Review

Der stolze Ölmogul und zugleich eine gescheiterte Existenz, ein Menschenfeind.
Wie bereits James Dean in den oftmals an „Giganten“ erinnernden Film, illustriert hier Daniel Day-Lewis, dass Öl allein nicht glücklich macht.
Kapitalistischer Fortschritt und fanatische Religiosität prallen aufeinander und doch treibt die gnadenlose Geldgier sie beide an und obwohl die Erzählung im Jahre 1898 ansetzt und sich über drei Jahrzehnte fortsetzt, ist die Thematik doch erstaunlich aktuell und übertragbar.

Day-Lewis verkörpert den ungezügelten Individualisten Plainview meisterhaft und in jedem seiner Züge kraftvoll. Mit zusammengekniffenen Augen, dem Blick von unten und der Körperhaltung, die jeden Augenblick zum Ausbruch von Gewalt kommen könnte, die unter der Oberfläche brodelt, wie die Öl-Fontaine, wenn sie einmal angestochen und freigesetzt ist.
Mit vollem Körpereinsatz, - zu Beginn bricht er sich während Schürfarbeiten ein Bein und humpelt fortan – baut er sich sein Imperium auf und selten war es interessanter, einem Geschäftsmann bei seinen Verhandlungen beizuwohnen.

Imponierend, wie er der Familie Sunday Land für einen lachhaften Preis abluchst, die einfachen Menschen mit stetigem Beisein seines Ziehsohnes H.W. (Dillon Freasier) um den Finger wickelt. Sogar den wortgewandten Eli Sunday (Paul Dano), der mit seinen impulsiven Reden die Kirchengemeinde der Dritten Offenbarung fesselt, vermag der hagere Plainview mit einfachen, aber eindringlichen Methoden vorerst zum Schweigen zu bringen.
Im Verlauf treffen sie immer wieder aufeinander, bis hin zum finalen Showdown.
Allerdings nicht zum Kampf zwischen Gut und Böse, sondern der Konfrontation zweier Boshaftigkeiten, die mit viel Hingabe aber auch falschem Spiel, ihrem Ziel näher zu kommen versuchen.

Stilistisch macht Regisseur Paul Thomas Anderson das außerordentlich gut, der Score von Johnny Greenwood (Radiohead) mit Passagen von Johannes Brahms ergibt eine intensive Einheit, die für eine dichte Atmosphäre sorgt. Die Kamera filmt stets aus der Distanz, in der die Hauptfigur emotional interagiert und nebenbei sorgen sehr sanfte Szenenübergänge für das I-Tüpfelchen der Inszenierung.
Bei alledem verliert sich die Erzählung jedoch nicht selten in elegische Überlängen, einige Szenen wirken ein wenig zu überladen, während ein Vorankommen der Entwicklung immer wieder stillsteht.
Gerade in Bezug auf Day-Lewis, der phasenweise wie der Teufel, mit ölverschmiertem Gesicht im Schein der Flammen, direkt aus der Hölle entsprungen zu sein scheint, ist dies ein wenig schade.

Inhaltlich fehlt also manchmal das emotionale Feuer, auch wenn einige Szenen eine unglaublich emotionale Wucht aufweisen. Wie Plainview in der Kirche vor aller Öffentlichkeit erniedrigt wird und sich später ebenso berechnend rächt, H.W. nach einer Explosion taub wird und den Hass gegenüber seinem Ziehvater kontinuierlich steigert, die Profitgier, mit der die Hauptfigur den Konkurrenten gegenübertritt, der übergangene christliche Segen, ein brennender Ölturm, eine Ermordung aus Enttäuschung, Milch mit Hochprozentigem, - viele Momente bleiben einfach lange hängen, trotz der Überlänge von fast 160 Minuten.

Der Gesamteindruck ist letztendlich positiv, wenn auch nicht übermäßig hingerissen vom Ölbohrer-Drama Andersons. Dank der hingebungsvollen Darstellerleistungen und gut ausgearbeiteter Charakterisierung zweier Fanatiker ein sehenswertes Stück Kino, bei Zuschauern mit viel Sitzfleisch geht das hingegen womöglich runter wie Öl…
7 von 10

Details
Ähnliche Filme