Warum Uschi?
Umberto Lenzis „Sette orchidee macchiate di rosso" von 1972 teilt sich das Schicksal mit Massimo Dallamanos „Cosa avete fatto a Solange" aus dem selben Jahr: Beide wurden als Edgar-Wallace-Krimis in die deutschen Kinos gebracht und enttäuschten dort die Kinogänger, die auf den üblichen überdrehten Wallace-Humor eingestellt waren. Und in beiden Fällen könnte das Label Edgar Wallace nicht falscher sein, handelt es sich doch um reinrassige Gialli, die mit dem deutschem Kriminalfilm der Sechziger rein gar nichts mehr zu tun haben.
Bei einem Vergleich beider Wallace-Gialli zieht aber Umberto Lenzi mit „Das Rätsel des silbernen Halbmonds" gegenüber Dallamanos „Das Geheimnis der grünen Stecknadel" deutlich den Kürzeren und erweist sich als zwar typischer Giallo, reizt aber den Zuschauer eher weniger mit filmischer Rafinesse und muss sich zudem noch mit Uschi Glas in einer Hauptrolle als Ballast herumschlagen.
Die Story erweist sich als Genrestandard, wenn ein in der Vergangenheit liegendes Verbrechen zu Morden in der Gegenwart führt und ein zufällig in den Fall gezogener Außenstehender die Geschichte enträtseln muss. Große Überraschungen hält Lenzis Film dabei nicht bereit und insgesamt wirkt der Film eher routiniert als aufregend.
Die Kameraarbeit von Angelo Lotti erweist sich als zweckdienlich und lässt den Kenner des Genres oft am langen Arm verhungern, denn hingebungsvolles Spiel mit dem Objektiv, Farben, Licht und Schatten sieht tatsächlich anders aus.
Musikalisch hat der Film mit dem Hauptthema von Riz Ortolani einen hohen Wiedererkennungswert und schafft eine lässige Atmosphäre, die kontinuierlich vom Duo Uschi Glas und Antonio Sabàto unterlaufen wird und so ist die Musik fast zu schade für diesen Film.
Die Morde sind recht sorgfältig inszeniert, hauen aber nicht unbedingt durch fantasievolle Mordmethoden, Blutgehalt oder hohe Spannung vom Hocker. Allenfalls der Mord mit der Bohrmaschine sticht durch seine Brutalität etwas hervor und auch der Mord an der Prostituierten zu Beginn des Films ist durchaus gelungen. Aber sonst wirkt Lenzis Arbeit hier eher gelangweilt.
Sleaze gibt es hier nur am Anfang und den Rest des Films wird in Sachen nackter Haut extrem runtergeschaltet, was natürlich am Mauerblümchen Uschi Glas liegt, deren Sexyness auf einer Höhe mit ihrem schauspielerischen Talent liegt. Ich kann gerne auf selbstzweckhafte Nacktszenen verzichten, die in anderen Gialli oftmals den Flow eher unterbrechen als ihm dienlich zu sein, aber wenn dann keinerlei Ersatzschauwerte geboten werden, fehlt es einfach an allem.
Fazit
„Das Rätsel des silbernen Halbmonds" hat außer einem sehr schönen Score wenig zu bieten, das über ein schnödes Mittelmaß hinausgehen könnte. Die Inszenierung ist eher lahm, die Story mäßig spannend erzählt und Uschi Glas zerstört jede Szene, in der sie auftaucht und das sind leider ziemlich viele. Das scheint die Bedingung von Produzent Horst Wendland gewesen zu sein und angesichts der Idee, vermarktungstechnisch möglichst viele Parallelen zu den Wallace-Krimis herzustellen, lag die damals ja sehr beliebte Uschi Glas für die weibliche Hauptrolle halt nah.
Ob Lenzi von ihr damals genervt war und nur noch Dienst nach Vorschrift gemacht hat? Aus dem gleichen Drehbuch hätte ein anderer Regisseur womöglich mehr herausgeholt. Lenzi, der ja in seiner Folgezeit durchaus beachtliche Filme wie „Mondo Cannibale", „Spasmo" oder „Der Berserker" machen sollte, wirkt hier merkwürdig unmotiviert und uninspiriert, als hätte er Angst gehabt, irgendetwas falsch zu machen.
So ist „Sette orchidee macchiate di rosso" ein wirklich durchschnittlicher Giallo, der gerade im Vergleich zu dem auch mit Geld von Rialto entstandenem „Cosa avete fatto a Solange" von Massimo Dallamano recht müde wirkt.