Von vielen geliebt, zum Kult erklärt und zum erstrebenswerten Lifestyle gemacht. Von anderen verdammt, als viel gehuldigtes Armutszeugnis einer hohlen, dekadenten Gesellschaft.
Ich war mir nie wirklich sicher was nun an „Sex and the City“ dran ist. Vielleicht eine frisch ungezwungene Satire auf eben jene so hohl wie dekadente Gesellschaft, die mit ihren stereotypen Figuren - der erstrebenswerten Karrierefrau - eine scharfzüngige Analyse eines neuen, nicht weniger sexistischen Frauenbildnis aufdeckt, und sowohl genüsslich feiert als es auch auf subtile Weise unterwandert. Oder ist es doch nur ein versucht unbeschwerter wie oberflächlicher Blick auf ein neues (weibliches) Ideal, das beruflich erfolgreich, ungebunden und selbstbewusst die Freuden des Lebens zu genießen weiß. Schwer zu sagen was es nun tatsächlich sein soll. Am ehesten wird wohl eine Kreuzung aus beiden Betrachtungen der Serie gerecht. Satirische oder besser gesagt leicht parodistische Aspekte sind schon zu finden, doch stellen sich diese Aspekte als etwas eher unfreiwilliges heraus. „Sex and the City“ ist sicherlich keine bewusste Satire, und doch deckt sie mit ihrem auf den Zeitgeist schielenden Blick eine leere, sich an oberflächlichen Reizen abarbeitende Gesellschaft auf.
Im Mittelpunkt der 4 Frauen steht das umtriebige Nachtleben New Yorks. Es geht um Beziehungen, sauteure Damenschuhe, den letzten One Night Stand, das sexuelle Durchhaltevermögen des Partners, die Wichtig- bzw. Unwichtigkeit der Penislänge, Homosexualität, Orgasmen, Männer- sowie Partnertheorien, Masturbation etc. etc.
Neben diesen durchaus amüsant eingefangenen Themen bzw. dessen darüber losbrechenden Dialogen, die die Freiheit und Ungebundenheit der 4 schrillen Damen hervorheben und unterstreichen, begnügt sich diese Serie allerdings nicht einfach damit, oberflächliche New Yorker Schickimicki-Frauen bei ihrem sehr stilisiert hedonistischen Lebensstil zu betrachten, sondern versucht ihnen Tiefe mittels charakterlichen Ausbau mitzugeben. Leider bremst genau jener, den locker amüsanten Fortgang der Serie, bleibt in langweilig-biederer Charakterisierung stecken und wühlt dafür ausgiebig in verstaubten Klischeekisten des RomCom-Genres. Vor allem Carrie Bradshaw (Sarah Jessica Parker), die auch die eigentliche Hauptfigur darstellt, ist ständig auf der Suche nach dem richtigen Mann. Ihr eigentlich erfolgreiches Leben, das sich in Form von viel Geld (die sündhaft teuren Schuhe müssen ja irgendwie bezahlt werden), einem engen Freundeskreis und eben einem, je nach Partner mal mehr oder mal weniger befriedigenden Sexuallebens bestens präsentiert, scheint dennoch unerfüllt. Hier wird die Serie, die zuvor noch wild, frivol und auf vorgegebene Gesellschaftsstrukturen gepfiffen hat, ganz bieder und präsentiert das ganz und gar konservative Bild, dass zu jeder erfüllten Frau ein (Ehe-)Mann gehöre. Dieser „perfekte“ Mann durchstreift dann auch gelegentlich das Geschehen und bleibt die meiste Zeit über der gejagte aber nie gänzlich gefasste Traummann von Carrie. Unnötig zu erwähnen, dass diese Vorstellung eines perfekten Mannes ebenso ein oberflächlicher wie schwerreicher Karrieremensch ist, der sehr tradierten Mustern entsprungen zu sein scheint.
Fairerweise sei gesagt, dass diese von Werbung und Zeitgeist errichteten Traumgerüste der Serie auch immer wieder eingerissen werden. So geraten unsere Damen oft auch an noch oberflächlichere, noch konsumsüchtigere und letzten Endes auch noch dümmere Menschen, die dieses hedonistische Weltbild bzw. dessen Vertreter dann auch gehörig ins Wanken geraten lassen.
„Sex and the City“ funktioniert immer dann am besten, wenn man den 4 Damen bei ihrem frivolen Treiben zusehen oder ihrem obszön belanglosen Geschwätz zuhören darf. Dabei kommen gelegentlich im Ansatz tatsächlich subversive Töne auf, die sowohl stocksteife, „Emma“ lesende Feministinnen als auch klemmige Chauvis wutschnaubend zurücklassen dürfte. Leider verrennt sich die Serie nicht nur einmal, wenn versucht wird die Charaktere mit (authentischen) Leben zu füllen. Ganz schlimm etwa sind Carries peinliche, Off-Kommentierten, geistige Ergüsse, die sie mit Regelmäßigkeit in ihren Laptop schreibt. Sympathisch sind diese Figuren einfach nicht, und das sollen sie wohl auch gar nicht sein, zumal darin der eigentliche Reiz der Serie innewohnt. Schnell wird bei diesen Versuchen dieser eigentlich erfrischend unkorrekten Serie rund um die herrlich dumm-dekadenten Figuren, ein einengendes, moralinsaures und vor allem überflüssiges Korsett verpasst, das darüber hinaus jede versucht emanzipatorische Idee verrät. Durch die Verabsäumung, der Serie eine deutliche Richtung zu geben, verliert sie sich auch zusehends in Belanglosigkeit. Der „goldene“ Mittelweg, also weder eine schmalzig-biedere Soap-Opera noch eine leichtlebig-frivole kleine Gesellschaftsparodie sein zu wollen, stellt sich als eine in zahnloser Langeweile endende Sackgasse heraus. Mag sein, dass nur so ein breiteres Publikum zu erreichen war, doch mit mehr Mut zur Subversion und Satire hätte daraus was werden können, dass dem peinlich herbeizitierten Kult ein wenig gerechter geworden wäre.
Um auf meine anfangs gestellte Vermutung, bissige Satire oder billiger Lifestyle, zurückzukommen: Manchmal ist die unfreiwillige Satire die treffendste, gut muss sie deswegen aber noch lange nicht sein. Anzumerken bleibt allerdings noch, dass man den (indirekten) Wert dieser Serie trotzdem nicht unterschätzen sollte. Ohne den riesigen Erfolg jener Serie, der massig Geld in das Fernsehunternehmen HBO geschwemmt hat, wäre das Zustandekommen von mutigen, wie Grenzen auslotenden Serien-Meisterwerken wie z.B. „Six Feet Under“, „The Wire“ oder „Deadwood“ ein fragliches gewesen.