Dass Denzel Washington auch Bösewichte spielen kann, wissen wir ja seit Training Day. In dem auf wahren Personen basierenden Film American Gangster mimt er nun das Oberhaupt eines Gangstersyndicats, das auch vor Korruption und Mord nicht zurückschreckt. Bei den realen Ereignissen in den 70ern wurden damals 3/4 aller Polizisten der Drogenfahndung wegen Korruption festgenommen, und die Enthüllungen über die Rolle, die die Army beim Drogenschmuggel aus Südostasien in die USA spielte, erschütterte ganz Amerika.
Der ganze Skandal basiert auf der Person des Frank Lucas. Dieser hatte auf eigene Faust das Syndicat seines ehemaligen Chefs übernommen, seine Familie als Vertraute aus North Carolina einreisen lassen und sich persönlich um Kontakte in Südostasien gekümmert, um reines, ungeschnittenes Rauschgift zu bekommen und zu Discount-Preisen unters Volk zu bringen. Er setzte andere Syndicate und selbst die Mafia derart unter Druck, dass diese schließlich unter ihm arbeiteten. Und alles, ohne selbst in Erscheinung zu treten. Ein schwarzer Don Corleone, der in Reichtum schwelgte, auf der Straße beliebt und bvei der Mafia gefürchtet war.
Dem gegenüber stand der letzte ehrliche Bulle New Yorks in Form von Russel Crowe. Ganz ohne Heiligen- oder Heldenschein nahm dieser dem Kampf auf, scharte eine loyale Truppe Cops um sich und begann von unten an, dem Drogenschmuggel Herr zu werden. Dabei galt es die Syndicatsstrukturen ebenso aufzudecken, wie das riesige Netz der Korruption zu umsegeln, da sonst keine verdeckten Ermittlungen mehr möglich gewesen wären.
Der Film besticht durch seine 70er Jahre Atmosphäre und eine Riege hervorragender Haupt- und Nebendarsteller wie Ted Levine, Cuba Gooding Jr., Joe Morten und einem ekeligen Josh Brolin. Fährt auch mal unbemerkt ein modernes Taxi hinten durchs Bild, wurde doch der Look und das Feeling der Zeit treffend eingefangen, Schlaghosen und Afros, Seidenanzüge und Koteletten sorgen für die nötige Autentizität.
Es fällt einem jedoch schwer diesen Gangsterboss zu verabscheuen, obwohl er im Endeffekt für den Tod so vieler Junkies verantwortlich ist. Selbst als er auf offener Straße einen Konkurrenten erschießt, nimmt man es ihm nicht übel. Man findet es ehrlich gesagt sogar cool. Erschreckend. Allerdings kann man es nicht denzel Washington anlasten, er strahlt schon die erforderliche Härte und Skrupellosigkeit aus. Aber die Figur wurde halt sehr ambivalent angelegt, er ist nett zu den kleinen Leuten, er ist liebevoll zu seiner Mutter, Familie hat einen hohen Stellenwert, er geht in die Kirche, ist ein respektables Mitglied der (schwarzen) Gesellschaft. Umso krasser dann seine Ausraster, da kriegt dann auch einer seiner Brüder mal einen gebrochenen Kiefer. Meiner Meinung nach eine gelungene Charakterisierung - Menschen sind halt nicht nur gut oder nur böse.
American Gangster ist sehr lang und daher zeitweilig etwas langatmig. Allerdings haben wir die Extended DVD-Version gesehen, in der gut 30min unsynchronisierte Szenen eingefügt waren. Die ebenfalls auf der DVD enthaltene Kinoversion wäre wahrscheinlich etwas knackiger gewesen, die zusätzlichen Szenen kann man aber durchweg nicht als überflüssig bezeichnen. Gerade zum Ende hin gibt es dort erhebliche Abweichungen, die im Prinzip einen ganz anderen Filmtenor vermitteln. Ich empfehle daher unbedingt die verlängerte Version zu schauen.
Dennoch waren wir uns einig: an Der Pate wird man sich noch in 100 Jahren erinnern, an American Gangster...eher nicht.