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Regisseurin Mimi Leder („Pay It Forward”) gehörte wie Kollegin Kathryn Bigelow („Point Break“, „Strange Days“) zu den ganz wenigen Frauen Hollywoods, denen die Studios in den Neunzigern zutrauten Blockbuster zu inszenieren. Ihren richtig großen Erfolg feierte sie ein Jahr später mit dem an den Kinokassen im Konkurrenz zu Michael Bays „Armageddon“ zwar nur die zweite Geige spielenden, aber immerhin weltweit über 300 Millionen Dollar einspielenden „Deep Impact“.

Mit „Project: Peacemaker“, der etwas hinter den Erwartungen zurückblieb, zeigte sie jedoch schon vorab, dass sie sich in einem Genre behaupten kann, das eigentlich eine reine Männerdomäne ist und war – dem Actionthriller.
Nach dem Drehbuch von Michael Schiffer („Colors“, „Crimson Tide“) inszeniert sie hier einem ziemlich rasanten Streifen, der ein anfängliches Tempo wie bei Kollege Bay vorlegt, brisant wie ein Bond-Abenteuer daherkommt und frei von visuellem Übereifer dennoch auf dem Boden der Tatsachen ohne blendenden Effektschnickschnack eine Story erzählt, die angesichts der Ereignisse am 11.09.2001 realer als jemals zuvor erscheint, auch wenn der damalige Hintergrund noch ein anderer war.

Der Unfall eines Zugs in Russland, der Atomraketen zur Verschrottung transportierte, ruft Dr. Julia Kelly (Nicole Kidman, „Dead Calm“, „Cold Mountain“) als zuständige Angestellte des Weißen Hauses auf den Plan. Für sie wird der pragmatische Lt. Col. Thomas Devoe (George Clooney, „Ocean's Eleven“, „Syriana“) abgestellt, um Licht in die verschleierten Hintergründe zu bringen. Denn die auf den Zugzusammenstoß folgende atomare Explosion wurde absichtlich ausgelöst und offenbar wurden noch vorab Sprengköpfe aus dem Zug entfernt...

Mimi Leder legt ab der ersten Minuten viel Wert auf ein hohes Tempo, einen soweit realistischen Anstrich und keine übertriebene Anzahl bekannter Klischees, die vor allem Russland und seinen Militärapparat betreffen. Die versauern ohnehin kommentarlos abseits des Filmgeschehens, als würde sie das Geschehen gar nichts angehen. Gut, nennen wir sie träge, aber wenn amerikanische Streitkräfte schon das rote Telefon läuten, sollte man schon erwarten, dass die Jungs etwas schneller auf Trapp zu bringen sind.

Der nächtliche Überfall auf den Zug inklusive Diebstahls wurde leider in etwas zu düsteren Bildern festgehalten, wohl auch um die nicht perfekte Tricktechnik zu offensichtlich entlarven zu können, überzeugt dennoch als Einstieg schon einmal mit seiner Kompromisslosigkeit zum strammen Score von Hans Zimmer, der sich auch hier nicht neu erfindet, aber dem solche Themen nun einmal meist liegen.

Über das Filmduo selbst erfährt man nicht allzu viel, aber zumindest sind sie keine allzu verbrauchten Stereotypen. Kelly, noch neu in ihrem Job und deswegen etwas unsicher und bei weitem nicht so entscheidungsfreudig wie Devoe, sieht sich schnell in einen drohenden Zwischenfall hineingezogen, der ihre kühnsten Vorstellungen schon etwas übersteigt, die vom kaltschnäuzigen Devoe aber zunehmend abgehärtet wird. Sonderlich sympathisch sind ihre seine halblegalen Methoden zwar nicht, aber angesichts seiner regelmäßigen Erfolge, schluckt sie ihre Proteste nach den ersten Erfahrungen mit ihm runter.

Die guten Actioneinlagen (u.a. eine Autoverfolgungsjagd in Wien) hält den Zuschauer weiterhin bei Laune, was man von der Story weniger behaupten kann, denn ihr fehlen eindeutig die Gesichter. Das lange Zeit versteckte Begleitmotiv des Diebstahls gereicht zum Schluss in New York zu einem hochspannenden Showdown, was jedoch nicht entschuldigt der Gruppierung kaum Zeit zu lassen sich auch mal zu erklären. Das geschieht nämlich erst spät per Video. Devoe wildert zwar ganz ruppig die Informanten und Freunde ab, liest fleißig Faxe und telefoniert, bis er endlich viele nichtssagende Namen und einen Anhaltspunkt hat, wahrlich mitreißend sind seine Fortschritte für das Publikum aber nicht.

Die Suche nach den wirklichen Hintergründen, die auch gar nicht so aus der Luft gegriffen sondern ziemlich bodenständiger Natur sind, kosten zur Filmmitte dann etwas Interesse, weil der Fall damals noch brisanter als heute war und die Zielpersonen auch gar nicht so markant gezeichnet werden. Mir persönlich fehlten in dieser Hinsicht einfach zwei bis drei charismatische Gegenspieler, die ebenso leidenschaftlich verkörpert werden, denn letztlich bleiben sie, ob abtrünniger General oder verzweifelter Witwer, doch kaum im Gedächtnis haften. Damit bleibt es immer der Action und der temporeichen Inszenierung überlassen, das Szenario am Laufen zu halten.

Und da erweist sich Mimi Leder ein ums andere Mal als echte Könnerin. Vor allem das Stoppen des mit den Sprengköpfen beladenen LKWs mittels Kampfhubschraubern sei da als echtes Highlight mit Shootouts, halsbrecherischen Stunts und dem über das Geländer bedrohlich in die Tiefe schaukelnden Fahrzeugs genannt.
Richtig kitzelig wird es jedoch eigentlich erst im finalen Showdown, als die Zielperson mitten in der Rush Hour in den vollen Straßen untertaucht und man streng darauf bedacht ist ihn so aufzuspüren, dass er keinen Verdacht schöpft. Hektisches Gehetze durch Gebäude und Straßenzüge inklusiver einer schlussendlichen Bombenentschärfungssequenz stehen dabei auf den Programm und Leder ist ziemlich gut darin den Beteiligten und damit dem Zuschauer keine Atempause zu gönnen.

Nicole Kidmans Fähigkeiten sind in diesen zwei Stunden nie ein wesentlicher Bestandteil. Ja, sie wirkt unterbeschäftigt und von ihrer Rolle wenig gefordert, wenn man vom körperlichen Einsatz absieht. Was ihr hier abgefordert wird, schüttelt sie genauso aus dem kleinen Finger wie George Clooney in seinem ersten Jahr als Hollywood-Star. Als impulsiver Macho, der immer mit dem Kopf durch die Wand will und stets die richtigen Entscheidungen trifft, hat er zwar die Sympathien auf seiner Seite, aber mehr auch nicht. Soll für diesen Film dennoch ausreichen.

Ambitionen, dass der Film so ein Thema auch einmal aus einem kritischen Blickwinkel betrachtet, keimen selten auf, auch wenn die Sniper von den Dächern auch schon mal unschuldige Zivilisten über den Haufen schießen und auch obwohl nie primär amerikanischtypischer Patriotismus in den Vordergrund rückt, so ist doch eigentlich klar, dass unter dem Deckmantel des brisanten Thrillers letztlich die Angst vor terroristischen Anschlägen zunutze macht und Amerika zum eigenen Schutz wieder alles in die eigenen Hände nehmen muss, weil Russland so lahm und inkompetent ist.


Fazit:
Für Hollywood verhältnismäßig in der Realität verankerter Actionthriller, der sich nicht ausführlich in der Sonne des Patriotismus’ räkelt, sondern sein nachvollziehbares Szenario temporeich und visuell kernig wie bodenständig bebildert. Die politischen Hintergründe waren seinerzeit gegeben, der Racheakt aber schluderig recherchiert (als würden nur amerikanische Konzerne Waffen herstellen und sie in Krisengebiete verkaufen). Immerhin spekuliert Mimi Leder nicht mit Szenen, die den Zuschauer vor den Kopf stoßen (u.a. die genaue Darstellung des Zugunfalls) und nur deswegen ihre Daseinsberechtigung haben, sondern verlässt sich auf die Jagd nach den Sprengköpfen. Das furios startende Drehbuch schwächelt aber zusehends, verleiht nicht allen Drahtziehern Gründe für ihrer Tat und vergisst irgendwo interessante Figuren zu platzieren. Selbst das Duo Kidman / Clooney, eigentliche Hochkaräter, fallen nicht weiter auf.
Ganz spannend läuft „Project: Peacemaker“ dennoch ab, obwohl dir Brisanz mit der Zeit an Auflösungserscheinungen zu knabbern hat. Allemal solide Genrekost, Highlights sehen hingegen anders aus.

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