Manche Serien entwickeln sich die Treppe rauf und andere runter. Der eigentliche Kick zu Beginn der Die Hard Serie war neben Bruce Willis als Darsteller die Location als Darstellerin. 1 Held, 1 Kriegsschauplatz, 1 klare Ansage. Das wird im zweiten Teil, vom Hochhaus zum Flughafen verfließend, schon etwas gelockert, bleibt aber immer noch stimmig; mit obendrein einem Geniestreich von Showdown, in dem sämtliche Handlungsstränge in einer einzigen Sequenz aufgelöst werden: wenn McLane die Benzinlunte am startenden Ganovenflugzeug legt und dies zur Rettung aller Probleme inklusive seiner Frau führt. Der dritte Teil erweitert das Schlachtfeld dann schon auf ganz New York - nicht ohne grandiose Szenen allerdings - und im bis dato letzten und 4. Teil dann auf die ganze USA. Der nächste Teil schließt dann wahrscheinlich die ganze Welt mit ein. Für James Bond z.B. macht sowas einen gewissen Sinn, für John McLane wirkt es nur kontraproduktiv.
Obwohl das Film-Story-Development eine recht unexakte Wissenschaft darstellt, existiert bei Filmautoren der Begriff der Erzählvereinbarung. Besonders ge,- und mißbraucht wird dieser bei Redaktionsbesprechungen von Fernsehserien, gilt aber auch im Kino und letztlich bei jeder Form der Kommunikation, wenn die denn klappen soll. Hinter dem garstigen Wort steckt tatsächlich mehr als nur Mundgeruch, denn das Setting einer Figur über mehrere Filmteile hinweg verlangt ein verzahntes Figuren, - und Locationprofil, das logischerweise in der erste Folge angezettelt und in der zweiten dann in Zelluloid gemeißelt wird. Anders als in "24" oder James Bond, wo der Held für eine überregionale Organisation tätig ist, wird McLane als Cop introduced, der offenbar grundsätzlich privat in ansehnliche Schlägereien verwickelt wird. Dieses Konzept verschreibt sich demnach auf für den Helden in gewissermaßen in Eigenregie lösbarerer Aufgaben. Um nicht in eine Parodie auf sich selber zu verfallen, wie es in Die Hard 4 leider maßlos geschieht, sollte diese Prämisse jeder Folge eigen sein. Alles was John McLane nicht mit eigener brutaler und intelligenter Kraft lösen kann, widerspricht eben jener Erzählvereinbarung. Insofern ist konsequent, daß im 4. Teil auch nicht mit dem Helden begonnen wird, sondern mit einer an Spectre etc, erinnernden Organisation, die gerade dabei ist, die USA lahmzulegen. Die veritable Hirnlosigkeit des Unterfangens beginnt damit, wie ein paar Hacker, die als Steigbügelhalter der Bösen herhalten müssen, in einer Weise terminiert werden, die eigentlich großen Staatsfeinden vorbehalten wäre; anstatt einfach an der Tür zu klingeln und die halbbekifften Freaks zu erschießen oder ersäufen, rückt ein bleispuckendes Terrorkommando mit schwerstem Gerät an. Einfach lächerlich! Und so geht es debil und debiler fort: Wenn mit vollautomatischen Waffen aus kurzer Distanz minutenlang auf ein Fahrzeug gefeuert wird, dürfte nur noch ein Häuflein qualmender Schrott übrigbleiben, zumindest aber sollten sämtliche Scheiben zersprungen sein. Len Wiseman's offensichtliche Absenz an paramilitärischen Übungen, gar nicht zu reden von Teilnahmen an Einsätzen der Exekutionskommandos seiner Nation in Afghanistan etc. zeugen davon, wie auch die von ihm stark unterschätzte Folgen eines Kampfflugzeuges mit eingesetzten Luft-Boden-Raketen.
Als zufriedener Konsument halte ich mich seit Jahren an die Ofdb-Reviewer wenn es gilt, Action, Fun und Horror auszuloten. Das hat mich vor manch Mißgriff ins DVD-Regal geschützt und zu vielen Märschen ins Lichtspielhaus veranlaßt. Wie, um ein gutes Beispiel zu nennen, das allgemeine Gejammer über die Härte im letzten Rambo in diesem Forum hingegen erfrischende Zustimmung fand. Dieses Vertrauen aber wurde mit der insgesamt guten lokalen Kritik an vorliegendem Machwerk erschüttert. So sehr, daß ich nun selber eingreifen muß. Um das klarzustellen: John McLane ist kein Weltenretter, wie dieser Film glauben machen will! Darunter leidet auch schon der 3. Teil, in dem - der manchmal auch geniale - J. McTiernan sich nicht an oben genannte Vereinbarung hält, oder sie ignoriert. John McLane ist nämlich kein Welten,- sondern Frauenretter. Und er rettet nicht wie weiland Bud White in L.A. Confidential alle Ladies, sondern nur die eigene: Holly Gennaro! Die Hard könnte darum auch heißen Love Hard. Der, man wagt es kaum zu hinzutippen, zerbrechliche Aspekt der Stirb Langsam Idee fußt auf einem primär romantischen Gedanken: Nämlich für seine Süße alles zu tun. Deswegen ist John McLane in Teil 1&2 ein Superhero, weil er sich für die Liebe ins Zeug wirft. Dieser Aspekt wird in Teil 3 nur noch gestreift und in Teil 4 fallen gelassen. Das macht letzteren darum absolut beliebig und völlig austauschbar.
Und jetzt werde ich richtig sauer, denn was ich dem Streifen am wenigsten verzeihe ist das Fehlen jeglichen Humors. Das Grundthema der Komödie ist die Liebe und das Thema des Actioners die Gewalt. Was eine Actioncomedy ausmacht liegt darum auf der Hand. Das angeschwulte Verhältnis zwischen McLane und dem jungen Helferlein spricht davon Bände: Nachdem der Häckerli nämlich verbal das Auto in Gang setzt, das man früher einfach kurzgeschlossen hätte, wird er dafür prompt von Daddy John gelobt wie einst Honeybunny von Pumpkin! Da schließt sich dann der Kreis der Zuneigung kurz: Offenbar ist J. McLane am anderen Ufer angelangt! Aber es ist trotzdem nicht komisch! Dafür gibt’s die letzte Autorenweisheit an Wiseman gratis: Buddy-Comedies funktionieren nur zwischen gleichgeschlechtlichen Heteros! Traurig aber wahr.
Urteil: Alles in Allem würde ich sagen, ne glatte 4.0!