Irgendwann in London bricht ein Virus aus: Wut in Reinform. 28 Tage später kämpfen ein paar Zivilisten und Soldaten gegen ein Heer Infizierter. Das ist die Geschichte von "28 Days Later" (2002), mit dem Danny Boyle das Zombiegenre, vielleicht sogar wider Willen, rundum erneuerte und belebte. Obwohl die Infizierten nur minimale Gemeinsamkeiten mit Zombies aufweisen, löste Boyle eine regelrechte Welle von meist unterdurchschnittlichen Untotenstreifen aus. Denn was "28 Days Later" auszeichnete, waren die großartigen Bilder eines ausgestorbenen Londons, die neuartige Idee von infizierten bzw. kranken Menschen und schließlich auch die bedrückende Atmosphäre in zahlreichen ruhigen Momenten. Der Nachfolger "28 Weeks Later" setzt eben jene positiven Aspekte sinnvoll fort und macht noch einiges besser.
28 Wochen später stehen nur noch nichtige Bedenken einer Frau im Raum. Also wird London wieder für die Bevölkerung freigegegeben. Das Militär und die 15000 Einsiedler müssen jedoch schnell feststellen, dass die Wut nicht gebannt ist und Code Red wird in die Wege geleitet.
Bis dahin vergeht jedoch eine ganze Weile, in der zu Beginn erst einmal kräftig Terror verbreitet wird. Ein paar Charaktere, darunter ein Seniorenpaar, eine schwangere Frau und ein Kind, verstecken sich in einer alten Hütte und werden plötzlich von einem Haufen Infizierter überrascht. Die Angreifer schreien, zertrümmern Fenster und Wände und vergießen viel Blut. Die Menschen versuchen sich verzweifelt zu retten und nehmen den aussichtslosen Kampf auf. So kreiert Regisseur Juan Carlos Fresnadillo eine in der Theorie grandiose Einleitung, die letztendlich leider an der katastrophalen Kameraführung völlig untergeht. Rasant ist gar kein Begriff für die Schnitte und so geht zusammen mit der Übersichtlichkeit auch die Nachvollziehbarkeit flöten.
Nach zahlreichem Blinzeln aufgrund völlig überreizter Augen, scheint die Einleitung vorbei zu sein. Keine Infizierten, keine Menschen. Wir sind in London 28 Wochen später. Am Flughafen treffen Einsiedler ein, die vom regierenden Militär empfangen und kurz eingewiesen werden. So erfährt der Zuschauer erst einmal eine Menge über die neue Situation, über den Wiederaufbau und über verbotene Zonen. Klar, dass eben jene schon bald überschritten werden.
Der Mittelteil gestaltet sich hier sehr viel angenehmer als im Vorgänger. Ein Familienvater trifft seine Kinder im neuen London wieder, Scharfschützen nehmen Wohnheime ins Visier (natürlich ohne zu schießen) und die leitenden Wissenschaftler unterrichten die Vorgesetzten vom Militär von ihren Entdeckungen. Die Endzeitstimmung wird bestens übermittelt, das war zwar auch im Vorgänger der Fall, doch hier fällt das einfach interessanter aus. Die Charaktere haben alle sinnvolle Aufgaben im neuen Leben und dadurch entstehen keine langweiligen Tagträume von Gott und der heilen Welt, wie es noch in "28 Days Later" war.
Stattdessen nähert man sich sehr ruhig aber zielstrebig der Katastrophe, die nicht nur wörtlich, sondern auch bildlich mit "Code Red" eintritt. Der Virus bricht urplötzlich aus und hinterlässt eine grausame Spur des Schreckens.
Infizierte bahnen sich ihren Weg durch Menschenmassen und lassen ihre unbändige Wut dabei blutig aus. Immer mehr Befallene finden schließlich den Weg auf die Straßen der Großstadt. Während eine Hand voll Scharfschützen auf den Dächern versucht die Epidemie einzudämmen, verfolgt der Zuschauer eine kleine Gruppe Menschen auf ihrer Flucht.
Der furiose Actionpart hat einen wesentlich höheren Stellenwert als im Vorgänger, und zwar in allen Belängen.
Rein optisch wird erstmal eine ganze Menge geboten. Von einfachen Tag- und Nachtwechseln, über blutige Einschüsse, noch blutigeren Hinrichtungen mittels Hubschrauber, und schließlich bis zum Einsatz des Nachtsichtgerätes in einem düsteren U-Bahn-Schacht.
Auch in zeitlicher Hinsicht wird hier ein Vielfaches vom Vorgänger geboten, was dem Film eindeutig gut tut. "Code Red" wird nach einer geschätzten Stunde ausgelöst und von da an herrscht Panik. Kein Liegen im Gras, kein Turteln, kein Geschwafel. Stattdessen Angst und Schrecken.
Besonders auffällig in dieser Hinsicht auch der Sound, der mit dem regelmäßigen Einsatz des grandiosen Scores richtig auftrumpft. Ganz besonders schön, wie sich die hektischen Klänge oftmals schon frühzeitig in ruhiger und langsamer Form ankündigen.
Als perfekte Hilfsmittel für den Aufbau der grandiosen Atmosphäre erweisen sich die gut platzierten Effekte, wie etwa ein Luftangriff mit Brandbomben, oder der Einsatz von tödlichem Giftgas. Vom vielen Blut und einigen Körperteilen ganz zu schweigen. Es geht jedenfalls härter zur Sache als im Vorgänger, wenn auch der Gewaltgrad eines "Dawn of the Dead" (2004) von Zack Snyder nicht erreicht wird. Das aber möchte Fresnadillo auch gar nicht.
Stattdessen schafft der Regisseur einen nahezu perfekten Endzeitfilm, indem er Schwächen des Vorgängers (Mitte und Ende) beseitigt und Stärken zusätzlich aufwertet. Bei "28 Weeks Later" kommen Splatterfreunde und auch Liebhaber bedrückender Atmosphäre sehr gut auf ihre Kosten. Nur Ästheten sollten den Film aufgrund der miserablen Schnitte wirklich meiden, auch wenn der geniale Sound das wieder gutmacht.
Zuletzt sei noch erwähnt, dass der Streifen den für mich besten Filmkuss aller zeiten beinhaltet. Ein zärtlicher Kuss, woraufhin der Mann erbricht (Blut) hat einfach was!