Review

Extended Cut 


Global Player No. 1

Ridley Scott ist schon lange kein Revolutionär und Vorreiter mehr. Klar, werden unsterbliche frühe Meilensteine wie der 1-2-Punch „Alien“/„Blade Runner“ niemals in Vergessenheit geraten, aber in den letzten 20 Jahren wärmte er eher zeitlose Genres, Themen, Ideen und Muster neu auf, statt eigene Wege zu gehen und Zeichen zu setzen. Aber wer mag ihm das verübeln, wenn selbst dann noch solche Meisterwerke wie „Gladiator“ oder „Black Hawk Down“ dabei entstehen, die ihren jeweiligen Genres zwar nichts Neues abgewannen, diese dennoch erfolgreich bereicherten und updateten. Nicht anders ist das bei der Gangsterballade „American Gangster“ rund um ein All-Star-Cast und das Leben und Treiben eines gewissen Herrn Frank Lucas - den ersten und größten schwarzen Drogenbaron der USA, der in seiner Blüte nicht nur das reinste und legendärste Zeug auf die Straßen von NYC brachte und sich zum wohl reichsten, angesehensten Mann der Stadt machte, sondern auch über den italienischen Mafiafamilien stand und ganz neue, revolutionäre Dinge wagte, damit ähnliche Zeichen für die schwarze Community setzte, wie ein Martin Luther King oder Malcolm X - nur eben als zweischneidiges Schwert, da seine Drogen natürlich etlichen schwarzen Vätern und Müttern ihre Kinder nahm...

Natürlich kennt man viele Muster und gar ganze Szenen aus noch größeren und bekannteren Werken des Genres - von „Scarface“ über „Donnie Brasco“ bis zur „Godfather“-Trilogie, von Clubszenen mit hübschen Frauen über verqualmte Ermittlungsverfahren bis zu Attentaten in dunklen Gassen. Und dennoch steht „American Gangster“ seinen Mann im Ring, selbst gegen die unumstrittensten Klassiker seiner Schublade. Denzel Washington unterstreicht hiermit seinen Legendenstatus, nur wenige Performances von ihm finde ich noch besser. Er ist Herz und Seele dieses ruhigen Epos'. Dann wäre da noch Crowe als sein Gegenpol, auch nicht minder beeindruckend. Und etliche bekannte Gesichter in Nebenrollen. Schauspielerisch ist das schwer zu toppen und auf Scorsese-Niveau. Dazu kommt, dass das Feeling der 60er und 70er imposant eingefangen wird, von der Ausstattung bis zum rauen Look des Bildes. Der Score ist gut, auch wenn ich es immer wieder schade finde, dass das gleichnamige Jay-Z-Album nur „inspired by“ war, es kein Song davon in den Film schaffte. Dafür ist der fast drei stündige Extended Cut noch runder und feiner, er geht vor allem charakterlich tiefer, die Zeit verfliegt gekonnt und auch ohne allzu viele offensichtliche Highlights wirkt die gesamte, erdige Collage... meisterhaft. Ich kann es nicht anders sagen. Und die neue 4K-Blu-Ray lässt dieses in neuem, grieseligem Glanz erstrahlen. Und dann habe ich die mega interessanten und diskussionswürdigen Kernaussagen zu Fortschritt, Vorbildern und Kapitalismus noch nichtmal angeschnitten... 

Fazit: grandios aufgelegte Superschauspieler, ein klasse Style, ein top aufgelegter Regieriese (selbst wenn er das Rad hier alles andere als neu erfindet) - „American Gangster“ ist ein authentische Achterbahnfahrt als laidback Crimemovie getarnt, eine Gangstercollage über Gier, Macht und... Kapitalismus in seiner reinsten (wenn auch illegalsten) Form?! Geiles Teil mit Mehr- und Wiederspielwert. Wird von Mal zu Mal besser und runder. Ein unterschätztes Epos! 

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