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"Der Morgen stirbt nie" wird wohl in die Filmgeschichte als der Product-Placement-Bond eingehen. Vom BMW bis zur Blitz Illu - alles wirbt in Bond. Delikat hierbei: Gerade in diesem mit Schleichwerbung gespickten, 18. Bondfilm geht es um Falschinformationen und Beeinflussungen in und durch die Massenmedien.

Nach dem Reinfall von "GoldenEye" schob man mit "Der Morgen stirbt nie" einen ziemlichen Actionkracher nach, der Nonstop Explosionen bietet - fast noch schlimmer als beim herzlosen Vorgänger. Doch dieser Bondfilm verleugnet seine extreme Actionflut nicht durch einen hochtrabend politischen Pseudoinhalt, wie "GoldenEye". Nein, hier wird abgefackelt bis das Budget platzt. Um das vollgepackte Drehbuch schnell und zügig zu realisieren verpflichtete man Roger Spottiswoode, der zuvor mit "Mörderischer Vorsprung" sein Talent für actionreiche Thriller unter Beweis stellte.

Doch nun mal zu den Stärken von "Der Morgen stirbt nie": Ganz eindeutig die Charakterisierung des Bösewichts wurde diesmal überdacht. Anstatt einen alten Kameraden Bonds einen Rachefeldzug starten zu lassen, nahm man wieder einen Bigger-than-Life-and-WWIII-starting-Villain, wie er im Buche steht. Und Jonathan Pryce als Medienmogul Elliot Carver macht es sichtlich Spaß, den skrupellosen und sarkastischen Boss über Nachrichten und Informationen zu spielen. Gerade hier vermerkt man erstmals ein wirkliches Aktualisieren der Thematik. Verlief sich "GoldenEye" in Russen-USA-Kabelleien, an die eh niemand mehr glaubt, so setzt "Der Morgen stirbt nie" wirklich neue, inhaltliche Akzente für die Bondserie:

Der oben bereits erwähnte Carver ist Chef der Zeitung "Der Morgen" und besitzt unzählige andere Nachrichtendienste sei es im Internet, im Fernsehen oder als gedrucktes Blatt. Um Einschaltquoten und Auflagen zu erhöhen, schafft sich der irre Nachrichtenmogul seine eigenen Nachrichten, in dem er China und die USA zu einem möglichen Dritten Weltkrieg provoziert. Gleichzeitig buhlt er mit seinem Vorhaben um die exklusiven Senderechte in ganz China. Schon seit langem war kein Bondfilm so offensichtlich auf ein derart aktuelles und alarmierendes Thema hin ausgerichtet.

Das Einbinden Chinas in die Handlung hat für die Dramatik auch folgenden Vorteil: Die chinesischen Kollegen des MI6 schicken die hübsche Agentin Wai Lin (Michelle Yeo) ins Rennen. Das entschädigt für den enttäuschenden Kurzauftritt von Teri Hatcher, und bietet auch genug Möglichkeiten mal wieder ein bisschen Martial-Arts-Action in einem Bondfilm vorzuführen. Zwar sind die akrobatischen Stunts, die Frau Yeo hier größtenteils selber durchführt, nix neues im Vergleich zu dem restlichen Filmmarkt, für einen 007-Film jedoch reicht es schon zur angenehmen Aufregung.

Vieles in "Der Morgen stirbt nie" wurde gegenüber "GoldenEye" verbessert. Das Schauspiel Pierce Brosnans, die Bösewichter, die Action, das gesamte Drumherum ist einfach gefälliger. Doch das täuscht nicht darüber hinweg, dass dieser Film verglichen mit den restlichen 007-Streifen immer noch ein recht schwaches Exemplar darstellt. Es fehlt einfach der britische, zurückhaltende Charme, die Ruhe, der Humor, die Ironie und die Verwundbarkeit - der Bond der 90er ist ein unzerstörbarer Machobolzen ohne den sprudelnden Charme eines Sean Connerys. Dennoch ist "Der Morgen stirbt nie" bis heute der beste filmische Bondausflug mit Brosnan als Hauptakteur.

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