Review

There will be Blood(2007)

Spoiler inside...

Wer über diesen Film sprechen, dichten oder richten will, hat eigentlich von Anfang an verloren. Der Kult um There will be Blood war damals schon weit vor Kinostart so groß, gerecht wie unheimlich und hielt sich über Jahre hin...bis heute. Paul Thomas Anderson kehrte damals zurück, Daniel Day-Lewis aus der Versenkung heraus und Jonny Greenwood machte erstmals einen Spielfim-Soundtrack auf eigenen Füßen.

Diese drei Eckpfeiler haben unter dem visuellen Traumtanz eines gewissen Robert Elswit einen Alptraum aus Hass und Einsamkeit vertrackt, dass es mir wieder und wieder die Sprache verschlägt. Ich ringe wieder mit Tränen als H.W. in einer Gasexplosion das Gehör einbüßt, ich knie nieder vor dem Monument der gierigen Besessenheit und empfinde tiefste Abscheu für eine Figur, die sich und alles in dieser öligen Steppe hasst.

Die erste viertel Stunde dieses Filmes hätte meiner Meinung nach niemals Enden müssen. Ich hätte auch drei Stunden ohne ein Wort im Kino verbracht. Dieser magische Beginn ist in seiner Ästhetik, in seinem Mut und seiner virtuosen Welle einfach nur faszinierend. Wenn Plainview(Day-Lewis) nach Silber schürft, sich verbissen durchquält und im Zucken eines Gewitters an Zelt und Lagerfeuer flackert, bekomme ich in allen Lagen meines Körpers eine Gänsehaut, die dann fast 160 Minuten aufrecht hält. Doch durch die Flamme schimmert auch der seelische Hintergrund eines Daniel Plainview.

So einen Protagonisten hat es selten im Kino gegeben. Ich kann mich nicht erinnern, dass eine Figur jemals so widerwärtig geschreiben, inszeniert und gespielt wurde. Nur in klitzekleinen Ritzen scheint etwas Empathie durch, wenn es denn den Wertpapieren dient. Dann wird Plainview seltsam süßlich und die Beziehung zu seinem Sohn ist - bis zu besagtem Gasunfall - herzlich, nachdenklich und von Aufopferung gezeichnet. Alles halt nur so lang, es Plainview auch von Nutzen ist. Alles was diesem Menschen im Weg steht, wird mental, verbal und auch physisch im Orkan weggeblasen...er selbst inklusive. Eine der imposantesten, ekligsten und gruseligsten Figuren der gesamten Filmwelt.

So ist es auch nicht verwunderlich wie kanalisiert, dringend und stechend das Spiel des mittlerweile dreimaligen Oscarpreisträgers Daniel Day-Lewis hier ist. Unter meinen liebsten zwanzig schauspielerischen Darbietungen finde ich Day-Lewis mindestens drei mal, diese hier ohne Frage ganz oben auf dem Podium menschlicher Darstellungen. Ein großartiger Mensch, auch außerhalb des Filmes. Sein Wirken und Auftreten sind rare, wie eingebungsvolle Momente dieser Zeit. Vor allem die Szenen, als sein vermeintlicher Bruder auftaucht, gehören zu den besten der ganzen Filmgeschichte. Plainview bricht hier leicht, die schwierige Vergangenheit zu seiner Mutter und vor allem zu seinem Vater werden hier so knapp und deutlich gespitzt, dass es letztlich kein halten mehr gibt. Davor und auch danach jagen sich eindrucksvolle Darbietungen rund um Day-Lewis Figur.

Diese Geschichte gebärt, lebt, stinkt und sirbt zugleich. Auch der Konflikt mit Eli(Paul Dano) ist nach wie vor eindrucksvoll und die Aufeinandertreffen des fanatischen Eli mit dem, an gar nichts außer Geld haltenden Plainview sind starke Sprengsel zeitloser Differenzen. Andersons großartige Regie, die Leidenschaft und die Präzesion seiner Drehbuchzeilen. Ganz und gar einnehmend. Der wundervolle Cast tut sein übriges. Jonny Greenwood's eigenwilligen, famosen und sperrigen Soundtrack höre ich heute auch gerne mal aus der Reihe. Es erfordert großen Mut, soche Kollagen und Fragmente zu einem Gesamten zu formen.

Wer über diesen Film spricht hat schon verloren. Ich schaue ihn niemals mit jemand anderen an, ich rede nicht über There will be blood und möchte keine Gefühle zu lassen. Diese Figur, dieses Szenario und der Zwist aus Gier, Liebe und Wahn macht mich immer ziemlich fertig, nimmt mich in die Teifen meiner eigenen Seele mit und vereinnahmt mich vollends. Vor einigen Jahren malte ich ein Bild von Plainview - wie er unter seinem Hut ganz sanft ins Dunkel linst. Schwarz-weiß und nur mit Bleistiften verschiedener Stärkte gezeichnet, hing ein Bild im A3 Format an der Wand, dass allen Hass und aller Schwäche des Menschen gerecht wurde. Meine Frau fragte mich einst, warum ich es manchmal so lange anstarre. Schweigen machte sich breit. Nur das mechanische Ticken einer 70 Jahre alten Uhr ist zu vernehmen. Als ich mich 90 Grad vom Bild wegdrehe, sehe ich in einen kleinen Spiegel. Hager, verkümmert und der Sünde im Angesicht stammelnd.

Seitdem spreche ich nicht über diesen Film. Denn dann hätte ich bereits verloren. Das Bild ist heute eingerollt auf dem Dachboden...9.5

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