“Das Kind im Manne”
Die Story ist doof, die Charaktere sind platt, die Dialoge peinlich und die Pro-Militarismus-Botschaft auch für den begriffsstutzigsten Schnellspanner auf Anhieb zu erkennen. Auf der Technik- und Schauwertseite gibt es dagegen kaum etwas zu meckern. Sieht man einmal von der etwas nervigen Brummkreiselkamera ab, bekommt man 1A-Spezialeffekte geboten und wird mit nicht gerade spärlich eingestreuten Actionhighlights verwöhnt. Letztere kommen vornehmlich laut und spektakulär daher und - man muss es einfach zugeben - rocken meist ordentlich.
Ja, erraten! Wir befinden uns in einem Michael Bay-Film. Wem der Name auf Anhieb nichts sagt: Dem Mann verdanken wir so filmische Perlen wie Bad Boys I und II (1995, 2003), The Rock (1996), Armageddon (1998), Pearl Harbour (2001) und Die Insel (2005). Er gilt als Lieblingsregisseur und Muse des „Krawumm-Produzenten“ Jerry Bruckheimer (u.a. Fluch der Karibik-Trilogie), mit dem er bereits 5 Blockbuster gedreht hat.
Bei solchen Referenzen erscheint es nur logisch, dass Bay bei Produzent Steven Spielbergs neuestem Projekt ganz oben auf der Wunschliste für den Regiestuhl stand. Schließlich handelte es sich dabei um eine Realverfilmung rund um das 80er-Jahre-Kultspielzeug Transformers. Er wird ziemlich überrascht gewesen sein, dass Bay zunächst wenig Lust verspürte, einen Spielzeug-Film zu drehen und sich eher abfällig über das Projekt äußerte. Schließlich ist Transformers perfekt auf den Actionspezialisten zugeschnitten: Die Story ist unglaublich doof - zwei verfeindete Roboterrassen bekämpfen sich auf der Erde und ziehen die Menschheit in ihren Krieg mit hinein - , die Charaktere sind überaus platt - es handelt sich hauptsächlich um Roboter, heroische US-Soldaten und ein paar Klischeeteenager -, die potentiellen Dialoge lassen bei der beschriebenen Figurenkonstellation auch nichts Gutes erwarten und die Pro-Militarismus-Botschaft kommt mit dem Vorschlaghammer daher - das „beratende“ Militär bekam sogar Mitsprache beim Endschnitt, das sagt eigentlich alles. Da es sich bei den Robotern um Gestaltwandler dreht, sind die besten Effektschmieden der Branche gefordert und die kriegerische Auseinandersetzung zwischen den verfeindeten Parteien verspricht ein wahres Actionfeuerwerk.
Langer Rede kurzer Sinn: Erst als Spielberg - ja ebenfalls bestens für platte Botschaften bekannt - die Story auf den simplen Nenner brachte „Es geht um einen Teenager und sein erstes Auto“, habe Bay in rührseliger Erinnerung an die eigene Jugend zugesagt. Na ja, wers glaubt. Er konnte jedenfalls „überzeugt“ werden.
Wer jetzt ein ähnliches Desaster wie Pearl Harbour erwartet, sieht sich angenehm überrascht. Vielmehr ähnelt Transformers Bays bis dato erfolgreichstem (Mach-)Werk, dem Endzeit-Blockbuster Armageddon. Der war zwar ebenfalls reichlich platt, punktete aber (trotz Ben Affleck) mit einem hervorragend aufgelegte Darstellerensemble (u.a. Bruce Willis, Billy Bob Thornton und Steve Buscemi), gut getimten Gags und einer zumindest in Ansätzen zu erkennenden Selbstironie.
Auf diesem Gebiet kann auch Transformers überzeugen. Vor allem die Rahmenhandlung um den leicht verklemmten Teenager Sam (Jungstar Shia LaBeouf) und seine ersten Erfahrungen mit Autos und Mädchen hat ein paar wirklich witzige Momente. Auch der Ausruf eines Teenies beim ersten Großangriff der „bösen“ Roboter - Achtung Spoiler - „Das ist viel cooler als Armageddon“ ist ein toller Lacher und offenbart einen ungewohnt selbstironischen Michael Bay. Charaktermime John Torturro schließlich gibt einen herrlich abgedrehten Agenten einer ultrageheimen Spezialeinheit und schafft das Kunststück, den Unterhaltungswert des Films zu steigern und gleichzeitig seinen spleenigen Charakter vor dem Absturz in die Lächerlichkeit zu bewahren.
Das größte Plus des Films ist allerdings, dass der eigentlich zutiefst militaristische Plot (für Bay) erstaunlich unpatriotisch daherkommt. Soldatisches Heldentum wird zwar (erneut) durchaus ästhetisierend in Szene gesetzt, kommt aber weit weniger triefig als in Armageddon und vor allem in Pearl Harbour daher. Natürlich darf das US-Militär seine neuesten Waffensysteme präsentieren, muss aber auch selbst reichlich Prügel einstecken (o.k., nur von einer hoch entwickelten Alien-Roboter-Species, aber immerhin). Auch die US-amerikanische Flagge wird (erfreulich) sträflich vernachlässigt.
Auf dem Terrain seiner traditionellen Stärken lässt Bay erst recht nichts anbrennen. Die Spezialeffekte sind sowohl bei den zahlreichen Verwandlungen der Roboter (vornehmlich in Autos und Flugzeuge), wie auch bei den Kampfszenen allererste Sahne. Auch wenn die finale Auseinandersetzung etwas zu lang geraten ist, hier haben die Spezialisten von ILM wieder ganze Arbeit geleistet und eine Oscarreife Leistung abgeliefert.
Neben den Schauwerten kann Transformers vor allem in punkto Unterhaltung überzeugen. Lässt man sich einmal auf die zugegebenermaßen äußerst dümmliche Story ein, kann man ordentlich Spass haben. Ein kindliches Gemüt schadet jedenfalls auf gar keinen Fall. Der Film bietet allerbeste Popcornunterhaltung, ohne aber einen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen. Fans von Michael Bay und dem „Pre-Private-Ryan-Spielberg“ können unbesorgt zugreifen. Sie werden nicht enttäuscht. Der Umkehrschluss hat allerdings ebenfalls Gültigkeit. Wer Bays bisheriges Oevre ausschließlich für dumm, laut und platt hält, wird auch nach Transformers kein Bewunderer des Bruckheimer-Zöglings werden. Kurz: Wo Michael Bay draufsteht, ist auch Michael Bay drin. Und das ist hier durchaus wertneutral gemeint.
(6,5/ 10 Punkten)