Zu den wirklich heiß ersehnten Beiträgen für das Filmjahr 2007 zählte „Die Simpsons – Der Film“ mit absoluter Sicherheit, bedenkt man, dass die Fans seit 18 Jahren auf eine Langfassung ihrer Lieblingsserie warten.
Drei lange Jahre hat man an dem knapp anderthalbstündigen Werk gearbeitet, um es so gut, so witzig und so anarchisch wie möglich zu machen, ein Höhepunkt im sehr langsam verblassenden TV-Ruhm.
Tatsächlich überschlagen sich nun auch alle verfügbaren Medien vor Begeisterungsstürmen, loben Humor und Einfallsvermögen wie einen fast vergessenen Schatz angesichts betrüblicher Sequelware, die die großen Kinos verstopft.
Nur: letztendlich sind die „Simpsons“ im Kino auch nur ein Film, der an gewissen Problemen mehr oder weniger leidet als andere, weder die große Offenbarung noch der böse Reinfall…
Will man erklären, woran das liegt, muß man sich als Zuschauer möglichst in eine von zwei Gruppen einordnen lassen, nämlich bereits vor dem Film Simpsons-Kundiger, wenn nicht gar Fan und auf der anderen Seite Simpsons-Novize. Die Wirkung auf die jeweiligen Zuschauergruppen dürfen nicht unwesentlich differieren.
Die Novizen dürften sich prächtig unterhalten fühlen, sofern sie den hintergründigen, anarchischen Witz zu schätzen wissen, denn wenn der Film mit etwas vollgestopft ist, dann eben mit Gags und das in einer schon unverschämt hohen Quote. Da geht es weniger weniger um die Trefferquote, als vielmehr um die Vielfalt, denn von Slapstick bis zur hintergründigen politischen Anspielung oder zum satirischen Verweis auf die reale Welt ist wirklich für jeden etwas dabei.
Man spürt das Bemühen um Verfeinerung durchaus und die Doppelbödigkeit der Macher.
Die hohe Gagdichte kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Ausweitung des TV-Formats von 22 Minuten auf die beinahe vierfache Länge nicht ohne Spuren erfolgt.
Tatsächlich bemüht man sich, eine Art Drei-Akter zu schaffen, zunächst die Etablierung der Figuren im Umfeld Springfield (dem Schauplatz), dann dem Problem/der Gefahr und ihrer Auswirkungen, um schließlich in einen Showdown und den entsprechenden Lösungsansatz zu münden.
Die Konstellation ist klassisch und ähnlich funktionieren auch die TV-Folgen, doch bei 85 Minuten wird der erzählerische Faden dann doch etwas brüchig, Kino verlangt mehr als TV bieten kann.
Gewisse Erzählstränge enden dann doch im Nichts und der Film steuert bewusst auf ein großes Blockbusterfinale zu, das doch etwas geplottet erscheint.
Aber das bedeutet noch keine echte Qualitätsminderung.
Vielmehr hat der Film für die wahren Simpsons-Fans mit anderen Problemen zu kämpfen.
Da wäre zunächst die (verständliche) Tatsache, dass man nicht allen Figuren der Serie in einem Film gerecht werden kann, doch der Zuschauer darf sich damit trösten, dass fast jeder interessante Charakter wenigstens einen Kurzauftritt hat oder mal herein schaut.
Dennoch führt die Filmlänge zwangsläufig zu einer Konzentration auf die Simpsons an sich und hier gerät alles ein wenig aus dem Gleichgewicht.
Die Autoren begehen nämlich den Fehler, sich allzu sehr auf Homer zu konzentrieren, der schon in den letzten TV-Staffeln immer mehr Platz beanspruchte, weil seine sprichwörtliche Dummheit den Schreibern mehr Platz ließ, Situationen eskalieren zu lassen. Das allerdings ging auf Kosten der Qualität, denn weder der Humor der ca. 10 ersten Staffeln, noch die erzählerische Meisterschaft konnten die letzten Jahre präsentieren.
Das geht auch im Film so, denn Homer, der über die Jahre als Figur immer dümmer geworden ist, wird hier praktisch als der ultimative, egoistische Vollidiot gezeichnet, dessen Läuterung zwar ganz unterhaltsam ist, der aber kaum noch Sympathiepunkte einfahren kann, nicht mal als er die Stadt rettet.
Dazu geht sein Übergewicht (sic!) zulasten von Marge, Bart und Lisa.
Marge ist zur Sprichwortgeberin geschrumpft, Lisa steuert maximal etwas Ökothematik bei, allenfalls Bart hat ein paar Szenen mit Flanders, die es wirklich wert sind, gesehen zu werden.
Am meisten zu kämpfen hat der Film bei Fans jedoch sicherlich mit seiner letztendlichen Einfallslosigkeit – denn wer die Serie aufmerksam verfolgt hat, wird sehr viele Jokes schon aus diversen Serienfolgen wieder erkennen.
Die Isolierung der Stadt durch eine äußere Gefahr, der wütende Mob vor Homers Heim, das Fehlen von Strom durch Burns’ Habgier, die Epiphanie Homers in Alaska (schon in der Chili-Folge besser breitgetreten) und selbst der Blick in Homers Kopf (ein Schellenaffe klappert vor sich hin) war in ähnlicher Form schon zweimal mindestens zu sehen. Von dem „Schwein“ als neues Haustier/liebstes Wesen mal ganz abgesehen, der in der Inkarnation eines Hummers bereits viel bizarrere Blüten trieb.
So gerät der Film zu einer Art erzählerischen Best-Of und das ist, angesichts vieler guter Gags, durchaus erträglich, macht den Film aber nicht zu dem Superlativ, den ihm die Medien anhängen möchten.
Zu den originellen Höhepunkten gehören sicherlich Barts nackte Skateboardfahrt und die Folgen, Moe’s Auftritt als ihm die Bar ausgeräumt wird, alle Schwarzenegger-Szenen und den Spezial-Kakao, den Flanders Bart zubereitet. Dazu viele kleine und kleinste In-Jokes, jeder ein Juwel, wenn man sich auch den Gastauftritt von Tom Hanks problemlos hätte sparen können.
Insgesamt ein munterer und extrem lustiger Film, der jedoch nie seinem Ruf gerecht werden kann und der sichtlich beweist, dass man Kinoversionen nicht erst nach 400 TV-Folgen und einsetzender Ideenarmut generieren sollte.
Eine Empfehlung spreche ich jederzeit aus – einem Meilenstein kann ich mich leider nicht anschließen. (7/10)