John McTiernan definierte mit "Stirb Langsam" 1988 das Actiongenre neu, Bruce Willis die Ein-Mann-Armee. Obwohl der direkte Nachfolger, bereits zwei Jahre später, das Konzept des Helden, der auf sich allein gestellt einer Übermacht von Terroristen trotzt, nahezu konsequent übernahm, verlor der Film mächtig an Fahrt. Weitere fünf Jahre später schließlich gab man die Grundzüge auf und hetzte den armen McClane quer durch New York. Das Ergebnis ist leider nur noch ein guter Actionfilm, der jegliche Atmosphäre der Vorgänger vermissen lässt.
Doch genau wie unser Unterhemdheld John McClane will ich gar nicht fackeln. Mit "Stirb Langsam 4.0" orientiert sich Regisseur Len Wiseman im Wesentlichen an seinem direkten Vorgänger "Stirb Langsam - Jetzt erst Recht", doch ist in seiner Umsetzung weitaus konsequenter, weniger konstruiert und kann tatsächlich in wenigen Momenten die beliebte "Stirb Langsam"- Atmosphäre aufbauen.
Einem Haufen wahnsinniger Terroristen gelingt es, mit hochentwickelter Technologie und mit Hilfe von qualifizierten IT-Spezialisten oder vielmehr Hackern, die gesamte Ostküste der USA lahmzulegen. Klar, dass Polizist John McClane (Bruce Willis) etwas dagegen hat und, wenn auch nicht immer ganz freiwillig und in Begleitung des freundlich gesinnten Hobbyhackers Matthew Farrel (Justin Long), den Bösewichtern kräftig einen auf die Mütze gibt.
Das Intro gestaltet sich mit ewigem Geklimper auf Tastaturen reichlich uninteressant, ist aber wegweisend für den Film. Eigentlich wird fast überall in die Tasten gehauen und alles in der Welt von "Stirb Langsam 4.0" kann mit irgendwelchen Tastenkombinationen bedient, zerstört oder aufgebaut werden. Das Szenario ist zugegeben weitesgehend unverbraucht nach dem Film aber ausgereizt.
Ganz und gar überhaupt nicht ausgereizt hingegen gestaltet sich die Rolle des knallharten Solisten und Polizisten John McClane, der erneut genial vom mittlerweile in die Jahre gekommenen Bruce Willis verkörpert wird. Allein sein erster Auftritt nach zwölf Jahren Abstinenz ist ein echter Brüller und gibt klar die Gangrichtung vor. Der gute alte McClane Humor ist zurück, mit ihm natürlich die tollen Oneliner und nicht zu vergessen seine herrliche Reizbarkeit und Aggressivität.
Letzteres kommt erstmals herrlich zur Geltung als McClane den vermeintlich simplen Auftrag ausführt, sein zukünftiges Anhängsel aus dessen Wohnung zu holen. Hier und da ein kleines Feuergefecht und schließlich eine kurze Verfolgungsjagd, alles natürlich angereichert mit verdammt coolen Sprüchen und abgeschlossen ist der einleitende Auftrag. Gut, das T-Shirt (dem alten McClane würde ein Unterhemd vermutlich nicht mehr stehen) ist nicht mehr frisch gewaschen und die Glatze nun auch nicht mehr poliert.
Das schadet aber anscheinend weder Willis noch dem Publikum, denn ist er als alter bzw. noch älterer Polizist nicht nur mindestens ebenso glaubwürdig, sondern noch um Längen cooler. Er zeigt nicht nur jedem Oberschurken erneut dessen Grenzen, sondern lässt sich auch ganz gerne mal von neumodernen Hightech-Halbstarken seine eigenen zeigen. Einfach nur klasse, wie Willis als McClane auf den Spott über sein Alter reagiert und mit unerreichter Coolness kontert.
Das einzige Problem daran ist, dass McClane jemanden braucht, der ihm Anlässe zum Kontern gibt. Dieser muss natürlich ausgerechnet ein halbstarker Technikfuzzie sein, der nicht immer eine Bereicherung darstellt. Justin Long verkörpert das neue Anhängsel Matthew Farrel zwar richtig gut, doch war ich bereits im Vorgänger davon überzeugt, dass Willis keinen Partner benötigt bzw. haben sollte, auch nicht wenn dieser Sam Jackson heißt und schon gar nicht wenn dieser zwischen echtem Nutzwert und wahrem Störfaktor schwankt, sich schließlich aber in letzt genannter Position einpendelt. Immerhin gibt er McClane eine Menge Vorwände Oneliner wie am Fließband runterzurattern und sich damit selbst zu übertreffen.
Selbst übertreffen wollten sich da Produzenten ganz offensichtlich auch und schaffen es erst einmal eine angenehme Atmosphäre zu kreieren, welche einem tatsächlich vorgaukelt McClane sei auf sich allein gestellt. Dies geschieht dadurch, dass die Terroristen mit der Lahmlegung und gleichzeitiger Übernahme der gesamten Infrastruktur in der Lage sind, Polizei, FBI und NSA nach Belieben zu manipulieren und zu kontrollieren. Im Anschluss lässt man mal eben Bruce Willis als coolsten Cop der Filmgeschichte auf einen Haufen Spinner los, dieser schlägt alles und jeden zu Brei und kommentiert das Geschehen auf lustigste Art und Weise. Für den potentiellen Frührentner McClane wäre dies sicherlich die angenehmste Lösung, doch hetzen die Filmemacher einige Monströsitäten auf den Helden wider Willen. Das fängt mit willkürlich schaltenden Ampeln an, geht über Gasexplosionen, Hubschraubern und endet erst mit einem Kampfjet.
Das verspricht schonmal verdammt viel Action und diese wird hier auch geboten. Gewaltige Explosionen und einstürzende Brücken sind nur Extrembeispiele, die wirklich genial umgesetzt sind und trotz des effektarmen Ursprungs der Filmreihe nicht störend wirken. Doch das ist bei weitem nicht alles. Natürlich muss sich McClane auch mit terroristischen Handlangern herumschlagen, gegnerische Scharfschützen erschießen und auch viel Einstecken.
Die häufig auftretenden und oftmals kurzen Passagen, die vom grandiosen Humor geprägt sind, stellen eine gelungene Abwechslung dar und lockern das Geschehen ein wenig auf. Die Auftritte McClanes Tochter Lucy, sowie der Besuch bei einem klischeehaften Hacker, sind echte Knaller und werden nur noch von Bruce selbst getoppt, wenn er die Kung-Fu-Kämpferin Mai Lihn mal so richtig vermöbelt.
Überhaupt wird so ziemlich alles terroristischen Ursprungs gewaltig verkloppt und das Ensemble der neuen Terrorgeneration bleibt im wesentlich unbeleuchtet. Man erfährt kurz etwas über die Motive und ein paar Namen, das soll es dann aber auch schon gewesen sein. Mir persönlich reicht das bereits und ich bin sehr froh, dass man den Oberbösewicht nicht wieder aus dem kreativen Zauberhut beschwört wie noch im dritten Teil, damit man irgendwie einen sinnhaften Film auf die Beine stellen kann. Stattdessen nimmt man einfach Timothy Olyphant, sagt ihm er möge doch bitte als Thomas Gabriel dreinblicken wie ein Neunmalkluger und überhaupt so unendlich intelligent tun, dass man ihn als skrupellosen Terroristen kaum mehr ernst nehmen kann. Ein ziemlich originelles Bild für einen Hacker auf Abwegen.
Schön, dass "Stirb Langsam 4.0" auch als Gesamtwerk ein ziemlich originelles Bild abgibt, auch wenn der Film weniger als Nachfolger zwei genialer und einem guten Streifen zu verstehen ist, sondern viel mehr als erstklassigem Genrebeitrag. Klasse auch, dass Bruce Willis nach zwölf Jahren noch immer in perfekter Stimmung ist ein paar übel gelaunten Problemfällen die Ohren lang zu ziehen, oder eben auch mal eine Frau zu vermöbeln. Spielt überhaupt gar keine Rolle und macht dabei riesigen Spaß!