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Wir schreiben das Jahr 1975. Ian Curtis arbeitet beim Arbeitsamt in Macclesfield. Doch seine heimliche Leidenschaft gilt der Musik. Mit Debbie hat er auch seine vermeintliche Traumfrau gefunden, die er mit 19 heiratet. Kurz darauf bekommen beide eine Tochter. Doch dann ändert sich sein Leben, als er bei der Band Warsaw als Sänger einsteigt. Zunächst bleibt alles nur ein Zeitvertreib, bis sich der Labelchef von Factory die vier Jungs greift und unter Vertrag nimmt. Daraufhin ändern sie ihren Namen in Joy Division und beginnen mit den ersten CD-Aufnahmen. Durch häufige Konzerte nimmt der Bekanntheitsgrad der Band enorm zu und stellt insbesondere die Ehe von Ian und Debbie auf eine harte Probe, zumal bei dem sowieso schon recht sensiblen, jungen Mann Epilepsie festgestellt wird und eine geeignete Medikation nur sehr schwer zu finden ist. Dann lernt er bei einem Auftritt die belgische Journalistin Annik kennen und lieben. Doch auch sie kann nicht verhindern, dass Ian in immer tiefere Depressionen stürzt, zumal er gegenüber seiner Frau ein schlechtes Gewissen hat, da er sie irgendwo immer noch liebt und ihr auch sehr viel verdankt. Die Summe aus allem führt schließlich zu einer Katastrophe.

Der erste Spielfilm des holländischen Starfotographen Anton Corbijn, der besonders durch diverse Videodrehs für Depeche Mode bekannt wurde, ist ein sehr persönlicher geworden. In den Extras erzählt er, dass die Musik von Joy Division der eigentliche Grund war, wieso er seine Heimat verließ, um in England ein neues Leben zu beginnen. Durch eben diesen persönlichen Bezug war er natürlich auch prädestiniert, die tragische Lebensgeschichte von Ian Curtis zu inszenieren, was ihm auch ausgezeichnet gelang; und das, obwohl kurze Videoclips und Spielfilme doch zwei verschiedene paar Schuhe sind. Seine schwarz-weißen Bilder fangen das traurig-depressive Macclesfield und die Protagonisten der damaligen Zeit brillant ein.

Dazu gesellt sich ein superber Cast. Neben den bereits arrivierten Samantha Morton und Alexandra Maria Lara liefert Sam Riley in seiner ersten Hauptrolle eine wahrlich überragende Leistung ab und man versteht, wieso er wesentlich bekannteren Kollegen die Rolle wegschnappte. Wenn man bedenkt, dass Ian Curtis ja vor seiner Geburt starb, ist es wirklich fantastisch wie er es schafft, diesen schwierigen Charakter mit all seinen Problemen und Facetten auf die Leinwand zu bringen.

In den Extras erfährt man außerdem, dass zuerst geplant war, die Originalmusik für die Konzertszenen von den CDs einzuspielen. Die Schauspieler sollten Musik und Gesang dann praktisch simulieren. Doch die vier Jungs waren so motiviert, dass sie allesamt während des Drehs das Spielen der Instrumente bzw. das Singen erlernten und dieses Playback nicht nötig wurde, was dem Film enorme Authenzität verleiht.

Wer noch weitere Informationen zu dem Thema Joy Division/New Order haben möchte, sollte sich unbedingt die Doppel-DVD zulegen, die nur unwesentlich teurer ist, aber eine zusätzliche Disc mit interessanten Hintergrundinformationen und Interviews bietet.

Fazit: Wenn ich auch mit der Musik von Joy Division nur bedingt etwas anfangen kann, weil sie mir etwas zu düster ist und die daraus resultierende Nachfolgeband New Order meinen Geschmack deutlich mehr trifft, ist „Control" ein faszinierender Film über das kurze Leben eines jungen Mannes, der an seiner eigenen Fragilität zerbrach und nach seinem Tod zu einer Ikone aufstieg. Auch ohne vorhandenes Hintergrundwissen kann man sich den Streifen problemlos anschauen und man entwickelt eventuell auch noch im Jahre 2008 ein Interesse für die Musik und Geschichte der Band.

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