Na dann also "24" in der "Rashomon"- Variante! Genau dieser Gedanke dürfte wohl den ein oder anderen Zuschauer bei der Ansicht des vielversprechenden Trailers befallen haben. Weiterhin schien es sich um einen durchaus gesellschaftskritischen, innovativen Reißer zu handeln. So mancher wurde dann aber später bei der Ansicht von "8 Blickwinkel" eines besseren belehrt.
Als der Präsident der Vereinigten Staaten (einigermaßen souverän: William Hurt) im spanischen Salamanca eine Rede gegen den Terror halten will, fallen plötzlich Schüsse. Wenig später kommt es inmitten des entstandenen Tumultes zu einer Explosion, die weitere Menschenleben fordert. Leibwächter Thomas Barnes (teils recht hölzern: Dennis Quaid) macht sich auf die Suche nach den Drahtziehern dieser Aktion, wobei ihn das Bildmaterial von TV-Produzentin Rex (auf Autopilot: Sigourney Weaver) auf eine wichtige Spur bringt. Doch Barnes ist nicht der einzige, der in die folgenden Geschehnisse aktiv eingreift. Auch sein Kollege Kent Taylor (schlägt sich wacker: Matthew Fox aus "Lost"), ein engagierter Zivilist (trotz schwacher Rolle, die beste Leistung im Film: Forest Whitaker) sowie ein undurchsichtiger Polizist (Spanien-Export Eduardo Noriega) verstricken sich in die Angelegenheit und geraten dabei in Lebensgefahr. Dabei offenbart sich nicht nur, dass noch weitere Personen entscheidenden Beitrag an dem Anschlag hatten, sondern es kristallisiert sich vor allem ein Credo für die einsetzende Kette an Ereignissen heraus: Nichts, aber auch gar nichts ist wie es scheint!...
Attentate auf Staatsoberhäupter wurden nun schon des Öfteren in Film und Fernsehen durchexorziert. Der Thriller "Gegen die Zeit" mit Johnny Depp war so ein Kandidat. Ebenso dürfte auch noch "In the line of fire" in den Köpfen herumspuken- und sei es nur, weil dies noch einer der besseren Filme von Wolfgang Petersen war, der in der letzten Zeit nur noch ideenarme, seelenlose Popcornware ablieferte. Besonders die Echtzeitserie "24" bot ein reines Potpourri an Anschlagsversuchen und Terrorszenarien. Kein Wunder, dass ein anderer Ansatz gewählt werden musste, um dem Publikum ein relativ verbrauchtes Thema wieder schmackhaft zu machen. Und in der Theorie geht dies auch bestens auf, verspricht der Perspektivenwechsel doch gleich zweierlei: Abwechslung und Komplexität. Gerade da liegt aber der Hund begraben, denn wo ersteres noch in Ansätzen vorhanden ist, kann von letzterem überhaupt nicht mehr die Rede sein. Sieht es doch so aus, als hätten die Macher am Ende Angst vor der eigenen Courage bekommen. Nicht nur, dass die verschiedenen Blickwinkel allesamt viel zu kurz abgehandelt werden und eine womöglich angestrebte Tiefgründigkeit damit automatisch flöten geht. Zum Finale hin wird dieses Muster auch noch komplett fallen gelassen (statt einer subjektiven Perspektive, wird nun in eine konventionelle Objektivität gewechselt). Angesichts der überwiegend oberflächlichen und teils auch einfallslosen Blickwinkel zuvor, zwar eine letztlich gute Entscheidung. Doch man kann sich des Eindrucks nicht erwähren, dass hier auf ein möglichst gefälliges Ende geschielt wurde, um auch ja keine negativen Publikumsstimmen wegen einer zu komplizierten Handlung aufkommen zu lassen. Deshalb mag "8 Blickwinkel" auch vieles sein, aber originell und vielschichtig ist der Streifen zu keiner Zeit. So entpuppt sich die ganze Anschlagsgeschichte denn auch als recht durchschaubares Intrigenpuzzle mit etlichen Klischees und verdammt wenig Logik. Tatsächlich kann man das Drehbuch als Hauptärgernis des Films ausmachen, da vieles einfach nur konstruiert bzw. reichlich bemüht wirkt und uralte Genremuster wiederverwertet werden. So gibt es natürlich eine attraktive und zugleich gefährliche Frau, die mit den Terroristen im Bunde ist. Ein Verräter in den eigenen Reihen ist auch noch zu finden. Die Hauptfigur (in diesem Fall kann man diesen Part guten Gewissens Quaid zuordnen) hat natürlich an einem kleinen Trauma zu knabbern (die übliche Leibwächter wurde angeschossen, als er den Präsidenten beschützen wollte- Story). Ein kleines Mädchen muss ständig gerettet werden, was dann im Finale auch zu einer direkt aus der Mottenkiste stammenden "Rettung in letzter Minute"- Situation führt. Die Terroristen sind dann doch wieder fast alle Ausländer und am Ende retten die Amis selbstredend den Tag!
Was sich nun alles recht böse anhören mag, ist im Grunde gar nicht mal so schlimm. Das Problem ist nur, dass "8 Blickwinkel" mehr verspricht, als er halten kann. Anstelle von intelligentem Actionkino, verbleibt somit ein erstaunlich simples Filmchen, das wohl keine einzige neue Idee für sich beanspruchen kann. Aber- und das ist das entscheidende: da in den rund 90 Minuten auch nie Langeweile aufkommt und die Macher schließlich noch mit einer recht adrenalinhaltigen Verfolgungsjagd aufwarten können, in die u.a. Quaid und Fox involviert sind, sorgt der Streifen dennoch für passable Unterhaltung und lässt über so manchen hirnrissigen Moment (Beispiel: Quaid steigt aus seinem völlig zerbeulten Wagen und wird von dem Unfallverursacher so angesehen, als hätte er ihm lediglich die Vorfahrt genommen) einigermaßen hinwegsehen. Ganz zu schweigen von den holzschnittartigen Figuren. Dass die sonst großartige Sigourney Weaver jedoch in einer so dermaßen nutzlosen Rolle verheizt wird, kann man dem Streifen allerdings übelnehmen. Matthew Fox empfiehlt sich immerhin für größere Parts und beweist, dass er auch im Kino und nicht nur in der derzeit erfolgreichsten Mysteryserie eine gute Figur macht. Alles in allem wage ich die Behauptung, dass hier mit einem besseren Skript und einer längeren Laufzeit (vorzugsweise über zwei Stunden) durchaus ein kleines Genre-Meisterwerk drin gewesen wäre. Doch es hat nun mal nicht sein sollen!
Fazit: Netter Thriller, bei dem im Finale auch Actionfreunde auf ihre Kosten kommen, der jedoch viel von seinem Potenzial verschenkt. Für Zwischendurch eine recht kurzweilige Angelegenheit. Aber trotz seiner (im Übrigen allgemein unterforderten) Starbesetzung nichts, was lange hängen bleibt!
Knappe 6/10 Punkten