Im Genre des sogenannten „Copfilms“ besteht die größte Kunst darin, dem Plot einige neue Seiten aus dem Alltag des Polizistendaseins abzugewinnen, wobei in der Vergangenheit das Meiste an gesellschaftlichen Veränderungen, guten und bösen Seiten, Zwiespalten oder Zerrissenheiten schon längst abgearbeitet wurde.
James Gray nun, der Regisseur von „Helden der Nacht“ ist durchaus detailversessen, wenn es darum geht, die Abgründe und Zerrissenheiten seiner Protagonisten ins rechte Licht zu rücken, dreht der Mann doch nur etwa alle fünf bis sechs Jahre mal einen Film und den dann mit einer inszenatorischen Besessenheit, die seinesgleichen sucht.
Leider findet dieses Talent keine unbedingte Entsprechung in der zu erzählenden Geschichte.
Die kommt dem interessierten Zuschauer ohne genaue Identifikation dennoch über die ganze Zeit irgendwie abgedroschen oder zumindest gut bekannt vor: zwei Brüder, der eine wie der Vater (und der seineszeichen Polizeichef) bei der Drogeneinheit, der Andere ein Nachtclubbesitzer ohne Bezug zur gesetzestreuen Restfamilie, dafür aber mit Kontakten in ein zwielichtig russisches Umfeld mit, ja man ahnt es schon, Drogendealern.
Das alles spielt 1988 und allein anhand der Grundkonstellation kann man sich hier leider schon an einer Hand abzählen, was alles passieren wird: der Abtrünnige gerät in kriminelle Schwulitäten, der Bruder wird niedergeschossen (und überlebt), der Vater ebenso (und stirbt) und am Ende übernimmt der Zögernde die notwendige Entschlossenheit, um den Vater zu rächen und dem Gesetz Genüge zu tun.
Was in alten Western immer extrem gut funktioniert hat, wirkt aber im Falle von oscarnomierten und sogar ausgezeichneten Darstellern im Cop-Milieu reichlich altbacken.
Gray beweist einiges Geschick darin, sich immer weiter in den verschlossenen Charakter des von Joaquin Phoenix dargestellten Bruders zu versenken, erst der sich verweigernde Partylöwe, selbst den Drogen nicht abhold, dann geschockt, dann aus einem moralisierenden Gerechtigkeitsimpuls widerstrebender Informant, dann Sonderbeamter, schließlich Polizeischüler und am Ende ein Mustergesetzeshüter, das einem die Ohren schlackern.
Das alles wird in einigermaßen gebrochenem Licht dargeboten, die langjährige Geliebte geht über soviel Enthusiasmus für die Familienehre natürlich irgendwann stiften, denn Spaß hat man so im Leben überhaupt nicht mehr.
Aber anstatt Verständnis für den Wandel der Figur aufzubringen, fühlt man eher mit der nicht weniger spaßorientierten und dennoch aufopferungsvollen Eva Mendes, die dem Cop-Zusammenhalt samt Mittelklassefamilien baldigst Lebewohl sagt und paradoxerweise gewinnt Phoenix Leben in den Augen des Betrachters weniger Sinn, als das er vielmehr in das generationsübergreifende Laufrad gespannt wird, dem niemand entkommen kann, obwohl er durchaus eine eigene Wahl hat.
Zu familienorientiert und wenig leichtlebig wird er am Anfang geschildert, sein Leben als Clubbesitzer scheint einfach eine etwas aufregendere Blaupause für die Standardfamilie des Bruders zu sein.
Phoenix ist in absoluter Hochform, gehört ihm doch der Löwenanteil am Film, obwohl Mark Wahlberg (als sein Bruder) praktisch auf der Besetzungsliste neben ihm steht. Doch das Skript macht aus ihm eine bessere Nebenrolle ohne größere Tiefe und Robert Duvall als knorriger Dad liefert eigentlich auch nur Allgemeinplätze aus dem Handbuch für Polizeifilme.
Und auch der Spielwille des Hauptdarstellers findet nur wenig Entsprechung in der Geschichte, wenn sich der Familienrenegat innerhalb von Minuten zum Uniformpaulus mausert.
Das ist schade, denn der ausgebleichte Look ist mal etwas Anderes als der sonst typische Visualisierungsstil der 80er Jahre, der meistens vor Farben überläuft. Und Gray schafft es, in einer denkwürdigen Sequenz der Autoverfolgungsjagd neue Seiten abzugewinnen, wenn eine Kolonne im strömenden Regen angegriffen, praktisch blind durch die Straßen jagt.
Letztendlich ein Paradoxon von einem Film, das überzogen etwas handlungstechnisch idealisiert (nämlich dein Freund und Helfer zu sein), jedoch diese Existenz nicht in die dafür nötigen Bilder kleiden kann, wenn die Polizisten fast alle nur als aufrechte und verhärmt-zerfressene Gesetzeshelferlein erscheinen, eine in sich abgeschlossene Kommune, die in mäßig umdekorierten Sporthallen miefig-kleinbürgerlich ihre Helden feiert, während am Buffet Häppchen gereicht werden. Persönlichkeit und Individualität scheint nicht vorhanden oder drittrangig zu sein, der Kreative und Hippe dieses Films zwängt sich selbsttätig in das Konzept zum Wohle der Gesellschaft. Daß er dabei sein bisheriges (gar nicht schlechtes) Leben komplett fallen läßt, ist nur eine zynische Schlußpointe, die zwar andernorts brilliant wirken würde, hier aber nur logische Folge und bräsige Belanglosigkeit provoziert. Ein Film, bei dem nicht weiß, wohin damit. (5/10)