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Computer können Fluch und Segen sein. Für John McClane wird wieder ein ganz normaler Tag zum Abenteuer, als er Hacker Matt (Justin Long, "Jeepers Creepers") zur FBI-Zentrale nach Washington bringen soll. Plötzlich gerät McClane unter Beschuss. Cyber-Gangster Gabriel (ganz schwach: Timothy Olyphant, "Scream 2") will Matt töten lassen, weil dieser von seinen teuflischen Plänen weiß. Gabriel ist drauf und dran, die Infrastruktur Amerikas mithilfe von Computerviren lahm zu legen ...

Chronischer Blockbuster-Mangel in der Filmographie von Bruce Willis, der in den letzten Jahren eher durch mittelmäßige Streifen wie „16 Blocks" auffiel, sorgte wohl dafür, dass er auch ein viertes Mal als John McClane vor die Kamera trat.
Auf dem Regiestuhl nahm diesmal Len Wiseman platz. Die Empfehlung bekam Willis von seiner Tochter mit dem komischen Namen. Die ist großer Fan der „Underworld"-Filme und plädierte für den jungen Regisseur. John McTiernan, der bei Teil 1 und 3 das Zepter in der Hand hatte, produzierte lediglich.

Nun ist Wiseman nicht unbedingt für tolle Storys oder hohe Spannung bekannt. Sein Erfolgsrezept besteht aus Optik und Action. Diese beiden Komponenten hat er dann auch fest im Griff. Der Plot um gefährliche Super-Hacker, die nur mit dem Rechner ganze Straßenzüge in Schutt und Asche legen, ist hingegen selten dämlich. Ebenso dämlich ist die vorhersehbare Entführung von McClanes Tochter zur passenden Zeit, um Daddy zu bremsen (was natürlich genau das Gegenteil bewirkt).
„Live Free or Die Hard" richtet sich im Stil ganz klar an die breite Masse und weniger an die vielen Fans des Actionklassikers von 1988. Kommerz ist Programm. Wiseman inszenierte eine Actionorgie, die sich gewaschen hat. Seit „Bad Boys 2" gab es keinen solch spektakulären Actionburner mehr.
Schon „Stirb langsam - Jetzt erst recht" entfernte sich ein ganzes Stück vom Original und setzte mehr auf Stunts als auf Spannung. Doch war die Action 1995 noch einigermaßen bodenständig und die Story wenigstens glaubwürdig und mit netten Finten gespickt. In „Stirb langsam 4.0" könnte McClane einem James Bond Kokurrenz machen. Die Actionsequenzen sind teils so übertrieben, dass der „Die Hard"-Flair streckenweise komplett fehlt. Klar, Schauwerte gibt es die ganzen 2 Stunden lang. Ab und an kann man sich ein „Ooohhh" und „Uuuuiiii" nicht verkneifen. Doch das ist leider nicht alles was zählt.

Wo bleiben die großen Schurken wie Alan Rickman, Franco Nero oder Jeremy Irons? Wer hat bloß Timothy Olyphant gecastet? Der Mann hat das Charisma eines abgebrochenen Bleistiftes und wirkt blass von vorn bis hinten. McClanes unfreiwilliger Gehilfe Justin Long kann - wie damals Samuel L. Jackson - zwar für Sympathiepunkte sorgen, doch ich will McClane als Einzelkämpfer erleben, der die bösen Jungs mit einem lockeren Spruch abserviert! Ein paar (jugendfreie) Sprüche hält dieser Actionkracher natürlich bereit, doch das mit dem Abservieren haben die Produzenten aus ihrer Geldgeilheit heraus durch das gewünschte PG-13-Rating schon mal komplett abgewürgt. Es gibt keine Härten. Vielleicht lohnt sich das Warten auf die mögliche Unrated-DVD. Doch werden selbst einige deftigere Szenen den Karren nicht aus dem Dreck ziehen können.

Das große Plus der Produktion ist und bleibt Bruce Willis selbst. Bei seinem Charakter ist die „Stirb langsam"-Welt noch in Ordnung. Er darf ab und an mal ein wenig Übermensch sein, doch spätestens wenn er von Maggie Q ("Naked Weapon", "M:I III") die Schnauze poliert bekommt, gedenkt man wehmütig der alten Zeiten, in denen Actionfilme von diesem Schlage noch für Erwachsene gedreht wurden und nicht problemlos im Kinderprogramm laufen konnten. Tja, wer sauteuere Filme mag, muss heutzutage mit deutlichen Einschränkungen leben.

Willis selbst sagte, dass „Live Free or Die Hard" besser sei als der erste Teil (lt. slashfilm.com). Ob er für diese Lüge extra kassiert oder sich beim Dreh einfach nur die Birne gestoßen hat, weiß ich nicht. Jedenfalls dürfte ein Mann mit seiner Erfahrung zwischen Weltklasse und Dauerfeuer-Kommerzkino wohl noch unterscheiden können.

Nach diesem zweifelhaften Vergnügen bin ich echt froh, dass sich die Gerüchte um einen möglichen "Alarmstufe: Rot 3" bisher nicht bewahrheitet haben und es hoffentlich auch nie werden. Casey Ryback im PG-13-Wahn - bitte nicht! Und bitte auch keinen fünften "Stirb langsam"!

Fazit:
„Stirb langsam 4.0" ist Bombast-Kino wie es im Buche steht. Die Actionszenen übertreffen fast alles vorher Dagewesene. Der CGI-Einsatz hält sich dabei zum Glück in Grenzen. Würde ich rein nach dem Unterhaltungs- und Schauwert urteilen, käme ich der vollen Punktzahl sehr, sehr nahe. Doch diese Materialschlacht ist verdammt noch mal eine Fortsetzung des wohl besten Actionfilms aller Zeiten! Da muss sich auch der dickste Kracher die Vergleiche mit dem Original gefallen lassen. Und da in der schier unendlichen Zerstörungswut sowohl ein konstanter Spannungsbogen als auch ein überzeugender Bösewicht fehlen und lediglich Willis die Seele der Filmreihe in sich trägt, gibt es nur 4/10 Punkten.

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