Review

ACHTUNG, SPOILER!

Ich wollte das Ganze eigentlich objektiver angehen, aber ich bin zu sehr "Die Hard"-Fan (in beiderlei Sinne) und deshlab folgt hier meine vollkommen subjektive Einschätzung des McClanes des neuen Jahrtausends, komplett mit Kommentaren und Randbemerkungen.

Ich habe seit langem nicht mehr so oft in einem Film mit den Augen gerollt wie in Live Free Or Die Hard. Wo fang ich denn an? Ich habe einen Actionfilm gesehen. Keinen "Die Hard"-Film. Aber das war von vornhereien klar. Nur war es kein superber Actionfilm, sondern Hollywood-Standard. Durchschnitt. John McClane war ein anderer als früher. Okay, okay, er ist älter geworden, klar. Aber er wirkt auch in den Actionszenen nicht mehr so...keine Ahung, so bei der Sache wie früher. Er ist einfach präsent und durchlebt jede Situation, ohne die Möglichkeit seines Misserfolges wirklich in Betracht zu ziehen. Ich erinnere an Teil 1 ("Ich geh nie wieder in ein Haus, das mehr als vier Stockwerke hat...oh Gott, bitte lass mich jetzt nicht verrecken!"). Solche verzweifelten Situationen werden von McClane meist hingenommen.
Justin Long als Matt Farrell ist eigentlich ganz cool. Er nervt nicht so sehr wie befürchtet. Dass Mary Elizabeth Winstead als Lucy McClane nur so wenig Screentime hat, tut dem Film sehr gut, denn sie kann nur gucken wie ein Reh im Scheinwerferlicht. Hat sie ja schon in Final Destination 3 bewießen. Timothy Olyphant, den ich sehr gern in der Rolle des Bösen sehe, hat mich auch nicht enttäuscht, auch wenn er im Vergleich zu früheren Opponenten John McClanes sehr blass aussieht.

Anfangs dachte ich noch, dass die Inszenierung recht flott ist, aber trotzdem auch die Handlung zwischen den Actionszenen nicht vergessen wird, aber zum Ende hin wird dies revidiert. Die total überzogene, von CGI durchforstete Szene mit dem Truck und der F-35 - eine Szene auf die ich mich nach Sichtung des Trailers sehr gefreut habe - scheitert hemmungslos und hier zeigt sich wunderbar, dass Len Wiseman es einfach nicht versteht, Action packend zu inszenieren. Die ganze Sequenz ist so gleichgültig und langweilig, wie ich es lange nicht gesehen habe. Auch die anderen Actionszenen stechen selten hervor. Coole Stunts werden viel zu früh angekündigt (der Kerl auf dem Zaun, der auf der Motorhaube festhängt) und so wird wird jeglicher Überraschungsmoment herausgenommen. Spannend wird es dementsprechend auch nicht.

Obwohl aber in einer Szene mal kurz so etwas wie Spannung durchscheint. Die komplette Sequenz im Kraftwerk, wo Maggie Q ordentlich auf die Fresse bekommt, ist Sahne. Ich fühlte mich spontan an vergangene Tekken-Sessions auf PS2 zurückerinnert, wenn man gegen einen Gegner kämpft, der einfach nicht draufgehen will? Irgendwann hat man so eine Wut im Bauch, dass man dem blöden Penner nur noch sein verfluchtes Herz rausreißen möchte und es ihm noch vor's Gesicht halten möchte, bevor er draufgeht! Dieses Gefühl vermittelt die Sequenz recht gut, denn Kampfschlampe Maggie Q ist ein harter Brocken. Als sie Willis dann auch mehrere Stockwerke nach unten befördert, wurde es für mich kurz wirklich mal spannend, denn jetzt war Justin Long ausgeliefert und ich machte mir ernsthaft Sorgen, wie er denn nun aus dieser Misere rauskommen soll. Sobald aber auf McClane geschnitten wurde, der im Auto nach oben bretterte, war es Essig mit Spannung. Und auch, nachdem er die Killertusse auf die Hörner genommen hat, dachte ich "Jetzt spontan bremsen und sie Schlampe überfahren!!!!" Aber nein, es wird eine völlig McClane-untypische Handlung ausgeführt. Er fährt einfach, bis die Karre im Fahrstuhlschacht hängt...sowas Blödes hätte der echte McClane nie gemacht.Und da wars auch vorbei mit spannendem Highlight. Was aber wieder verdammt Laune machte, waren McClanes ständige Funksprüche an Timothy Olyphants Figur, in denen er ihn z.B. darauf aufmerksam machte, dass "das letzte Mal, als er Mai gesehen hatte, sie in einem Fahrstuhlschacht lag und von einem Wagen zerquetscht worden war". Da freute sich das Barbarenherz und man dachte sich "FUCK YEAH!!!"

Wo war ich? Genau. Ich wollte noch erwähnen, dass fast sämtliche Punchlines im Film entweder alt, doof oder einfach nur unpassend waren. ich fand McClanes ständiges Sprücheklopfen sowieso vollkommen überflüssig. Da floss nichts von dem Zynismus der Vorgängerfilme mit rein. Dem Zombiepublikum schien es aber trotzdem zu gefallen, denn es wurde bei wirklich jedem dummen Spruch laut gelacht. Ich selbst habe im Film grobgeschätzt drei Mal geschmunzelt, nämlich dann, wenn mal ein wirklich unerwarteter, origineller Spruch kam. Ich hab mir aber leider nicht gemerkt, wann genau das war.

Was ich noch sagen wollte, war, dass von der technischen Seite nichts wirklich herausgestochen hat. Den Schnitt fand ich durchschnittlich und mitunter überflüssig. Da wurde anscheinend gedacht, dass eine SteadiCamfahrt mit knapp zehn Sekunden wohl zu lang ist, also schneidet man einfach nochmal in ein Seitenprofil. Mein Gott. Auch die Kameraarbeit fand ich wenig beeindruckend. Man merkt eben wieder, das Wiseman sehr viel mit bewegter Kamera arbeitet, es gibt nur sehr wenig ruhige Shots. Allerdings hat er dieses Mittel in seinen anderen rbeiten schon ausgereizt und liefert hier nichts Neues ab. Die Filmmusik von einem der vielen Könige des Mittelmaßes - Marco Beltrami - ist auch absolut nichts Besonderes und bedient sich manchmal recht frech bei den Themen der Vorgänger.

Ein was noch: von wegen "man merkt nicht, dass es sich um PG-13 handelt", Mr. Willis. Dem Film haftet das PG-13 nur so an. Kein Gegner wird in irgend einer Weise mit dem Herausquillen roter Soße um die Ecke gebracht. Hat mir irgendwie gefehlt.

Also, das war ein absolut mittelmäßiger Actionfilm ohne Sinn für Dramaturgie oder Spannung. Unterhaltsam, vielleicht. Aber sicher nichts, was im Kopf hängen bleibt. Und das war mit Sicherheit kein "Die Hard" (und ich bin einer von den harten Fans der Reihe, ein "Die Hard"-Fan - da ist wieder das unbeabsichtigte Wortspiel). Nein, das war kein McClane. Das war nicht mal McClanes kleiner Bruder. Das war maximal sein Cousin fünften Grades. Wäre Johnny nur im alten Jahrtausend geblieben. Für mich sehr enttäuschend. 7 von 15 (3-)

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