12 Jahre nach dem dritten Teil ist es soweit: Die „Stirb langsam“-Filme gehen in eine vierte Runde, mit gewohntem Zugpferd in neuer Umgebung.
Als Bösewichte bieten sich im vierten Streich der Saga nun Cyberterroristen an, angeführt von Thomas Gabriel (Timothy Olyphant) und seiner rechten Hand Mai Lihn (Maggie Q). Von verschiedenen Hackern, darunter Matthew Farrell (Justin Long), besorgt man sich Codes und Programme, um bestimmte Institutionen lahm zu legen, anschließend erledigt man die nicht mehr benötigten Helfer. „Stirb langsam 4.0“ kommt direkt zur Sache, tritt von Anfang an aufs Gas, um über zwei Stunden Laufzeit sein Tempo zu halten.
John McClane (Bruce Willis) ist jedoch der Alte: Mit Technologie wie Peilsendern in Regierungsfahrzeugen kann er wenig anfangen, seinen Sturkopf hat er sich bewahrt. Zur Not observiert der New Yorker Cop auch seine Tochter Lucy (Mary Elizabeth Winstead) beim Rendevousz um einzuschreiten, wenn der Verehrer zu aufdringlich wird. Von Holly ist McClane geschieden, Lucy hat den Mädchennamen der Mutter angenommen – eine Anspielung auf die Vorgänger, wie sie sich zuhauf in „Stirb langsam 4.0“ findet.
Für McClane, inzwischen zum Detective aufgestiegen, kommt ein Routineauftrag: Matthew abholen, um ihn für eine Befragung dem FBI zu überstellen, da Gabriels Hackertruppe bereits an deren Rechnern war. Als McClane den Hacker einsacken will, trabt direkt ein Killerkommando an, das jedoch nicht mit der Hartnäckigkeit des unverwüstbaren Cops gerechnet hat. Bereits die erste Konfrontation ist macht wirklich Laune, wobei McClane wie in den Vorgängern sein Talent zur Zweckentfremdung von Gegenständen beweist, z.B. einen Kontrahenten mit einem explodierenden Feuerlöscher aus dem Fenster befördert.
Doch dies ist nur der Auftakt: Die Terroristen legen Verkehrs- und Kommunikationsnetze lahm, bringen die Börse zum Zusammenbruch. Und mittendrin ist McClane, der bald mal wieder eigenhändig zur Rettung schreiten muss...
Zwei Fragen gilt es zu klären: Wie gut ist „Stirb langsam 4.0“? Und wie gut als Sequel zu einem Meilenstein? Optisch macht sich der Regiewechsel von den alten Recken John McTiernan und Renny Harlin zu Frischling Len Wiseman nur teilweise bemerkbar; dessen „Underworld“-Wurzeln scheinen durch, jedoch wirkt die Optik des Films nie zu neumodisch oder zu modern, wenngleich weniger bodenständig als in den Vorgängern.
Was die Story angeht, bietet auch „Stirb langsam 4.0“ gerissene Terroristen, deren Plan komplexer ist, als er zu sein scheint. Den Clou ahnt der Kenner der Vorgänger schon, andrerseits bewahrt dies nett die Kontinuität. Überraschungen kann der Film nur gelegentlich, doch „Stirb langsam 4.0“ legt ein dermaßen hohes Tempo vor, dass er ein hohes Spannungspotential bietet. Ruhepausen gibt es wenige, und wenn, dann wirklich gut platziert, um den Film nichts von seinem Drive zu nehmen. Inkompetente oder hilflose Behörden sind auch hier an der Tagesordnung, weshalb McClane mal wieder auf eigene Faust losziehen muss, jedoch streitet er sich deutlich weniger mit ihnen.
Was den Humor angeht, setzt „Stirb langsam 4.0“ wie bereits der dritte Teil deutlich mehr auf Versatzstücke des Buddymovie. McClane ist und bleibt der alleinige Held, aber ein Partner für Wortgefechte und Sprüche ist auch hier zur Stelle. Es werden mehr Witze gerissen als in den Vorgängern, der Ton ist weniger zynisch, sondern lockrer, jedoch sitzen die meisten Gags. Da dürfen die kultigen Sprüche McClanes nicht fehlen, der selbst schwerverletzt und in größter Not noch den nötigen Sarkasmus an den Tag legt, womit schnell das gewohnte „Stirb langsam“-Feeling aufkommt. Auch musikalisch orientiert sich der vierte Streich an den Vorgängern, einige Musikstücke werden sogar noch mal wiederverwendet, um das Flair der alten Filme aufkommen zu lassen.
Was die Action angeht, gibt man sich weniger bodenständig als die Vorgänger, jedoch nicht zu überzogen. In Nahkämpfen schlägt McClane mal wieder roh und ungehalten zu, kommt mit fernöstlichem Kampfsport nicht wirklich klar, was jedoch für schick choreographierte Fights sorgt. Furios inszenierte Schießereien sind auch an der Tagesordnung und natürlich dürfen auch Stunts in großem Maße nicht fehlen, z.B. wenn ein Sattelschlepper Zäune durchbricht oder ein Hubschrauber via Auto vom Himmel geholt wird. CGI wird zum Glück nur eingesetzt, wenn nötig, leider sind ein paar der Actionszenen so aufwändig, dass es gar nicht anders geht. Gerade bei der Szene mit dem Jet wäre weniger vielleicht mehr gewesen, da sie zu unrealistisch daherkommt; nicht so überzogen wie ein ähnlicher Moment in „True Lies“, aber der war weniger ernst gemeint. Nur das Finale, in dem dann auch Gabriel auf McClane trifft, ist leider zu kurz.
Als Sequel kann „Stirb langsam 4.0“ leider nicht ganz mithalten, wenngleich das Werk in vielen Punkten konsequent ist. Trotz Anleihen bei „24“-Trends sind gesamten USA nach einem Hochhaus, einem Flughafenareal und ganz New York fast die logische Folge bei der Wahl des Schauplatzes, auch die Idee, statt der Ehefrau die Tochter etwas widerspenstige Frauenfigur einzubringen, beweist Kontinuität. Bei einem Gespräch im Auto wird sogar thematisiert, warum McClane nun gar zum vierten Mal solche Strapazen über sich ergehen lässt. Zwei störende Punkte gibt es jedoch. Mag man die Überzogenheiten anderen Actionfilmen einfach verzeihen, so hätte man bei zwei, drei Sachen (gerade die erwähnte Jetszene) definitiv realistischer bleiben sollen. Zum anderen ist der Witz teilweise zu arg aufs jugendliche Publikum gemünzt, gerade der bei Mutter im Keller wohnende Hackerkönig Warlock (Kevin Smith). McClanes Buddy hingegen steht zum Glück nicht zu sehr im Vordergrund und wird immer angewiesen die Klappe zu halten, wenn er zuviel sabbelt.
Ganz der Alte ist aber Bruce Willis: Er spielt McClane mit der gleichen Art und der gleichen Hingabe wie in den Vorgängern, seine Präsenz gewährt das „Die Hard“-Feeling. Justin Long ist OK, aber stets blass neben Willis, Mary Elizabeth Winstead hat wenig Screentime, macht ihre Sache gut. Auch etwas unscheinbar Cliff Curtis als FBI-Einsatzleiter, schön fies dagegen Maggie Q. Timothy Olyphant ist ein charismatischer Schurke, kommt aber wenig zum Zuge, steht dem Helden nur am Ende mal von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Und trotz der guten Leistung kommt er nicht an seine Vorgänger Alan Rickman, William Sadler, Franco Nero und Jeremy Irons ran und auch an seine „Deadwood“-Performance nicht.
Alles in allem ist „Stirb langsam 4.0“ kein Klassiker wie die drei Vorgänger geworden, jedoch die mitreißendste und aufwändigste Actionorgie, die seit langem die Leinwände erschütterte. Wäre es kein Teil der „Die Hard“-Reihe würde die Wertung vielleicht noch euphorischer ausfallen, aber einige überzogene Szenen und etwas zu jugendlicher Humor fallen negativ ins Gewicht. Für die Kinofassung gibt es aufgerundete 8,5 Punkte, eine längere DVD-Version dürfte die 9 festigen, wenngleich die PG-13 Cuts in der Kinoversion überraschend selten auffallen.