Als langjähriger und treuer Fan der kultigsten TV-Familie aller Zeiten, den Simpsons, ging für mich, wie für viele andere Fans auch, ein langersehnter Traum in Erfüllung, als die Realisierung des groß angekündigten Kinofilms endlich Gestalt annahm und vor geraumer Zeit sogar die ersten Trailer auftauchten. Sicher hatte ich dabei gewisse Zweifel, ob der Kinofilm meinen enormen Erwartungen gerecht werden könnte, schließlich macht sich bei der Serie in den letzten Staffeln vermehrt ein gewisser Qualitätsverlust bemerkbar. Als es dann endlich so weit war, und die Springfielder am 26. Juli die Kinosäle enterten, war ich mit Trailern, TV-Specials und anderweitigen Promo-Aktionen bereits so zugedröhnt, dass ich der Annahme war, bereits die Hälfte der Witze zu kennen und somit einen Kinobesuch für unnötig erachtete. Die unglaublich vielen Positiv-Kritiken zum Film sorgten dann aber dafür, dass mein Interesse doch wieder geweckt wurde und ich mich trotz gewissen Vorängsten mit drei Bekannten ins Kino begab, um meiner Lieblings-Serie eine Chance im Großformat zu geben. Und was soll ich sagen? Nicht nur, dass meine Befürchtungen grundlos waren, "Die Simpsons - Der Film" konnte zudem alle meine Erwartungen übertreffen.
Als die US-Rockband Green Day einen Auftritt auf dem Lake Springfield zum Besten gibt, nutzen die Bandmitglieder die Gelegenheit, die Bewohner der Stadt auf die massive Umweltverschmutzung in Springfield aufmerksam zu machen, was diese jedoch wenig interessiert. Nur die kleine Lisa Simpson nimmt sich die Worte der Musiker zu Herzen und setzt sich fortan massiv für den Umweltschutz ein. Nicht so allerdings ihr Vater Homer, der kürzlich ein Schwein adoptiert hat, welches er auf den klangvollen Namen "Spiderschwein" taufte und das in kürzester Zeit für reichlich Fäkalien sorgt. Obwohl es den Springfieldianern von der Umweltorganisation EPA strengstens verboten wurde, entsorgt Homer diese ausgerechnet im Lake Springfield und bringt das Fass somit endgültig zum Überlaufen - eine große Umweltkatastrophe steht bevor. Russ Cargill, Vorsitzender der EPA, lässt eine riesige Glaskuppel über Springfield legen, welche die Bewohner komplett von der Außenwelt abtrennt, gleichzeitig wird die Stadt von allen Landkarten gestrichen.
Natürlich sind die Einwohner der Stadt stinksauer auf Homer und scharen sich aus diesem Grund zu einem Mob zusammen, um ihn und seine Familie zu lynchen. In der letzten Sekunde gelingt den Simpsons allerdings unbemerkt die Flucht in die Außenwelt. Ohne eine Bleibe und ohne Geld in der Tasche flieht die Familie nach Alaska, wo sie in der verschneiten Wildnis ein neues Leben beginnen. Homer's Tat holt sie allerdings schnell wieder ein, denn als die Glaskuppel Schäden nimmt, beschließt US-Präsident Schwarzenegger, ganz Springfield zerstören zu lassen. Während sich Marge, Bart, Lisa und Maggie auf den Rückweg machen, um ihren Freunden zu helfen, denkt Homer nicht im Traum daran, nach Springfield zurückzukehren. Erst als ihm die Bedeutung von Freundschaft und Liebe bewusst wird, kommt er zur Besinnung, doch da ist es schon fast zu spät, denn die Uhr tickt und die Zerstörung Springfield's steht kurz bevor..
Die Simpsons blicken mittlerweile schon auf über stolze 20 Jahre Existenz zurück, durften bereits in 19 Staffeln ihr Unwesen treiben und haben so viele Fans wie sonst keine andere TV-Serie. Noch vor einigen Jahren gab Matt Groening, Erfinder der gelben Familie, in einem Interview bekannt, dass ein Kinofilm das gleichzeitige Ende der Serie bedeuten würde, doch dem scheint nun glücklicherweise nicht so zu sein. Eine Frage, die man sich aber berechtigt stellen darf und muss, ist die, ob es gut gehen kann, ein 20 minütiges TV-Konzept so auf die große Leinwand zu transportieren, dass dabei der Geist und der Witz der Vorlage nicht verloren geht und Fans der ersten Stunde genau so gut unterhalten werden wie die, die mit den Abenteuern der Simpsons ansonsten nicht so viel am Hut haben. Kein leichtes Unterfangen. Um den von allen Seiten enormen Erwartungen gerecht zu werden, setzte man von Seiten der Macher auf das Können von gut ein Dutzend der besten Simpsons-Drehbuchautoren. Glücklicherweise bestätigt sich die alte Regel, dass zu viele Köche den Brei verderben dabei nicht, der gelben Familie ist der Sprung auf die Kinoleinwand mit Bravour gelungen.
Was hier im Großformat aufeinandertrifft ist erklassiges Erzählkino und der typische Witz, für den man die kultige Serie so liebt. "Die Simpsons - Der Film" fühlt sich nicht wie eine in die Länge gezogene Serien-Episode an, es ist ein richtiger Kinofilm daraus geworden, mit allem, was eine greifbare Geschichte braucht. Romantik, Action und natürlich viel gelber Humor. Dieser ist im Film so zahlreich, dass man bereits beim Abspann mehr als die Hälfte der genialen Gags fast schon wieder vergessen hat. Man kommt beim Betrachten des Films aus dem Lachen nicht mehr heraus, da die Drehbuchautoren ständig noch einmal einen draufsetzen. Fans der alten Generation werden dabei auch auf ihre Kosten kommen, denn auf der großen Leinwand ist plötzlich absolut nichts mehr davon zu merken, dass die Serie ihren Zenit langsam aber sicher überschritten hat. Vorzüglicher Wortwitz, politische Seitenhiebe, Gesellschafts-Parodie, Slapstick-Comedy und Filmparodie, all das vereint der Simpsons-Kinofilm in 87 Minuten, und davon vergeht keine einzige ohne einen unerwarteten Lacher.
Die Handlung ist dabei nicht nur da, um die ganzen Gags unter einen Hut bringen zu können, sie ist wirklich vielmehr als dramatische Kinohandlung spürbar und bietet weitaus mehr Tiefe, als es in 20 Minuten jemals unterzubringen wäre. Dabei fokussieren sich die Ereignisse fast ausnahmslos auf das Treiben der fünfköpfigen Familie, bestehend aus Chaos-Vater Homer, Vorzeige-Mutter Marge, Satansbraten Bart, Streberin Lisa und Baby Maggie. Die vielen anderen Charaktere des Simpsons-Universums werden dabei etwas außen vor gelassen, vielen der bekanntesten Nebencharaktere werden zum Teil nicht einmal Dialoge zu teil, so sehr fixiert sich die Handlung auf die titelgebende Familie und deren Beziehungsgeflecht. So darf sich Lisa in einen gleichaltrigen Iren verlieben, Bart Ned Flanders als Ersatzvater entdecken und Homer seine einzig wahre Liebe Marge zurückgewinnen, die daran zweifelt, ob sie noch etwas für ihren Mann empfindet.
In der ersten Hälfte reiht der Film einen gelungenen Witz an den anderen, es gibt dabei keinerlei Ausfälle, genau so und nicht anders sollte eine Kino-Umsetzung der Simpsons aussehen. Der Streifen setzt dabei auf altbekannt-abstruse Situationen, etwa die, in der Bart nach einer Mutprobe nackt durch die Stadt skaten muss und die Macher sich alles nur Erdenkliche ausgedacht haben, um einen direkten Blick auf sein bestes Stück zu vermeiden, nur um dieses dann plötzlich doch zu zeigen. Genau das ist feinster Simpsons Humor. Das Unerwartete, das immer-noch-einen-draufsetzen hat Tradition in der Serie und wird somit auch hier nicht außer acht gelassen. Dennoch ist es schier zwecklos, die breite Dichte an Gags vorwegnehmen zu wollen. Es sind einfach so unglaublich viele perfekt getimte Witze im Film, dass jeder auf seine Kosten kommt. Dabei verzichtet "Simpsons - Der Film" auch auf den aus anderen Serien wie "South Park" und "Family Guy" bekannten Fäkalhumor, hier wird Witz mit Geschmack präsentiert.
In der zweiten Hälfte wird der Film fast schon zu einer Geschichte epischen Ausmaßes, als die Familie aufgrund eines folgenschweren Fehlers von Homer verstoßen wird und nur mit knapper Not aus Springfield entkommen kann, das unter eine Kuppel gelegt wird. Während die Simpsons in Alaska ein neues Leben beginnen, vegetieren die Einwohner Springfield's unter der Glaskuppel, von der Außenwelt abgeschlossen, vor sich hin, bis die Regierung den Entschluss fasst, die Stadt komplett zu zerstören (Grandios übrigens Arnold Schwarzenegger als einfältiger US-Präsident, der sich von anderen manipulieren lässt und mit seiner Vernichtungspolitik deutliche Anleihen zu George W. Bush erkennen lässt). Hier wird das Geschehen dann äußerst vielschichtig und verbindet einige Handlungen in einer. Bart konfrontiert Homer damit, dass er sich einen Vater wie Ned Flanders wünscht, während Marge an ihrer Liebe zu ihrem Mann zweifelt und ihm, in einer bewegenden Szene, eine letzte Chance gibt. Wenn Homer wie ein Häufchen Elend vor dem Fernseher sitzt und sich die Abschiedsbotschaft seiner Frau ansieht, dann zeugt dies von dem beeindruckenden Können der Macher, neben grandiosem Humor auch ein Gefühl für echte Dramatik zu haben. Auch die Animationen wissen zu gefallen, sind diese doch wesentlich aufwändiger als in der Serie ausgefallen. Die Figuren wirken lebendiger, plastischer, die Hintergründe wurden sogar alle am Computer animiert.
Ich persönlich könnte mir den Film beinahe nicht besser vorstellen. Ein jeder bekommt hier sein Fett weg, seien es nun andere Filme ("Titanic" oder "Spider-Man", um zwei Beispiele zu nennen), Disney (als Homer und Marge Sex haben wollen tauchen plötzlich Bambi und seine Freunde in einer ebenso abstrusen, wie urkomischen Szene auf, um den beiden dabei zu helfen, sich zu entkleiden) oder natürlich Fox, bzw. Pro Sieben (Einblendug während des Films: "Wir nutzen jede Werbefläche, die wir bekommen können."). Die Simpsons sind eben immer noch ein anarchisches Stück Popkultur, das alles und jeden auf die Schippe nimmt, sich selbst nicht ausgeschlossen, und dabei ebenso als dramatisches Erzählkino funktioniert. Das Leinwanddebut der beliebtesten TV-Familie entschädigt somit auch für jede schlechte Serien-Folge, die man in der letzten Zeit ertragen musste. So und nicht anders müssen "Die Simpsons" sein. Auch die deutsche Synchronisation ist dabei absolut überzeugend geworden, selbst an Anke Engelke als Marge hat man sich in der Zwischenzeit gewöhnt.
Alle Daumen hoch für "Simpsons - Der Film". Jeder Zweifel, den ich im Voraus hatte, wurde durch den Film beseitigt, an der Leinwandadaption wurde alles berücksichtigt, was man sich von der gelben Familie wünscht. Erstklassiger Humor, unzählige Pointen, eine gelungene Charakterisierung und auch Dramatik ergeben einen gelben Kinospaß, der nach 87 Minuten viel zu schnell vorbei ist und jeden Fan zufrieden zurücklassen dürfte. Für "Die Simpsons - Der Film" haben die besten und bekanntesten Autoren der Serie alles gegeben um den Erwartungen der Fans ebenso gerecht zu werden wie den eigenen Ansprüchen. Das Resultat ist ein Film, den man als Fan der Serie unbedingt gesehen haben muss, denn letztendlich wird man nur als solcher alle Insider und Anspielungen verstehen. Doch auch als Neuling im riesigen, gelben Universum wird man vollends auf seine Kosten kommen. Nach diesem grandiosen Ausflug der gelben Kultfamilie auf die große Leinwand kann man jedenfalls nur auf einen zweiten Kinofilm hoffen, da der Film, wie bereits erwähnt, all die schlechten Serien-Folgen der letzten Zeit wieder vergessen macht.
Von mir bekommt der Film exzellente 9,5 von 10 Punkten (was sich nach einem zweiten Sichten entweder im Kino oder später auf DVD onehin noch auf 10 aufrunden wird..)