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Das sich das Kino mittlerweile nur noch durch Werbung über Wasser halten kann ist kein Geheimnis mehr. Und dass sich die Filmgesellschaften der prall gefüllten Werbeetats der Industrie gerne bedienen um dem Hunger des Publikums nach immer aufwendigeren Schauwerten gerecht zu werden, ist beim näheren Betrachten gar nicht mal so schlecht. Das "Product placement" in Kinofilmen wird oft als etwas Negatives angesehen. Warum eigentlich? Denn solange die zusätzlichen Einnahmen wieder "zurückfließen" - soll heißen: auf der Leinwand zu sehen sind und nicht in irgendwelchen Taschen verschwinden - haben doch alle etwas davon. Das kann man schön an diesem 18. Bond-Abenteuer nachvollziehen.

Es grenzt schon irgendwie an Ironie, dass sich der Bösewicht Carver ausgerechnet mittels der Medien, und somit von Werbeeinnahmen, zum reichsten Mann der Welt machen will. Er provoziert einen internationalen Zwischenfall, der England und China an den Rand eines Krieges bringt. Dieses Ereignis soll seinem neuen Sender einen Start mit hohen Einschaltzahlen sichern und durch einen Verbündeten im chinesischen Regierungsapparat werden ihm die Fernsehexklusivrechte für dieses Land zugeschanzt. Das einzigste, was Carver dafür tun muß ist lediglich Peking mit einem Marschflugkörper zu beglücken. Während sich Großbritanien also auf einen Militärvergeltungsschlag gegen China vorbereitet hat M, die Chefin des Secret Service, nur 48 Stunden um durch ihr bestes Pferd im Stall den Karren aus dem Dreck ziehen zu lassen. Schnell richtet sich der Verdacht gegen Carver und Bond reist nach Hamburg, da der böse Bösewicht dort eine Party gibt. 007 soll seine Kontakte zu Carvers Ehefrau ausnutzen, mit der er früher etwas liiert war. Bond nimmt also die Spur auf...

Wenn Du Dich mit einem Filmfreund triffst und Dir fällt partout kein Gesprächsthema ein, dann stell einfach den Satz "Ich finde, ....... ist der beste Bond-Darsteller." in den Raum und schon ist die nächste Stunde gerettet. Dieses Thema wird solange aktuell bleiben, wie diese Filmreihe noch am laufen ist. Dabei ist es interessant festzustellen, dass meistens derjenige Darsteller favorisiert wird, mit dem man die Bond-Filme in der Jugend miterlebt hat. Mein Daddy zum Beispiel stimmt klar für Connery, ich habe Moore begleitet und auch Dalton hat seine Befürworter. Die "Experten" brechen eine Lanze für Lazenby und aktuell ist Pierce Brosnan dran - und den akzeptieren irgendwie alle. Ich möchte mal prophezeihen, dass diese Diskussionen in zwanzig Jahren auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Connery und Brosnan hinauslaufen wird. Brosnan ist genau der Typ, wie man sich einen Überagenten vorstellt: smart aber schlagkräftig, verspielt aber mitfühlend, witzig aber auch erbarmungslos. Ein Kerl, dem man es vorbehaltlos abkauft, dass er die Situation stets im Griff hat und der sich nicht duckt, wenn ihm ein Mädchenherz zufliegt.

Das besondere an einem Bond-Film ist die Kontinuität, mit der liebgewordene Riten zelebriert werden. Erst in letzter Zeit wurden zwar einige Gesichter in Bonds Umfeld erneuert; die Funktionen bleiben die Gleichen: M, der Chef, der Bond zwar nicht 100% in den Griff kriegt ihn aber gewähren lässt, weil man sich auf ihn verlassen kann; Miss Moneypenny, die Sekretärin welche James seit nunmehr 35 Jahren erfolglos hinterher schmachtet; Q, der Tüftler, der sich immer all die netten Gadgets ausdenkt, die Bond dann später aus der Patsche helfen. Aufgrund des hohen Alters des Darstellers Desmond Llewlyn fällt die Einweisung der Geräte dieses Mal ziemlich kurz aus - aber wie immer einer der humorvollsten Teile eines Bond-Films.

Bei den sogenannten "Bond-Girls" hat sich eine leichte Änderungstendenz durchgesetzt. Hinterließen Connery und Moore noch haufenweise gebrochene Herzen von Bikini-Trägerinnen so wurde Bond spätestens seit dem Einstieg von Dalton immer monogamer. Die Anzahl der Liebeleien unseres Helden in diesem Film beläuft sich beispielsweise insgesamt auf drei; das schafften die "alten Herren" früher meistens schon in der Prä-Titel-Sequenz. Bond Nr. 18 bricht jedoch in dieser Hinsicht mit einer Tradition aus den Anfangstagen. Bislang waren die weiblichen Hauptrollen in den Bond-Filmen mit Newcomerinnen besetzt um den (männlichen) Zuschauern ein unverbrauchtes Gesicht zu zeigen. Meistens verschwanden die Damen dann auch wieder in der Versenkung - nur Ursula Andress (Dr. No) hat sich einen Namen machen können. In "Der Morgen stirbt nie" kommen mit Teri Hatcher und Michelle Yeoh zwei Damen zum Zug, die schon einige Filme abgedreht haben. Speziell auf Michelle war ich im Vorfeld gespannt, da ich sie als alter Hongkong-Fan schon einige Male gesehen habe und daher weiß, wozu sie fähig ist. Und Leute, in "Der Morgen stirbt nie" verkauft sie sich weit unter Wert; das Mädel kann mehr, als sie hier zeigen darf! Vor allem der Choreograph der Kampfszenen verlangt von ihr kaum mehr als ein verschärftes Aufwärmtrainig - Schade.

Interessant in diesem Kontext ist auch, dass der "Hongkong-Action-Stil", der Hollywood bereits infiltriert hat, auch in dieser englischen Produktion Einzug hält. Doch wie so oft klappt es nicht so dolle, wen man versucht einen Stil zu imitieren, der in ein anderes Umfeld gehört. Vielleicht sollten sich die westlichen Regisseure mal überlegen, warum es bei Chow Yun Fat von John Woo in Szene gesetzt so unendlich energiegeladen wirkt, wenn er mit zwei Faustfeuerwaffen wild um sich ballernd durch die Gegend springt, während es bei Brosnan belanglos und bei Keanu Reeves in "Matrix" einfach nur peinlich ist.

Womit wir beim nächsten festen Bestandteil der Bond-Filmreihe wären: die Action und die Stunts. Auch hier wird dem Zuschauer einiges an glühenden Feuerbällen, einstürzenden Gebäuden und Aktionen in schwindelerregender Höhe präsentiert. Die obligaten Verfolgungsjagden, welche in schöner Regelmäßigkeit in einer Verwüstung der Umgebung ausarten, fehlen genauso wenig wie Feuergefechte en masse. "Der Morgen stirbt nie" schafft es bravurös, bei der Gratwanderung zwischen dem Folgen der Storyline und einer Action-Nummern-Revue das Gleichgewicht zu halten. Bevor es zuviel Handlung gibt geht die Action los - aber es gibt genug Story zwischen der Action um eine Übersättigung zu vermeiden.

Einen besonderen Stellenwert nehmen in der Bond-Reihe die Bösewichter ein. Mit einem gemeinen Mafiosi gibt sich ein Bond schon gar nicht mehr ab - unter der Rettung eines Kontinents macht sich unser James gar nicht erst die Mühe. Und so hat er es stets mit finsteren Welteroberungsplänen oder Bedrohungen globalen Ausmasses zu tun. Das erinnert mich immer an die Superheldencomics, denen auch stets größenwahnsinnige Kontrahenten gegenüber stehen. Hier wird der Unsympath Carver von Jonathan Pryce verkörpert, der zwar ein guter Schauspieler ist, aber die Figur des durchgeknallten Medienmoguls nicht mit dem Charisma eines "Gangsters für die Ewigkeit" herüberbringt, wie es etwa ein "Goldfinger" versprüht hat. Schade, dass man Christopher Walken als Bond-Gegner schon verbraten hat: diese Rolle wäre ihm eigentlich auf den Leib geschrieben gewesen. Unverzichtbar auch die rechte Henkershand des Obermotz, ein muskelbepackter, kalter Killer der 007 das Leben schwer macht. Hier kommt Götz Otto aus diesem unseren Lande zum Zug und verdient ein Riesenkompliment für seine Leistung, wenn auch Richard Kiel als "Beißer" in dieser Hinsicht wohl unerreichbar bleiben wird.

Regisseur Roger Spottiswoode hat den Laden fest im Griff und kann ein geradlinig geschriebenes Drehbuch packend umsetzen. Dass die Crew hinter der Kamera nur aus Könnern besteht, versteht sich bei dem Stellenwert, den ein "Bond" hat, von selbst. Auffallend war allerdings, dass der Soundtrack gern auf das altbekannte "Bond-Thema" zurückgreift. Solide umgesetzt hat der Film einen hohen Unterhaltungswert - ich persönlich möchte ihn in der Bond-Rangliste auf einen Platz im ersten Drittel ansiedeln. Fast zwei Stunden kann man der Geschichte mit Spannung folgen und amüsiert sich prächtig - nur weniges trübt für einen kurzen Moment den Filmgenuß.

Um den Kreis zu schließen will ich in dem Zusammenhang auf die Werbung zurückkommen: Wie schon in "Goldeneye" darf sich eine süddeutsche Automobilmarke über ein permantentes (penetrantes?) In-den-Vordergrund-schieben eines ihrer Erzeugnisse freuen. So fährt Bond eine Nobelkarosse mit vielen Extras und bei einer Flucht vor den Häschern Carvers erwischt man zufällig auch noch ein Motorrad des gleichen Herstellers. Und die Gangster fahren das Erzeugnis einer zugekauften Tochterfirma. Naja, solange es dem Zuschauer schlußendlich wieder zugute kommt sagen wir Schwamm drüber. Immerhin werde ich beim nächsten Autokauf auch mal ein Vehikel dieser Marke anchecken - und wehe, der Raketenwerfer ist nicht serienmäßig!

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