Review

Alles begann im Jahr 1987 als eine damals noch eher skizzenhaft anmutende Zeichentrickfamilie in der Tracey Ullman Show das Licht der Welt erblickte. Ihr Markenzeichen: gelbe Haut und nur vier Finger an jeder Hand. Zwei Jahre später nahm sich das Fox Network der Idee rund um die Familie Simpsons an und entwickelte daraus eine eigenständige Serie. Über die Jahre gelang es den Figuren, eine breite Fangemeinde um sich zu scharen und aus dem „Lückenfüller“ von einst entwickelte sich der heutige Quotendauerrenner, dessen Zeichenstil von Jahr zu Jahr weiter das Skizzenhafte der Ursprungstage ablegte. Zudem lässt sich auch eine inhaltliche Veränderung- innerhalb der letzten Staffeln leider eher zum Negativen- nicht verhehlen. Aus subtilem Humor, intelligenten Anspielungen und einer mit Anarchoelementen garnierten Gesellschaftskritik wurde eine platte Gagshow, welche effekthascherisch nur den schnellen Lacher suchte. Wahrlich kein günstiger Zeitpunkt, um die Serie auf die große Leinwand zu bringen, aber als Fan bleibt man den Begleitern seiner Jugend nun mal durch dick und dünn treu- ist man doch über die Jahre schließlich auch ein stückweit „gelb“ geworden.

Weil für Homer Gratisdonuts eine größere Anziehungskraft als der Umweltschutz besitzen, entlädt er kurzerhand seinen Schweinemist im ohnehin schon gefährdeten Lake Springfield, nur um möglichst zügig an die lockenden Leckereien zu gelangen. So kommt es wie es muss: Der See kippt um und die EPA (die nationale Behörde zum Umweltschutz) hat nun endlich einen Grund das Drecknest Springfield unter einer überdimensionalen Käseglocke verschwinden zu lassen. Homers Pech, dass seine Mitbürger schnell rauskriegen, wer für diese Misere verantwortlich ist, sodass nur eine Flucht ins idyllische Alaska übrig bleibt. Währenddessen plant die EPA noch weitaus Radikaleres mit Springfield: die Auslöschung der gesamten Stadt. Und auf einmal steht nicht nur Homers & Marges Ehe auf dem Spiel, sondern auch das Leben ihrer Freunde und Nachbarn.

Die Bekanntgabe des anstehenden Kinofilms und die ersten Teaser/ Trailer konnten in mir zunächst nur Skepsis hervorrufen. Die abfallende Serienqualität war mit Sicherheit der Hauptgrund für dieses ungute Gefühl, denn wie sollte es ein adäquater Spielfilm auf die Leinwände der Welt schaffen, wenn den Machern nicht einmal bei 25- minütigen Episoden im TV Glück beschieden war?
Doch nun zu allererst: Entwarnung!„Simpsons- Der Film“ ist keinesfalls schlecht. Ganz und gar nicht. Er ist sogar im Gesamtbild der Simpsons- Historie wieder ein Schritt in die richtige Richtung- ein starker, großer Schritt, der auch im Hinblick auf die Zukunft der TV- Serie wieder Hoffnung schöpfen lässt. Die Truppe um „Simpsons“- Schöpfer Matt Groening beweist überzeugend, dass es noch Geschichten zu erzählen gibt, die es wert sind, erzählt zu werden.
Auch optisch gibt es nichts zu meckern. Der Film präsentiert sich im gewohnten Gewand, ohne dass er es sich hat nehmen lassen, in Details noch ein wenig lebendiger zu erscheinen.
Die Storyline ist ein typisches Simpsons- Produkt, herrlich sinnlos, hoffnungslos überdreht, aber im ureignen Simpsons- Kosmos vollkommen legitim und in sich schlüssig. Man könnte es als kleines Manko auslegen, dass das erste Drittel des Films ein wenig aus dem Kontext gerissen scheint- soll heißen, es wirkt wie eine (zwar durchaus gelungene) Gagshow, die das Vorankommen der eigentlichen Handlung ein wenig ausbremst. Doch man sollte diesbezüglich, besonders als Fan der Serie, Milde walten lassen und sich an den herrlichen Anarchogags erfreuen, die an die guten alten Zeiten erinnern.

Erfreulich zu sehen, dass es dem Film erfolgreich gelingt, nicht einfach ein Serienformat auf Spielfilmzeit aufzuplustern, sondern zudem mit einem ordentlichen Spannungsbogen sowie einer emotionalen Komponente aufzuwarten, welche einem die über die Jahre so lieb gewonnenen Figuren von einer Seite präsentiert wie selten zuvor. Zweifelsohne steht die Ehe der beiden Simpsons Eltern nicht zum ersten Mal auf dem Spiel, aber nie wurde es so gefühlvoll in die laufende Handlung integriert. Marge fühlt sich nach allem, was sie für ihren Mann getan hat, bitter im Stich gelassen, als dieser sich weigert, mit ihr gemeinsam die Heimatstadt Springfield vor der Vernichtung zu retten. Das Hochzeitsvideo, welches Marge zuvor noch auf der Flucht vor den wütenden Nachbarn als Symbol ihrer Liebe erhaschen konnte, liegt einsam und verlassen auf dem Bett ihres kanadischen Domizils. Nur Homer im Raum, welcher feststellen muss, dass seine Familie ihn verlassen hat und das- zudem mit einer unerfreulichen Botschaft- überspielte Hochzeitsband. Trauriger kann man eigentlich gar nicht den Laufpass bekommen. Und als wäre das noch nicht genug, entfernt sich auch Bart zusehends von seinem alten Herrn und sucht sich in Nachbar Flanders eine neue Vaterfigur. All das wurde wunderbar im Film verpackt und gibt Homer unzählige Vorlagen für Fettnäpfchen jedweder Art. Doch neben vordergründigem Slapstick scheint der Film auch wieder etwas bieten zu können, das man in den letzten Staffeln leider missen musste: eine wohltuende Balance aus Unterhaltungswert und (satirischer) Hintergründigkeit. Sehr genial in diesem Zusammenhang: Schwarzeneggers Gastauftritt als Präsident der Vereinigten Staaten mit dem wohl markigsten Oneliner des gesamten Streifens („I was elected to lead, not to read“). Dass es jedoch nicht immer doppelbödige Pointen oder satirische Elemente sein müssen, beweist u.a. der herrlich kultige Auftritt des „Spiderschweins“, welcher vor lauter Absurdität wahrhaftig Lachtränen in die Augen zu zaubern vermag.

„Simpsons- Der Film“ ist ein gelungener Kinoeinstand der gelben Chaosfamilie. Wunderbar schräg und herrlich durchgeknallt. Die Gags zünden und es stellt sich schnell das wohlig anmutende Simpsons- Feeling der älteren Serienstaffeln ein. Unter diesen Umständen kann man nur hoffen, dass Groening seinen laut geäußerten Gedanken, eine Simpsons- Kinoreihe zu etablieren, in die Tat umsetzt.

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