstanden ?

Ich gebe zu, ich brauchte die Vorzüge moderner DVD-Player, um diese Inhaltsangabe schreiben zu können, die etwa die ersten 5 Minuten des Films ausmachen. Ich mußte mir die Anfangsszene dreimal ansehen und brauchte zusätzliche Informationen aus den nächsten 45 Minuten.

Diese Möglichkeit haben Kinogänger natürlich nicht, was dazu beigetragen haben mag, daß der Film völlig in Vergessenheit geriet, obwohl er einige gute Voraussetzungen mit sich brachte.

Produzent und Regisseur ist Peter Bogdanovich, der intelektuelle Filmemacher, dem absolute Meisterwerke wie „The last Picture Show“ und „Is was Doc“zu verdanken sind. Doch diese Filme waren 1988, als „Illegal Yours“ entstand, schon mehr als 15 Jahre alt und Bogdanovich konnte nie wieder an diese frühen Erfolge anknüpfen.

Dabei ist er nach wie vor ein begehrter Kritiker und Autor, der z.B. im „Süddeutschen Magazin“ in den letzten Jahren noch zwei Hefte komplett mit Interviews (darunter mit Jerry Lewis) füllte. Doch wenn man „Alles wegen Molly“ genauer betrachtet, versteht man auch, was schief gelaufen ist .

Er will einfach zuviel und verliert dabei das Timing und die Linie.

Neben den oben schon erwähnten Personen kommen noch Richard’s Bruder, seine Mutter und deren Freund vor. Dazu der Richter, Molly’s Anwältin, weitere Geschworene und diverse Polizisten.

Richard selbst ist eine Mischung aus Chaot, Looser, Naiver und symphatischer Draufgänger, eine Symbiose ,die die schon übervolle Story ins endgültige Chaos reißt. Im Gegensatz zu „Is was Doc“ , an dessen Erfolg Bogdanovich anknüpfen wollte, beschränkt er sich nicht auf den entstehenden Wahnsinn, sondern verteilt ihn noch zusätzlich auf so viele handelnde Personen, daß man einfach die Übersicht verliert.

Dadurch entstehen auch zu oberflächliche Charakterzeichnungen, da für diese einfach keine Zeit da ist.

Selbst Richard, der ja fast ständig im Bild ist, nervt lange, bevor er einem zum Schluß symphatisch wird. Dagegen erschließt sich nicht, was er an Molly findet, da diese völlig ohne Profil bleibt.
Besonders ihre frühere Beziehung zu dem eindimensional schmierigen, selbstverliebten Donald (immerhin der einzige Anlaß, warum sie überhaupt in das ganze Schlamassel hinein gezogen wird) ist nicht verständlich und nimmt eher gegen sie ein.
Sämtliche anderen Figuren bleiben oberflächliche Stereotype.

Zusätzlich verliert in diesem Kuddelmuddel auch das Drehbuch an Logik. So ist zum Beispiel nicht nachvollziehbar, warum die diversen Protagonisten erst in dem Moment mit Vehemenz versuchen an Molly’s Kassette heran zu kommen, als Richard auftaucht und die Gerichtsverhandlung beginnt. Denn die Tat liegt zu diesem Zeitpunkt schon 5 Monate zurück und Molly war immer gegen Kaution auf freiem Fuß.

Dabei gäbe es viel Wortwitz und Running-Gags zu entdecken.

- Zum Beispiel, die regelmäßigen Überredungskünste Richards an seine Mutter, die er trotz immer größer werdender Crashs, immer wieder dazu bringt, ihm zu helfen,

- oder die jedesmal davon rasenden Autos, wenn Molly aus dem Haus kommt,

- oder die Szene mit den Geschworenen, die die „Klassiker“ dieses Genres persifliert,

so gibt es viele intelligente Anspielungen auf unzählige Krimis, Verfolgungsjagden und auf viele amerikanische Eigenarten.

Dazu wurde ein Original Score eingespielt, bei dem Johnny Cash drei Songs vorträgt, die Bogdanovich mit komponiert hat.

Wenn man sich mit dem Film intensiv beschäftigt, fallen eine Menge Qualitäten auf. Da hat sich Jemand, der auch etwas davon versteht, wirklich Mühe gegeben und das macht mir den Film auch symphatisch.

Aber als Kinofilm funktioniert es einfach nicht. Die Story kann nicht fesseln, die handelnden Personen laden nicht zur Identifizierung ein, für eine Komödie fehlt die klare Linie und das Timing und als Satire und Persiflage ist es einfach zu chaotisch, um die Seitenhiebe auf „The american Way of Life“ richtig zu verdeutlichen.

Im Grunde wirkt der Film auch auf Grund seiner konsequenten 80er Jahre Optik, die die Attraktivität der einzelnen Mitspieler aus heutiger Sicht deutlich schmälert, eher trashig, was seinem tatsächlichen Anspruch und handwerklichem Können nicht entspricht.

Ich gebe dennoch aus Symphatie für die Macher und ihren Stilwillen (5/10).

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