Mit Pixars achtem Abenteuer auf Kinoleinwand widmet man sich einer zunächst höchst widersprüchlich erscheinenden Mischung: Haute Cuisine und eine Ratte.
Doch unter der Regie von Brad Bird gelingt es den CGI-Meisterköchen beide Elemente zu einem recht charmanten „Ratatouille“ zu vermengen, dem auf Dauer allerdings ein wenig das gewisse Etwas, der Biss, das Tröpfchen Olivenöl zum besseren Flutsch fehlt.
Das gewisse Etwas kann Ratte Remy allerdings für sich verbuchen, denn er verfügt über einen sehr ausgeprägten Feinschmeckerinstinkt und möchte, anders als die Artgenossen seines Clans, zum Meisterkoch eines französischen Gourmettempels aufsteigen.
Über Umwege landet Remy in der Küche des Feinschmeckerrestaurants Gusteau und lernt den Küchenjungen Linguini kennen, indem er ihm hilft, eine völlig missratene Suppe zu einer Delikatesse umzuformen. Von da an steigt Linguini zum gefragten Koch auf, was Chefkoch Skinner rein gar nicht schmeckt…
Durch Hauptfigur Remy erscheinen die Essgewohnheiten von Ratten in einem recht menschlichen Blickwinkel, denn er kritisiert den groben Verzehr von Abfällen genauso, wie das vorherige Herumlaufen nackter Pfoten in allerlei Unrat. Von Beginn an offenbart er Eigenschaften eines kreativen Kopfes, indem er sich einzig mit Pilz und Käse der „La cuisine impromptue“ nähert. Auch im Verlauf, wenn Remy in der Küche hantiert, misst er wohldosiert feine Kräuter ab und vermag später lediglich per Schnüffeln am Umrührlöffel des Gerichtes feststellen, ob die Zutaten ausgewogen verteilt wurden.
Somit stellt Ratte Remy das Bild seiner Artgenossen auf den Kopf und fungiert von Beginn an als liebenswerter Außenseiter seiner Art.
Nur leider bildet Remy nicht allein den Handlungsträger, denn ihm steht eine Menschenfigur zur Seite, die bei weitem nicht so interessant erscheint, wie sein tierischer Buddy (wobei das Zusammenspiel zwischen den beiden, vor allem innerhalb der Mimik diverse humoristische Höhepunkte bereitet).
Denn Linguini ist ein austauschbarer Tollpatsch, der im Verlauf auch noch ein Love Interest zugestanden bekommt, was den eigentlichen Kern um Ratte Remy einige Zeit außer Acht lässt.
Auch das Treiben einiger Nebenfiguren, wie das des intriganten Chefkochs Skinner bereitet weniger Freude und führt manchmal sogar zu kleinen Durchhängern.
Besser kommt da der Restaurantkritiker Anton Ego weg, der allein durch seine düstere Erscheinung wie der Alptraum eines jeden Fünf-Sterne-Lokals daherkommt.
Nur bei alledem verschwindet Ratte Remy etwas zulange unter der Kochmütze.
Wobei das „ferngesteuerte“ Zubereiten verschiedener Köstlichkeiten durch Remy quasi an den Haaren herbeigezogen ist, aber das mag man der kindlichen Phantasie der Schreiber zugestehen, denn phasenweise kommt man auch über Slapstick und Klamauk hinaus.
Etwa, wenn sich der Rattenclan auf der Flucht vor einer schießwütigen Oma mit dicker Brille befindet, oder Remy sich über den zu starken Einfluss des Love Interests echauffiert.
Wunderbar gelungen auch die cineastische Anspielung eines Liebespaares unter den Dächern von Paris, sowie das Verhalten eines routinierten Obers unter Zugzwang.
Es sind mal wieder die Kleinigkeiten, die innerhalb des Treibens kleine Glanzpunkte setzen, vor allem, wenn die Kamera perfekt positioniert scheint, wenn sich Linguine ein Spiegelei in Windeseile in den Mund schaufelt.
Denn animationstechnisch ist Pixars Küchentrubel eine Augenweide, primär die detailgetreue Animation der Ratten, bei denen man das Gefühl hat, jedes einzelne grauglänzende Haar bewege sich mit der Bewegung des Körpers. Auch innerhalb der Bewegungen hat man die die Ratten genau studiert: Ruckartig erscheinendes Erkunden folgt einer geschmeidigen Schnelligkeit, was der Natur des Tiers sehr nahe kommt.
Auch außerhalb der Figuren hat man auf liebevoll ausgearbeitete Details geachtet und es gäbe wahrscheinlich auch bei der wiederholten Sichtung noch Neues zu entdecken.
Atmosphärisch betrachtet kann hier der Score eine französische Leichtigkeit vermitteln, die mit den Weitwinkelaufnahmen über Paris ein „Provence“ – Feeling generieren kann, was durch den deutsch-französischen Dialekt der durchweg brauchbaren (allerdings auch kaum markanten) deutschen Sprecher unterstrichen wird.
Doch am Ende bleibt ein Gefühl, dass man die Sache ein wenig kompakter hätte umsetzen können und einige Nebenhandlungsstränge besser gekürzt oder gar nicht eingesetzt worden wären. Denn innerhalb der gut 110 Minuten Laufzeit ergeben sich auch kleine Durchhänger, die immer dann auftreten, wenn Hauptfigur Remy nicht im Mittelpunkt steht.
Ansonsten bietet „Ratatouille“ ein leicht verdauliches Werk mit deutlicher Botschaft, leider wenig Tiefe für erwachsene Betrachter, aber viel klamaukigem Spaß für die jüngeren Zuschauer.
7 von 10