Nicht zuletzt die mehrheitlich wenig euphorischen Reaktionen auf ihre über weite Strecken enttäuschende Manga-Adaption „Dragon Tiger Gate“ zwangen Wilson Yip („2002“, „The White Dragon“) und Donnie Yen („Tiger Cage“, „Seven Swords“) zu einer wohl überlegten Neuorientierung, die sie zurück in die Erfolgsspur wies.
Was lag da näher als auf Nummer Sicher zu gehen und ihrem umjubelten Boxoffice-Hit „S.P.L.: Sha po lang“ um ein weiteres Kapitel zu erweitern, das nach dem back to the roots – Prinzip die wuchtige Dynamik und brodelnde Energie ihrer ersten Kollaboration ausstrahlte, sich darüber hinaus aber auch ausführlicher mit Ma Jun, der eindrucksvollsten Figur des Originals, auseinandersetzte. Ein impulsiver Wüterich mit Polizeimarke und einer chronischen Portion Wut im Bauch, der Donnie Yen wie auf den Leib geschrieben schien und ihm seine seit vielen Jahren beste Schauspielleistung abrang.
Um den unmöglich zu überwindenden Schwierigkeiten eines Sequels aus dem Wege zu gehen, dreht „Flash Point“ die Uhr bis ins Jahr 1997 zurück und ignoriert mit diesem einfachen Kunstgriff alle später stattfindenden Ereignisse aus „S.P.L.: Sha po lang“. Ma Jun, der seine eruptiven Ausbrüche nicht kontrollieren kann und will, zeigt sich schon hier in seinem Übereifer als überaus reizbar und gewaltbereit.
Sehr zum Missfallen seiner Vorgesetzten tritt er jeder Art von Verbrechern mit entschiedener, wenn auch völlig überzogener Härte entgegen. Als er sich während einer Anhörung bezüglich seiner unpopulären Arbeitsauffassung selbstgefällig und uneinsichtig zeigt, wird er zur Polizeikapelle straftversetzt, aber schnell wieder begnadigt, als drei vietnamesische Gangster eine Blutspur durch Macao ziehen und Ma Juns Fähigkeiten dringend erforderlich sind, um den aus dem Ruder laufenden Fall wieder in ruhige Gewässer zu manövrieren. Sein Partner Wilson (Louis Koo, „Rob-B-Hood“, „Triangle“) infiltriert das misstrauische Trio inzwischen undercover, setzt sich aber ständig der Gefahr aus aufzufliegen.
Die Ausgangslage lässt unschwer Rückschlüsse auf einen klassisch strukturierten Actionthriller „Made in Hongkong“ zu und in der Tat hat „Flash Point“ nichts Neues anzubieten. Wilson Yip verlässt sich zunächst vornehmlich nachts auf urbane Kulissen, verlegt für das spektakuläre Finale in der zweiten Hälfte dann aber in ländliche Gefilde, um nicht Gefahr zu laufen die Ausrichtung von „Sha Po Lang“ bis ins letzte Detail 1:1 zu reproduzieren, zumal auch der durchgestylte Look übernommen wurde. Ohne ausgefallene Verschnörkelungen lässt sich das Storykonstrukt wohl als streng pragmatisch beschreiben. „Flash Point“ spielt mit offenen Karten und kommt immer relativ schnell zur Sache.
Die Schwächen des Erstlings werden dennoch übernommen. Musste das Original schon Defizite hinsichtlich seines knappen und darüber hinaus wenig erfindungsreichen Drehbuchs einräumen, so fallen sie im Prequel, auch aufgrund der Abwesenheit solch charismatischer Hochkaräter wie Sammo Hung, noch eklatanter auf. Der stimmungsvolle und in den Actionszenen richtig getimte Score von Kwong Wing Chan („Infernal Affairs“, „S.P.L.: Sha po lang“) schmiegt sich hingegen an die jeweiligen Situationen umso besser an. Fortschritte sind also durchaus vorhanden.
Gerade hinsichtlich der direkten Konkurrenz durch Benny Chans packenden „Invisible Target“, der über gut zwei Stunden eine spannende Geschichte forcierte und parallel dazu stets genügend charismatische Typen auf beiden Seiten des Gesetzes gewährleistete, muss „Flash Point“deutlich zurückstecken, obwohl er die Mindestlaufzeit von 90 Minuten sogar knapp verfehlt. Nach nicht einmal einer Stunde strapaziert er die Geduld seines Publikums dann nicht länger, um die restliche Laufzeit mit atemberaubenden Actionszenen zu verplanen, die es allerdings in sich haben und den Kauf selbstständig rechtfertigen, nicht zuletzt deswegen aber auch leider den Eindruck einer Kapitulation vor einer enttäuschenden Geschichte erwecken.
Alles was vorweg passiert, ist allenfalls akzeptabel, aber nie mitreißend. Business as usual. Die immer wiederkehrenden Konstellationen, die man nur variiert werden, um sie in möglichst schnell wieder einsetzen zu können. Die Mechanismen greifen schon von selbst. Louis Koos Rolle als einsamer Undercover-Cop Wilson, der aufzufliegen droht und Ma Jung Schuldkomplexe einimpft, könnte kaum formelhafter gestrickt sein und hat außer seinem gefährlichen Dasein als verkrüppelter Kronzeuge wenig beizutragen. Das vietnamesische, leider ziemlich blasse, Gangster-Trio scheint trotz bekannter Gesichter genauso vom Reißbrett wie alle weiteren Nebencharaktere und auch mit der intensivierten Charakterisierung von Ma Jun ist es leider nicht allzu weit her. Insgesamt scheint „Flash Point“ seinen oberflächlichen Figurenzeichnungen wenig Interesse entgegenzubringen.
Yip ist leider auch kein Regisseur, dessen Fähigkeiten schwächelnde Vorlagen wieder wettmachen können. Er gibt Yen die formale Marschichtung grob vor und übergibt ihm in den entscheidenden Szenen, natürlich allesamt bis zum Anschlag mit Action vollgestopft, das Regie-Zepter. An Emotionen, Charakterisierungen und einem effektiven Spannungsbogen scheitert „Flash Point“ allerdings noch aus anderen Gründen. Sammo Hung, Jacky Wu und Simon Yam waren schauspielerisch ganz andere Kaliber, die ihren Rollen eindringlicher spielten und ihre Taten wesentlich nachvollziehbarer rechtfertigten.
Yen gibt sich zwar wieder redlich Mühe und seine limitierten Fähigkeiten fallen in dieser Rolle weniger auf, Louis Koo indes bleibt jedoch blass und auch Collin Chou („Bodyguard von Peking“, „Die Schrift des Todes“) hat man schon wesentlich besser gesehen.
Augenscheinlich bemühen sich die Macher anfangs dem bewährten Schema mehr Substanz einzutrimmen, machen dann doch einen Rückzieher und konzentrieren sich auf das vermeintlich Wesentliche, entfachen damit aber auch keinen ungehemmten Actionthriller. Letztlich gehen die sehr oberflächlichen Charakterisierungen nur so weit wie unbedingt nötig, sind lediglich ein vorgeschobener Vorwand und dienen nur dem Zweck sich bis in die nächste Actionszenen hinüberzuretten. Zu genretypisch wirkt dazwischen der oft gesehene, zu persönlichen Eitelkeiten ausartende Zank zwischen rivalisierenden Unterweltgrößen und befreundeten Cops, als dass die x-te Wiederaufbereitung bekannter Motive, wie Freundschaft und Loyalität, Begeisterungsstürme verursachen will.
Daneben vertragen sich vereinzelte Anflüge von Humor überhaupt nicht mit der harten Gangart des Geschehens und hat der Film nach seinem temporeichen Einstieg ernsthafte Probleme die Zeit bis zum finalen Showdown mit einer Story zu überbrücken, die sich alle Mühe gibt jede Vorhersage wahr werden zu lassen. Der Spannungspegel sinkt infolge dessen massiv, da trotz diverser Tragödien Überraschungen schlichtweg nicht existieren.
Einmal mehr reißen es die meist wirklich exzellenten Actionszenen wieder raus, wobei an der nächtlichen Verfolgungsjagd niemand so recht interessiert gewesen zu sein scheint. Sobald Yen aber in die Trickkiste greift und seine perfekt durchchoreographierten Martial Arts – Künste die Szenerie bestimmen, löst „Flash Point“ zeitweise die Versprechen der verheißungsvollen Trailer ein. Angesichts der referenzverdächtigen Fights sollte Yen dringend darüber nachdenken sich als Hauptdarsteller & Action-Choreograph zukünftig doch mit besseren Drehbüchern zu befassen, die nicht nur seine bekannten Qualitäten abrufen, sondern auch spannende Geschichten zu erzählen haben. Denn der fast halbstündige Showdown, vornehmlich von Yen selbst verantwortet, erweist sich schon fast zu schade für den Rest des Films, der so verschwenderisch mit seinen Möglichkeiten umgeht. Wenn der begnadete Martial Artist beginnt alle Register seiner breiten Palette diverser Martial Arts zu mixen, ist das so etwas wie ein Ausrufezeichen in Richtung Thailand, wo talentierter Nachwuchs sich nach wie vor anstrengt den etablierten Filmschmieden Hongkongs in punkto Action den Rang abzulaufen und dabei gar nicht mal so schlecht aussieht. Kamera, Schnitt und Choreographie sind in „Flash Point“ allerdings vom Feinsten.
Fazit:
Inhaltlich enttäuschend einfallslos und ohne rechten Drive, muss sich „Flash Point“ im genreinternen Ranking „Invisible Target“ geschlagen geben und kann als Prequel auch „S.P.L.: Sha po lang“ nicht das Wasser reichen. Keine Frage, die Actionszenen sind vom Feinsten und neben Benny Chans Kinohit momentan das Beste, was Hongkong zu bieten hat.
Das Drehbuch wurde allerdings mit der heißen Nadel geschrieben und die Darsteller bleiben, obwohl sich durchaus bekannte Namen im Cast wiederfinden, weitestgehend blass. Eine vor Innovationen übersprudelnde Genrerevolution hat angesichts der kurzen Laufzeit auch niemand erwartet, mehr Schmackes dagegen schon.
Erlesene Locations und sehenswerte Martial Arts – Fights können letztlich nicht wieder wett machen, was die Drehbuchautoren versaubeutelt haben. Aufgrund seines grandiosen Finales immer noch ein sehenswerter Film, die einfallslose, nicht sonderlich spannende und leider auch kaum mit interessanten Figuren gespickte Geschichte enttäuscht allerdings auf ganzer Linie. Der massive Durchhänger nach einem flotten Start und deplatzierter Humor kosten „Flash Point“ letztlich eine bessere Bewertung. Aber der finale Showdown rockt wirklich!