In französisch-italienischer Koproduktion entstand der Polit-Thriller „Tödliche Schlagzeilen“ alias „Knallt das Monstrum auf die Titelseite!“ des italienischen Regisseurs Marco Bellocchio („Teufel im Leib“) aus dem Jahre 1972.
Der Chefredakteur der Mailändischen Zeitung „Il Giornale“ gewährt rechten Politikern Unterstützung im Wahlkampf, in dem er einem Linken den Mord an einem Mädchen anhängt. Die Linke soll dadurch verunglimpft werden und die Rechte mehr Zulauf erhalten. Ein Reporter seines Blatts kommt jedoch dem wahren Mörder auf die Schliche, der sich nicht aus den Reihen der Linken rekrutiert…
Sich aktiv und manipulativ am politischen Geschehen beteiligende Massenmedien, die sich im Besitz der vermögenden Oberschicht befinden, sind charakteristisch für kapitalistische Systeme und helfen entscheidend dabei, den eigenen Besitzstand zu wahren und progressive Tendenzen und Bewegungen innerhalb der Gesellschaft zu unterbinden. Die Verlagshäuser decken häufig den gesamten Markt ab, angefangen bei sich an die Unterschicht und bildungsarme Teile der Bevölkerung richtenden Boulevard-Blättern bis hin zu sich den Anstrich von Seriosität gebenden Nachrichtenmagazinen. „Tödliche Schlagzeilen“ setzt sich thematisch mit den schlimmsten Vertretern auseinander, die, wie beispielsweise Axel Springers „Bild“, vorsätzlich, als Konzept, an niederste Instinkte appellieren und den Verlust von Menschenleben billigend in Kauf nehmen.
Gian Maria Volonté („Ermittlungen gegen einen über jeden Verdacht erhabenen Bürger“), sicherlich einer der talentiertesten italienischen Schauspieler, schlüpft für Bellocchios Film in die Rolle des Chefredakteurs Bizanti und verkörpert einen kühl berechnenden Charakter. Da seiner Rolle bei allem Kalkül der Wahnsinn anderer Rollen, denen Volonté auf großartige Weise Leben einhauchte, abgeht, wird er nicht in einem Maße wie in anderen Filmen gefordert. Dennoch spielt er seine hassenswerte Filmrolle, die zu seiner eigenen Persönlichkeit konträr sein dürfte, mit einer beängstigenden Selbstverständlichkeit, scheint eins zu werden mit korrupter Denkweise, reaktionärer Attitüde und ihren Konsequenzen. „Tödliche Schlagzeilen“ zeigt die Mechanismen hinter den Kulissen der Presse, die Zusammenhänge mit Politik und Justiz und die Vorgehensweise, sich das Privatleben anderer zu bemächtigen, um reißerische halbseidene, fadenscheinige Schlagzeilen zu produzieren, menschliche Schicksale dabei für eigene Zwecke zu instrumentalisieren und Menschen knallhart auszunutzen, sie als Marionetten fürs intrigante Puzzlespiel zu missbrauchen.
Im Zuge dessen kniet sich Bellocchio tief in diesen einen exemplarischen Fall hinein und lässt den Zuschauer an der Biographie des vermeintlichen Mörders und einer seiner ehemaligen Freundinnen teilhaben. Diese Teile des Films tendieren stark in Richtung eines Dramas, während man gegen Ende mühelos wieder den Schlenker zum Thriller schafft, wenn der wahre Mörder entdeckt wird. Die Szenen, in denen dieser seine Tat beschreibt und Bellocchio sich Rückblenden bedient, Bizanti aber seinen perfiden Plan, den Erfolg antidemokratischer Kräfte im Wahlkampf und die öffentliche nachhaltige Verleumdung seines Opfers über jeglichen Gerechtigkeitssinn stellt, den Täter unbehelligt lässt und damit die Verantwortung für weitere Morde trägt, sind nur schwer erträglich und werden in einer Intensität dargeboten, die sie zu den erinnerungswürdigsten Momenten des Films machen. Schauspielerisch stets auf hohem Niveau und unterlegt mit der stimmigen Musik Ennio Morricones und Nicola Piovanis gehört auch „Tödliche Schlagzeilen“ in die Riege empfehlenswerter italienischer Polit-/Justiz-Thriller, die zu Unrecht ein Nischendasein fristen.