Mark Lewis, ein junger Londoner Fotograf und Kamerassistent, wurde in seiner frühesten Kindheit von seinem Vater derart bestraft und gedemütigt, daß er als Erwachsener ein gestörtes Verhältnis zu Frauen und zur Angstempfindung hat. Nach dem Tod seines Vaters entwickelte sich Mark zu einem perversen Mörder, der hübsche Frauen mit dem Stativ seiner Kamera ersticht, um im selben Augenblick die furchterregten Gesichter seiner Opfer zu fotografieren. Als die junge Anna mit ihrer blinden, alkoholkranken Mutter in Marks Haus zieht, entwickelt der ansonsten nach außen hin sehr sympathische Mark eine heimliche Beziehung zu ihr. Anna, die schon bald hinter Marks Geheimnis kommt, ist dann schließlich auch diejenige, vor deren Augen er sich durch Selbstmord erlöst.
Dieser Film, der über Jahre hinaus unterschätzt und von der etablierten Kritik verschmäht wurde, stellt einen Schlüsselfilm des Genres dar (wahrscheinlich sogar den Schlüsselfilm schlechthin, denn er handelt letztendlich von der Faszination des Sehens und der Macht des Blickes durch die Kamera– und das ist es schließlich, was Filme zum Funktionieren bringt, oder?). Trotz eindrucksvoller schauspielerischer Leistungen, allen voran Karlheinz Böhm, dessen Weltkarriere nach den Verrissen jäh beendet wurde (das gleiche Schicksal ereilte übrigens auch Michael Powell), konnte mit einer derartigen, das Tabuthema Sexualität auflockernden Geschichte in den 60er Jahren kein Geschäft gemacht werden. Aus heutiger Sicht betrachtet, nimmt „Augen der Angst“ sämtliche Versatzstücke eines modernen Slasherfilms vorweg und auch gern gebrauchte psychologische Alibis (vgl. „Maniac“) werden hier schon tafelfertig serviert. Zudem besitzt Michael Powell ein sicheres Gespür für Handlungsabläufe und dosierte Schocks. Für die damalige Zeit ein sehr aufwühlender und kontroverser Film. Schade, daß man seine Qualitäten erst so spät entdeckt hat. Einigen Quellen zufolge soll es eine ursprüngliche 109-Minuten-Fassung gegeben haben, die allerdings weltweit nicht mehr erhältlich sein soll. Inwieweit dies der Wahrheit entspricht, ist nicht mehr nachzuvollziehen. Mit Karlheinz Böhm, Moira Shearer, Anna Massey, Maxine Audley, Esmond Knight u.a.
© Selbstverlag Frank Trebbin