Review

Wow, da schlüpft Bruce Willis nach über 10-jährigem Winterschlaf doch tatsächlich noch einmal in die Rolle des „Hot Action Cops“ John McClane – einem der letzten wahren Superhelden des Actionfilms (neben Rambo, Riggs, Casey Ryback und dem Kindergarten Cop).
„Stirb langsam 4.0“ heißt er und das Unterhemd soll wieder verflucht schmutzig werden, hab’ ich läuten hören…

…Doch leider ist Len Wiseman (dem Regisseur von „Underworld 1+2“) mit Teil 4 alles andere als ein von den Socken hauender Überflieger gelungen.
Ich will jetzt gar nicht allzu tief im Detailgarten graben, da das Action-Genre ja eigentlich gar nicht in meinen Zuständigkeitsbereich fällt.
Allerdings bin ich ein Kind der 80er und somit auch mehr oder weniger mit „Stirb langsam“ aufgewachsen.
Und den McClane, den liebt man halt einfach. Der ist halt einfach eine coole Sau, den man gern zum Kumpel haben würd’, weil ihm nie die lockeren Sprüche ausgehen, selbst dann nicht, wenn er mit 'nem Fleischerhaken durch die Backe von der Golden Gate Bridge hängt.
Somit war ich schon ein bisschen gespannt auf Teil 4 (Pardon: Teil „4.0“ – was soll der Scheiß eigentlich…?) und musste dann leider den Vorführsaal mit einem etwas enttäuschten Bauchgefühl verlassen.

Die Gründe:
1.) Die Story
Also sorry, aber die ist halt echt so was von bescheiden und verworren, dass mir fast die Worte fehlen.
Es geht irgendwie um irgendwelche Cyber-Gangster, die das ganze Land lahm legen wollen, indem sie sich in irgendwelche staatlichen Computer einhacken.
Weitere Ziele der Bösen: das städtische Verkehrsnetz zum Kollaps bringen, mittels alle Ampeln verrückt spielen lassen (…?), alle Internet-Konten lehr räumen und schließlich zu guter Letzt sämtliche Handys und Chat-Räume in ihre Gewalt bringen.
Was für ein Bullfuck! Aber sehr eng mit Unding Nr. 2 verbunden:
2.) Die Schurken
Musste sich McClane in den Teilen 1 – 3 noch waschechten Kerlen mit Muskeln aus Stahl zur Wehr setzen (darunter abtrünnige Söldner, blonde Hünen oder Killermaschinen aus irgendeiner Spezialeinheit),
warten hier auf ihn welche Bösewichte: Cyber-Terroristen und wild gewordene Schreibtischhengste, die am liebsten mit Labtop und Maus ins Gefecht ziehen.
Besonders der Anführer – ein non stopp grimmig drein blickender Spargeltarzan-Schönlich Mitte 20 – kommt echt einem schlechten Witz gleich. Die Rolle nimmt dem doch kein Aas ab.
Gott *Hand ans Hirn knall*, das sind doch keine Gegner für unsere fleischgewordene One-Man-Army!!!
Hinzu kommt noch, dass sich die Flatrate-Piraten ständig in einem dermaßen unverständlichen Computer-Fachchinesisch unterhalten, dass ich mir mit meinen 24 Jahren schon nicht mehr „up to date“ vorkomme. Ständig fallen Begriffe wie „downloaden“, „upgraden“, „verifizieren“ und „Bitrate“ (nur fiktive Beispiele, mir fallen die Ausdrücke, mit denen ich Probleme hatte, natürlich nicht mehr ein), sprich Begriffe, mit denen normalsterbliche Nicht-Nerds rein gar nichts anfangen können.
Fehlte nur noch, dass die Eierköpfe über irgendwelche „StudiVZ“-Gruppen palavern…

Aber genug gescholten, der Streifen hat freilich auch seine guten Seiten:
Es gibt nämlich ordentlich Action auf die Ohren, teilweise sogar in so übertriebenem Maße, dass man aufpassen muss, sich nicht die Kinnlade zu verrenken.
Besonders die Szene am Schluss, in der sich McClane vom Führerhaus eines fahrenden Trucks auf einen ihn verfolgenden Düsenjet Marke F16-Bomber schwingt (klingt unvorstellbar und muss man in der Tat einfach selbst gesehen haben oder mal selber ausprobieren…),
überrollt einen als Zuschauer schon fast vor Actionlastigkeit
(Memo@myslf: Wie viel Action kann ein einzelner Mensch wohl so aushalten, ohne ohnmächtig zu werden?),
spiegelt in gewisser Weise aber auch den Grundton des gesamten Films wider, welcher wäre:
**********Action: HUI! – Rest: Pfui!**********
Hier wurde halt mal wieder hauptsächlich auf die Optik geschaut. Scheint irgendwie so ein neuer Trend zu werden…:-P
Bei Gelegenheitsguckern könnte das Konzept unter Umständen sogar fruchten, bei eingefleischten Fans dürfte es aber sicherlich zu Adaptionsschwierigkeiten und Abstoßungserscheinungen kommen.

Zum Coolness-Pegel von John McClane wäre noch zu sagen, dass Willis natürlich sichtlich in die Jahre gekommen ist, sich aber durchaus noch mehr als wacker schlägt. Seitenhiebe, viel Miesepetriger Sarkasmus und lässige Sprüche gibt’s en masse, das „Yippie ya yay, Schweinebacke!“ bleibt aber natürlich unerreicht.
Seine One-Man-Show wirkt hier aber fast schon ein bisschen zu routiniert und affektiert, als wär’s für ihn mittlerweile das Normalste der Welt im Alleingang ein ganzes Verbrechersyndikat auszulöschen.

Ich fasse zusammen:
Die einzelnen Action-Szenen sind gewiss die krassesten der kompletten Reihe, doch sorry, mein Lieber, aber das allein macht halt leider noch lange, lange keinen guten Film aus.
Unterm Strich handelt sich’s bei „4.0“ eindeutig um den schlechtesten Teil aus dem Hause „Stirb langsam“ und zwar mit Abstand.
Popcorn-Kino eben, dass man sich einmal geben kann, aber bestimmt nicht öfter, das zwar schon einigermaßen bei Laune hält, das aber nicht zu Herzen geht oder besser: das Kämpferherz eines „Helden im Geiste“ nicht wirklich höher schlagen lässt, weil es für das leider auch nicht gemacht wurde.
Wo bitte bleiben hier die ganzen Kleinigkeiten, die den alten Haudegen McClane so menschlich und so sympathisch gemacht haben?
Wo bleiben die augenzwinkernden Anspielungen auf die vorangegangenen Teile? Wo das Feuerzeug aus Teil 1? [Okay, es gibt ein paar Anspielungen, aber wahrlich nicht viele und denen mangelt es doch merklich an Witz und Raffinesse]
Was ist mit Johns persönlicher Entwicklung und wie geht’s ihm so? Dass Holly und er sich haben scheiden lassen erfahren wir, doch das wird just in einem Satz abgehandelt und schon wird weiter geballert.
Also: Ich hab echt nix gegen brachiale Hirntot-Action, wie man sie hier größtenteils vorfindet, und Story und so werden ja auch oft überbewertet,
aber in diesem Fall hätt’ ich mir für meinen Teil doch gewünscht, dass, wenn sich’s schon um eine Action-Ikone wie John McClane handelt, mit ein bisschen mehr Herz gearbeitet worden wäre, denn genau diese kleinen Ecken und Kanten unterscheiden einen McClane ja auch von einem „Cliffhanger“, einem „Beverly Hills Cop“ oder einer der immergleichen Steven Segal-Rollen. Ich mein’, der Kerl hat doch eine Seele…
Doch das wurde hier, wie so vieles, leider versäumt herauszuarbeiten und darum lautet auch das

Fazit:
„Stirb langsam 4.0“ – das sind überdimensional übertriebene Action-Sequenzen gepaart mit Scheißhandlung und null Tiefgang!
Der „Last Action Hero“ geht ruhmlos in Rente? – Ne, so krass nun auch wieder nicht. Sollte es wirklich der letzte Teil gewesen sein, so war’s zumindest ein Abgang mit viel Blitz und Donner.
Aber wie gesagt: McClane in Action hatte schon mal mehr Scharm.
Und das Unterhemd bleibt auch sauber. Das bleibt nämlich den ganzen Film über im Kleiderschrank – …Oh Schande!

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