Review

Wenn eine Neuerscheinungen noch Wochen später keinerlei Begleittext in Form eines Reviews, sei es auch nur eines Kurzkommentars abbekommen hat, liegt es zumeist daran, dass der Film quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit lief. Ein Spiel vor leeren Rängen, die Akteure nur unter sich und mit entsprechend wenig Hoffnung auf Brusttöne der Überzeugung.
Oder der Film wurde zwar gesehen - wenn auch nur von einer begrenzten Zuschauermenge - nur wollte Niemand aus der Käuferschar anschliessend noch gross weitere Worte über das doppelte Debakel der Zeit-und Geldverschwendung verlieren. Dieses Schicksal trifft Elfa Lees House of the Invisibles hart, aber durchaus angebracht; zum Einen gehört er zu einer Palette billigst heruntergekurbelter Schnellschussprodukte ohne Glanz und Ambition und zum Anderen gibt es selbst noch in dieser Kategorie weitaus interessantere und damit verbunden auch bessere Vertreter.

Allerdings befindet man sich wenigstens dabei in guter Gesellschaft. Aus dem zeitgenössischen Horror-Ausstoss kantonesischer Fertigung legten selbst die finanz- und talentkräftigeren The Matrimony, Forest of Death und Haunted School weder einen Blitzstart im Box Office Bereich noch einen aufsehenerregenden Nachhall bei der Auswertung auf dem Videomarkt hin; von weiteren Exponenten wie The Closet, Wife from Hell oder Don't open your Eyes / Dating a Vampire ganz zu Schweigen. Leider fällt dabei auch kein signifikanter Rechtfertigungsgrund ein, warum dieses Prozedere einmal anders ablaufen sollte. Das Chinese Horror Genre ist seit jeher eben nicht das Aushängeschild der Filmlandschaft gewesen und wird auch gerade dort bis auf einige kurzzeitige Ausnahmen bestenfalls dem B - cast überlassen, die aus der Not eine Tugend machen und sich als inoffizielle Franchisenehmer einzig dem Recyclen bewährter Themen in abgenutzter Logistik und auch optisch entsprechender Lokation ergehen. Mit den folgerichtigen Ergebnissen:

In einem kurz vor dem Abriss stehenden Häuserblock, in dem sogar noch vor wenigen Tagen ein Mord mit anschliessendem Selbstmord beklagt wurde, haben die meisten Bewohner längst das Weite gesucht. Nur noch wenige Mietparteien wagen sich in den heruntergekommenen Gebäudekomplex; vor allem die in dem nahegelegenden Restaurant von Gigi [ Leila Tong ] und ihrem Mann Bo [ Eddie Pang ] arbeitenden Koch, Kellner und Lieferjunge Fatty Chow [ Lam Suet ], Bug [ Wayne Lai ] und Hap [ Otto Wong ] greifen noch auf ihre alte Bleibe zurück. Doch als mehrere Geister auftauchen, bereuhen sie schleunigst ihr Ausharren.

Auch der geneigte Betrachter, der sich von dem Reflex des Neuen und dem Reiz des Aktuellen hat verleiten lassen, bereuht bald Einiges.
Wieder eine haunted house spooky tale. Etwas, dass man die letzten Jahre ja nicht bereits genug gesehen hat und nun noch einmal verdünnt und vereinfacht gereicht bekommt. Es gibt keine stetige wechselnde oder gar enttäuschende Vorahnung, keine unerwarteten Plottorsionen, nichts Kraftvolles oder Ungewöhnliches, sondern rein der blanke überschaubare Ablauf. Natürlich sind die Erwartungsflaggen hinsichtlich Innovation und Veredelung bereits im Voraus allerhöchstens auf Halbmast gesetzt und wurden keinerlei grosse Hoffnungen in das Projekt gesteckt - was wahrscheinlich auch die Finanzgeber und die Beteiligten miteinschliesst. Dass der Film im ursprünglichen Fluchkonzept tatsächlich für einen Kinostart im Jahre 2007 angesetzt wurde, merkt man nie. Im Gegenteil. Bereits nach den ersten haltlosen Endlosdiskussionen in stetig schummriger Muschepupu-Beleuchtung bekommt jegliche noch vorhandene Hoffnung einen dicken DTV-Stempel verpasst und sinkt mit seiner käsigen Lichtlehre, dem totenbleichen Bildmaterial, der allgemein gärigen Optik und dem gesamten Laien-Gehabe alsbald vollends ins Bodenlose.

Zwar wich man für den Dreh bereits ins kostengünstigere Malaysia aus und bediente sich einer äusserst preiswerten, derlei erschwingliche Ausschußware gewöhnten Besetzung, schien aber selbst dann nach Abzug aller Ausgaben nichts mehr für Drehbuch, Ausstattung und Strom über zu haben und verscharrt die Handlung bis zum Hals in die diesige Opakheit. Visuell stark an "Negerkampf im Tunnel bei Nacht" gemahnend, mit einem allseitigen Dämmerzustand und hübsch-hässlicher Mangeldekoration versehen wäre das Setting mit seinem aus erster Hand bezogenen architektonischen Kontakt mit dem Übel sogar geeignet für einen schäbigen Grusler; deren soziale Auslöser nicht von ungefähr der Depression und Rezession zugeschrieben werden und ein Flanieren im Reich des Dunklen und Marginalen geradezu zum Überleben benötigen. Aber es ist nur düster, kein Cine Poem im Schattenreich, nicht gedrückt oder von Melancholie durchzogen. Charaktere erlangen nie zum Leben oder gar der aufgeschlossenen Neugier oder Sympathie, sondern verbleiben gleichfalls als trübe Figuren bar psychologischer Kreditwürdigkeit in einem unklar-diffusen Umfeld. Zwar wird das Ganze statt zum Schocker zur Moralkeule aufgeblasen, aber ein tiefgehendes Verständnis grundlegender menschlicher Gefühle fehlt.

Nie existiert ein Netzwerk sozialer Beziehungen; selbst bei der bestehenden Ehe von Fatty Chow zu seiner Mrs. [ Emily Kwan ] oder in der Beziehung von Gigi und Bo sind von vornherein zu viele Lücken, die stellvertretend für die gesamte Gruppe das Bemühen um eine kollektive Harmonie längst aufgelöst haben. Die Gemeinschaft, nicht nur die des Hauses, sondern auch des Berufes, ja gar des gemeinsamen Arbeitsplatzes scheint nie etwas wertgewesen zu sein. Auch deswegen tritt keine Identifikation mit der Gruppe ein, denknotwendig unterliegen die Figuren auch nicht den Determinierungen ihrer Existenz oder einer Verkettung von Umständen, sondern es erfolgt eine Spaltung der Handlung. Eine Dreiteilung, die dem wörtlich übersetzten Originaltitel One House, One Ghost widerspricht, sich vor allem die Herren im losen Ensemble vornimmt und ihre sittliche Abgespanntheit als Angriffsziel Nummer Eins auswählt:



Durch die Aufteilung der Sündenböcke entsteht trotz dem gemeinsamen Schauplatz, demselben Thema der ehrvergessenen habituellen Schwäche und der jeweilig schlussrichtigen Kontinuität und vernunftgerechten Beständigkeit in der Narration keine in sich geschlossene Einheit mit verknüpftem Schicksal, sondern ein unregelmässiger Episodenakter, der sich ermattet auf dem genauso erholungsbedürftigen aristotelischen Konzept der Hamartia ausruht. Statt einer denkbaren Synthese aus desolaten Bildern, beklemmender Antizipation und ergreifender Katharsis spult sich ein bejammernswert freudloses Schauspiel ab, dass vielleicht mal im Grad der Hysterie ansteigen vermag, aber weder die depersonalisierten Protagonisten mit sich, den Anderen noch sie mit dem Zuschauer verschmelzen kann. Zwar findet immer mal eine kurzfristige shot-reverse-shot Interaktion zwischen den von ihren Süchten und Trieben Gejagten und auch ein ergiebiges Monologisieren statt, aber stellt sich vom Erkenntniswert nicht mehr als ein flüchtiges "Hallo" auf dem Flur dar. Selbst das Ende - immerhin, wenn auch wohl blindlings einen surrealistischen „image choc“ andeutend - ist huschhusch und löst ausser einer ernüchternden Dosis satten Reinfalls keinerlei Assoziationen aus. Einzig das Sounddesign vermag noch etwas aufzutrumpfen: Man verzichet auf die typischen territorialen Orientierungslaute wie Regen oder Gewitter, lässt auch die Lautstärke als expressives Stilmittel weg und konzentriert sich stattdessen auf ein unharmonisches, aber nicht zu abstraktes underscoring. Geräusche der Umwelt sind in diesem ethischen Gedächtnisspeicher verschluckt, displaziert oder werden subjektiv verfremdet wiedergegeben.

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