Zweimal hat es Lethal Angels geschafft, jegliche Sympathien zu verspielen. Zwar erweckten die Ankündigungen schnell das Interesse der anvisierten Zuschauerklientel, die Anfang der 90er mit Naked Killer und Konsorten aufgewachsen sind und sich die letzten Jahre nahezu umsonst nach ähnlichen girls with guns Vertretern umsehen mussten. Aber der Film erschien partout nicht. Über ein Jahr dauerte es von der Fertigstellung an, bis nach einem sehr leisen Kinostart in Singapur und Malaysia endlich auch eine verfügbare DVD in greifbare Reichweite rückte. Doch der Veröffentlichungstermin und entsprechend auch die eilig getätigten Vorbestellungen wurden wochenlang nach hinten geschoben; der mühselige Kampf aus dem Giftschrank heraus lustigerweise noch mit dem scheinheiligen Zusatz "Zu Heiss für die Kinos" als Werbeanreiz begleitet.
Der ewige Aufschub, in der heutigen schnelllebigen Welt der abträgliche Faux pas schlechthin, deutete verständlicherweise auf einen Verlierer von Film hin; auch die mühseligen Titeländerungem vom anfänglichen Naked Avengers über Devil Angel bis zum schlussendlichen Lethal Angels sind Merkmale des Aderlaßes. Selbst von der einstig propagierten Regie von Wong Jing, der sich eigentlich am Besten mit dem Subgenre auskennt, blieb nichts mehr über; mittlerweile schmückt der Name des höchstens mäßig begabten Steve Cheng die Credits. Und noch schlimmer: Der Film ist weder eine Aufregung noch die lange Wartezeit wert; sollte sich nach dem ganzen Verleihspiel noch eine gutmütig-wohlwollende Publikumsseele in den minderwertigen "Skandal" verirrt haben, so kam er danach mit doppelt so langem Gesicht heraus.
Die Vorfreude war einstmals gross. Etwaige noch vorhandene Nachsicht, ja Wohlwollen ist hiernach passé.
Leider; muss man dabei sagen. Sicherlich erwartete Niemand einen wirklich guten oder gar tiefen Film mit brillianter Inszenierung und ebensolchen Darstellern. Wenn man denn schon dasselbe Drehbuch wie Naked Killer aufweist, wollte man halt auch das, was diesen 1992 seinen ungläubigen Kultstatus und die Berechtigung zum Klassiker des Hong Kong Kinos verschafft hat. Man(n) wollte nur sein guilty pleasure, seinen Aufreger um Mitternacht, tits and ass und ebenso knackige Action.
Seine Rückbesinnung auf eine Tradition, die die Spezialkreation des femininen Individuums über die rein visuelle Präsentation und dem Diktat der Waffen der Frauen verfolgt; als oppositioneller Reflex auf die filmische Realität des Patriarchates. Spätestens seit den 80ern hatten im HK Kino die [eher asexuellen] Damen wie Michelle Yeoh, Cynthia Khan, Yukari Oshima und Moon Lee die Hosen an, in den 90er zogen ihre Nachfolger die Kleidung wieder aus. Nicht um ihre vorherrschende Position zu verlieren, sondern auf neuen Wegen noch zu stärken. Eine allseitige Dominanz des Weiblichen über das Männliche, dem sie zwar nunmehr in jeder Hinsicht überlegen sind, dessen Wertvorstellungen und Maßstäbe sie aber teilen und die phallozentrische Sexualität gleich vollständig mit übernehmen. Die Penetration erfolgt in Lethal Angels durch Dolche und Messer in jeglicher Ausführung, Sturmsense, Stahlrute, Dreizack; das Gesicht beim Todesakt im höchsten Genuss verzehrt. Eine Ästhetik des Hässlichen.
Auch haben die immer vorhandenden Mutterfiguren strenge Besitzansprüche und gelten umgekehrt diesselben einseitigen Vorurteile: Der Mann ist in der bullets n babes - women having fun with guns Welt zumeist nur darauf reduziert, das Weichei oder der potentielle Vergewaltiger zu sein. Auch hier gehts dahingehend immer ans ideologisch transportierte Eingemachte. Teilweise streiten die Verbrecher sogar mit Schnickschnackschnuck darum, wer zuerst ran und die politische Korrektheit zerstören darf.
Eine negative Grundhaltung, die in den besten Exemplaren mit Witzen und Scherzen überspielt wird, sich nicht gleich in einer Festschreibung emanzipatorischer Grundsätze ergeht und durch die gleichzeitige optische Ausbeutung der Frau statt wachsend männerfeindlich vielmehr steigend lustfreundlich darstellt.
Doch diesmal wirkt es durch die fehlende Über-Groteske nicht amüsant, sondern tatsächlich hohl und schäbig. Eine chinese hardcore Gossenphilosophie, die nicht einmal detaillierte Szenenbilder und eine Verschiebung der Tabugrenzen benötigt, um sowohl zu langweilen als auch abzustossen.
Der gewisse Charme fehlt. Der Unterhaltungswert - auch wenn dies im Zusammenhang abstrakt klingen mag.
Woran liegts ?
Jedenfalls nicht an der Geschichte. Zum einen achtet darauf eh Keiner, weswegen man auch eigentlich nicht darauf eingehen müsste. Und zum Anderen ist sie von der Grundidee so schlecht nicht, auch wenn einem bei dem schleichenden Tempo die Logikfreiheiten und dämlichen Dialoge gleich reihenweise in den Schoß purzeln:
Die beiden Polizisten Jet [ Andy On ] und Darren [ Jordan Chan ] verlieren bei einer Observation ihr Ziel aus den Augen und finden den Beschatteten Triadenführer schliesslich mitsamt seinen Kompagnons als Leiche wieder. Schnell schalten sie, dass die vier heissen Mädels um Winnie [ Jewel Lee ] die Täterinnen sind, allerdings kommen sie nicht so einfach an Yo Yo [ Tien Hsin ], Emma [ Cherrie Ying ], Macy [ Tian Pu Jun ] und Dora [ Viva Wei ] heran. Während diese bereits ihren nächsten tödlichen Coup planen und sich an einen weiteren Gangsterboss kurz vorm Ruhestand heranpirschen, erblüht die alte Jugendliebe zwischen Jet und Yo Yo wieder. Sehr zum Unwillen von Madam Winnie und dem leitenden Sergeant Wai [ Fung Hak On ].
Passt auf einen Bierdeckel und genauso siehts im Film auch aus. Nicht nur, dass man dieses Konglomerat bereits aus den inoffiziellen Vorgängern und eben besonders Naked Killer kennt, teilweise werden sogar Einzelszenen fast bis aufs Details nachgestellt. Nur eben in schlecht und ohne auch nur annähernd dieses Fest für die Augen zu erreichen. Regisseur Cheng, der sich bisher mit ebenso eher steriler, handwerklich sehr eingeschränkter B - Ware übers Wasser gehalten hat, bekommt selten so etwas wie eine atmosphärische Dichte, ein sleaziges Styling oder eine wenigstens glaubhaft transparente Stimmung in das Dreigroschenheft-Debakel hinein. Bereits die erste Szene ist ein weiter und ebenso steiniger Weg der uninspirierten Plagiatie; der entsprechende Mordauftrag in der Disko sah ganze 15 Jahre zuvor zehnmal flashiger, getimter, erotischer aus, auch wenns hier mal ausnahmsweise in Sachen Freizügigkeit etwas zur Sache geht. Aber nicht nur die Art der Inszenierung, sondern zum Teil auch die weibliche Belegschaft verliert von Augenblick Eins an vergleichsweise um Längen und erschafft nie die verrucht-sündige Kombination von Sex und Gewalt und folglich auch nicht den verlangten Exploitationfaktor.
Bis auf vielleicht Cherrie Ying scheitern die anwesenden Damen im Spiel und vor allem auch der wenigstens äusserlichen Glaubwürdigkeit; sehen nicht nur wenig verführerisch, sondern auch bar atemberaubender Garderobe eher so bieder und abbruchreif wie die ausgedient-preiswerte secondhand Location aus [ sichtlich kalter Pool - stattliche, aber nahezu leere Villa - ein mit Pailletten, weinrotem Vorhang und Puffsofa ausstaffiertes Parkhausdeck als Geheimquartier ].
Sicherlich soll es hier nicht um eine Dokumentation weiblicher Erwerbsarbeit drehen, die Meisten können sich aber nicht einmal gescheit in Positur oder den Stiletto-Parkour elegant hinter sich bringen; wie soll dann die Parole von Zickenalarm, Luder-Outing und erst "Der Körper als Waffe" funktionieren ?
Erstaunlicherweise sind selbst die Herrschaften nicht viel besser dran; gerade auf den immerwährenden Newcomer Andy On und den längst etablierten, aber mittlerweile wieder gesunkenen Jordan Chan haben so einige Zentner Hoffnung gelastet. Beide werden durch die Bank weg verkannt und fristen ihr Dasein fast vom Karrierestart an in mehr oder minder wichtigen Nebenrollen; einmal im Glanz des Scheinwerfers gesetzt verlieren sie prompt Ausdruck und Betonung. On versagt in der Simon Yam - Rolle komplett, darf wegen der wenigen Actionfrequenz auch nur einmal in sein patentiertes Martial Arts Alibi flüchten und muss ansonsten bleich und leicht schmierig den trauernden Liebeskloß geben, der wie Hündchen dem Knochen seiner Flamme beieilt. Während Chan ganz unangebracht die Jungfrau (40), männlich, sucht gibt, aber nicht die passende Umgebung oder mindestens die Witze dafür zur Hand hat. Auch eine Chemie zwischen Beiden sucht man vergeblich. Nichts zu merken von Berufskollegen, Partnern und Freunden, die sogar Haus und Hof teilen.
Interaktion ist ebenso wie Assoziation, Inspiration, Kreativität und Befriedigung der Schaulust und des Fetischismus Fehlanzeige. Das Femme Fatale Genre an sich hat seit seinem lange zurückliegenden Höhepunkt im allgemeinen Verdrängungskampf kräftig gelitten, entsprechend viele Federn gelassen, wurde noch einmal mühsam und eher notdürftig in Her Name is Cat [ 1998 ], Martial Angels [ 2001 ] und zuletzt Naked Weapon und So Close [ 2002 ] reanimiert, zwischenzeitlich in den reinen DTV Markt oder gleich den Kinderwerken der Twins-Gören ausgesetzt und findet nun seinen wohl endgültigen Ruhestand.
Ein Abgesang mit Kehraus ? Verbindliches Ende-einer-Ära ? Ein Drama des Stillstands, dass wie schweres Parfüm mit sauer-abgestandener Note in der Luft hängt.