Wer wirklich mal einen extrem überproduzierten Big-Budget-Blockbuster, der so richtig fröhlich in die Hose ging, sehen will, muß sich an „Wild Wild West“ wenden.
War eine sichere Sache, könnte man meinen: man nehme eine alte TV-Serie, die eine Westernumgebung mit James-Bond-Gadgets mixte und puste sie für die große Leinwand auf, engagiere noch große Stars für die Hauptrollen und einen erfolgreichen Regisseur, pumpe reichlich Geld in die Effekte und lasse den Giganten einfach rollen, flotte Sprüche würden schon das Übrige tun.
So einfach ist es nur leider nicht.
War vielversprechend, als es hieß, man hätte das ruhmreiche Team aus „Men in Black“ reaktiviert: Will Smith und Barry Sonnenfeld. Nur mit der zweiten Hauptrolle gab es Schwierigkeiten, denn George Clooney warf die Brocken wieder hin. Also mußte Kevin Kline ran, übrigens nicht die schlechteste Wahl, denn sein Understatement-Humor paßt hier noch am besten. Als Gegenspieler wetzt dafür Kenneth Branagh die Messer, das sah diabolisch aus.
Nur macht ein Traumduo noch keinen guten Film. Als das Testpublikum die komödiantischen Elemente wohl verpaßte, wurde noch was Witziges nachgedreht und dann darauf gesetzt, daß dieser Koloß ein Selbstläufer wäre. Ist er nur leider nicht.
Da kann auf die Tube gedrückt werden, was geht, alles wirkt hier übertrieben und albern.
Die Schuld daran hat sicher das Drehbuch und der Plan, aus einem weißen einen schwarzen Helden zu machen. Das funktioniert nämlich überhaupt nicht.
Ein Farbiger als bester Marshall des Präsidenten scheint selbst in Unterhaltungsdimensionen kurz nach dem Bürgerkrieg als bizarre Idee. Und dann dient diese Tatsache auch zu einer endlosen Kaskade von dämlichen Schwarzer-meets-Weiße-Rassismus-Witzen, angefangen von Cowboys, die sich von Smiths Gemächt ablenken lassen, bis zu Wortgefechten zwischen Branagh und Smith, wobei der Brite rassistisch scherzt, während Smith Gags über Behinderte reißt (Branagh ist die untere Leibeshälfte hier amputiert worden).
Während Kline zwar den nötigen Witz mitbringt, pflastert man den Zuschauer dann mit 1001 Erfindung zu, die nicht originell, sondern schlichtweg ärgerlich sind. Am schlimmsten sicherlich der Gadgetzug, mit dem beide durch die Gegend düsen und besonders schlecht die Idee rund um den letzten visuellen Eindruck, der auf der Netzhaut eingebrannt wird und per hohl-beleuchtem Leichenkopf als Laterna Magica auf eine Leinwand geworfen wird, wo per Brille sogar noch eine Einladung mit Adressangabe in der Rocktasche des Killers gelesen werden kann.
Nervend auch, daß Kline sich ständig verkleidet (noch schlimmer: oft auch als Frau), Branagh laut eigener Beschreibung gar nicht leben könnte und fürchterlich übertreibt, Salma Hayek lediglich ein hübsches Extra ist (die in einer reizenden, aber überflüssigen Szene ihren Po präsentieren darf) und Ted Levine (als einziger brauchbar exzentrisch gestalteter Charakter) zu früh ausscheidet.
Der Gag mit der Ähnlichkeit zwischen Gorden und Grant wird zu früh offensichtlich (und durch die Synchronstimme zusätzlich vergeigt) und in einer besonders lächerlichen Szene lenkt Smith als Tänzerin verkleidet Branagh ab, als der gerade eine Hinrichtung zelebrieren will und schafft es auch noch: Ideenarmut, wohin man blickt.
Gewürzt ist das alles mit viel Schaueffekten, Puff und Bang, aber die dauernden Gadgets ermüden schon reichlich schnell, so daß als einzig Annehmbares der wunderbar gestaltete Vorspann und die Musik Elmer Bernsteins bleiben.
Ein wenig Slapstick kommt noch hinzu, aber die Charaktere verschwinden total in dieser Marketingproduktion, was der von der Doppelbödigkeit ähnlich gelagerte „Maverick“ noch glücklich vermied.
Egal wie leicht man sich den Konsum also macht, der mißlungene Eindruck will nicht verschwinden. Es ist kein restlos schlechter Film, aber ein prachtvolles Beispiel, wie man es nicht machen sollte. Und diesmal hat das Publikum es sogar bemerkt: die sonst beeindruckenden 111 Mio Dollar US-Einspiel wurden zur Hälfte schon in der ersten Woche erspielt, dann sank das alles wie ein Stein! (4/10)