Review

Heute mag  ich mir einen Film anschauen, auf was habe ich denn Lust? Lieber einen Western? Oder doch was Erotisches? Ha, dann lösen wir das Dilemma indem wir uns THE RAMRODDER anschauen. Der Cowboy Rick kommt nach Hause zu seiner schönen Lucy und treibt es erstmal ausgiebig mit ihr, bevor er weiterreitet ins Indianerreservat. Der Häuptling Minowa (spricht sich aber wie Manowar) ist sein Freund, und dieser schenkt ihm ein wertvolles Amulett. Auf dem Rückweg wird Rick von einem zahnlosen Bösewicht überfallen, der ihm das Amulett stiehlt. Der bewusstlose Rick wird von der adretten Häuptlingstochter Tuwana gefunden, die sich ihm gleich mal hingibt. Parallel dazu vergewaltigt und tötet der Zahnlose Tuwanas Freundin Cochina, wobei er das Amulett wiederum verliert. Nun denken die Indianer, dass Rick Cochina getötet hat und gehen auf Rachefeldzug. Lucy und Tuwana setzen mit vollem Körpereinsatz dagegen.

Die weibliche Brust und ihre Faszination auf den männlichen Filmzuschauer. Oder anders ausgedrückt: Was in THE RAMRODDER an Busen gezeigt wird, das habe ich in dieser Ausführlichkeit und Zärtlichkeit das letzte Mal bei Russ Meyer gesehen. Oder bei Jess Franco. Selbst ein Messerzweikampf zweier halbnackter Frauen ist im Wesentlichen ein Aneinanderreiben nackter Brüste. Das Zielpublikum ist somit klar definiert: Männliche Zuschauer, die Freude haben an halbnackten schönen Frauen.

Andy Sidaris hat sinngemäß mal erzählt, dass es ihn immer gestört hat, dass bei den James Bond-Filmen genau dann abgeblendet wird, wenn es eigentlich interessant wird, nämlich wenn Bond und seine jeweilige Partnerin zur Sache kommen. Er hat daraufhin begonnen Filme zu drehen, in denen nicht abgeblendet wird, die aber ansonsten nichts anderes sind als James Bond-Filme, nur erweitert um den normalerweise nicht gezeigten Sex. Mal abgesehen davon, dass die USA auf den Moralvorstellungen von Puritanern gegründet wurden, geht Van Guylder in THE RAMRODDER nicht anders vor: Was passiert in der Nacht, wenn in den Tipis das Licht ausgeschaltet wird? Oder richtiger: Wie kann eine attraktive Rothaarige ihrer Freundin zur Flucht verhelfen? Indem sie vor dem Lagerfeuer zur Trommel einen aufreizenden Striptease hinlegt, und den jungen und geilen Krieger damit in die Decken bekommt. Genauso logisch ist es, dass der Cowboy, wenn er nach einem langen Trail nach Hause kommt und seine Partnerin gerade in der Badewanne vorfindet, sich auszieht und erst einmal sehr gründlich entspannt.

Dass das ganze nichts mit einem handelsüblichen Peng Peng-Western zu tun hat sollte an dieser Stelle bereits klar sein, und dann wird man sogar überrascht sein, wieviel „Action“ es hier tatsächlich hat. Eine Schlägerei, ein Messerkampf, eine Kastration, eine Auspeitschung … Klar, so ganz ernst gemeint ist das alles nicht (die Kastration schon!), aber dafür ausgesprochen charmant gemacht. Die Kamera hält auf die Brüste und hält und hält drauf, als ob es kein Morgen gäbe Die unteren Geschlechtsorgane sind tatsächlich nicht existent, aber genau das macht ja den Charme aus: Vieles findet nur im Kopf des Zuschauers statt, etwa wenn die ältere Indianerin mit einem Dildo die Jungfräulichkeit von Tuwana überprüft, oder wenn es später zwischen den Indianerfrauen oralen Sex gibt – Das muss nicht explizit gezeigt werden (durfte es zu dieser Zeit auch noch gar nicht), die Reaktionen Tuwanas reichen völlig aus, um wohlig angenehmes Kopfkino in Gang zu setzen.

Dafür braucht es natürlich vernünftige Schauspieler, und wider Erwarten sind die Akteure in diesem kleinen Filmchen alles andere als schlecht. Julia Blackburn als flammengeborene Venus, die den jungen Krieger tanzend aufgeilt, oder sich dem heimkehrenden Cowboy nackt und verschäumt entgegenstreckt macht ihre Sache ganz hervorragend, man beachte bloß einmal den Messerkampf mit Tuwana. Da passt die Mimik, da passt die Körperbeherrschung, und der Kampf wirkt auf diese Weise tatsächlich einigermaßen echt. Kathy Williams als Tuwana ist nicht ganz so überzeugend, erfreut aber Herz und Sinne durch ihre naive-ungekünstelte Art. Bei allen auftretenden Frauen habe ich ständig das Gefühl, zu Gast zu sein in einem Hippie-Lager des Jahres 1969, wo der Joint rumgeht, die Frauen ganz natürlich oben ohne umherlaufen, freie Liebe gemacht wird, und überhaupt eine von Grund auf positive Atmosphäre herrscht. Zum Wohlfühlen …
Bei den Männern wird das dann gleich wieder ad absurdum geführt: Roger Gentry, der hier als Jim Gentry firmiert, hat die Ausstrahlung eines Buchhalters, und wenn der Erfolg bei einer heißblütigen Frau wie Julia Blackburn hat, dann hätte ich das auch. Robert Aiken als Häuptling Braver Igel wirkt eher wie der Lustige Lurch, hüllt sich in seinen alten Flokati und redet geweihräuchertes Zeugs. OK, Schwamm drüber. Dafür sind die beiden jungen Wilden sehr eindrucksvoll – Gut gebaut, Wildheit und Mordlust in den Augen, und der eine von den beiden entpuppt sich auch schnell einmal als SM-Freak, der darauf steht, schöne Frauen auszupeitschen. Nun ja, die Dame seines Herzens wird bei sich auch dann entsprechende Neigungen entdecken, was folgerichtig zu einem Happy-End der etwas anderen Art führen wird.
Einzig Bobby Beausoleil als zahnloser Tramp hinterlässt bei den männlichen Darstellern nachhaltigen Eindruck, allerdings hat der nur einen nackten Oberkiefer. Dafür hätte er mit seiner Darstellung als durchgeknalltes Arschloch durchaus eine entsprechende Karriere starten können, aber sein Lebensweg sollte ein anderer sein. Bobby Beausoleil wurde 1970 wegen Mordes zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt, die er im Jahre 2020 nach wie vor absitzt. Anders die Cochina-Darstellerin Catherine Share, die genauso wie Beausoleil zur Manson-Family gehörte. Share war in den 70ern für fünf Jahre im Gefängnis wegen eines Überfalls auf einen Waffenladen. Im Gefängnis heiratete sie dann Kenneth Como, ein Mitglied der Aryan Brotherhood, von dem sie sich in den 80ern wieder scheiden ließ. Seitdem unterstützt sie die Free Indeed Ministeries, eine Vereinigung wiedergeborener Christen, in der mehrere frühere Mitglieder der Manson-Family ein Zuhause gefunden haben. Lebensläufe …

THE RAMRODDER ist technisch auf sehr hohem Niveau gedreht, die Musik, die oftmals Elmer Bernsteins Thema aus DIE GLORREICHEN SIEBEN zitiert, ist erstklassig, die Schauspieler sind zeigefreudig und gut, und wie erwähnt ist die ganze Chose einfach hochgradig charmant. Etwas altertümlich, aber liebevoll gemacht, und wer sich ein Herz für ältere Filme mit jungen Frauen bewahrt hat, der kann hier wenig verkehrt machen.

Details
Ähnliche Filme