Review

Erste Teenager-Liebe - Jungs, die unbedingt den ersten Sex wollen - Mädchen, die ihre Entjungferung planen - Swimmingpoolparty mit Striptease auf dem Sprungbrett - Verhältnis mit der Ehefrau des Sportlehrers - coole Typen ,vermeintliche Looser und viel nackte Haut - dazu eine ausgezeichnete Garde junger Schauspieler (Timothy Bottoms, Jeff Bridges, Cybil Shepherd, Randy Quaid...) ,klingt nach "American Pie (Urfassung)" ? - da fragt sich doch nur, warum dieser Film heute so wenig bekannt ist ? - Vielleicht weil Peter Bogdanovich diesen Film 1971 in Schwarz-Weiß gedreht hat ? - Oder weil er seine Charaktere ernst nimmt und die Folgen ihres Handelns?

Doch zuerst zur Story : Schauplatz ist eine Kleinstadt in Texas im Jahr 1952. In den ersten Bildern wirkt diese Stadt beinahe wie eine Geisterstadt. Der Wind pfeift durch die staubigen Straßen und dokumentiert die Baufälligkeit der Holzhäuser.
Im Mittelpunkt steht Sonny (Timothy Bottoms), ein ca. 17-jähriger Schüler der örtlichen Highschool und sein Klassenkamerad Duane (Jeff Bridges). Beide driften zwischen Schulalltag, Nebenjobs ,dem örtlichen Imbiss, der Pool-Halle und dem Stadt-Kino hin und her und versuchen sich ihre Zeit mit ihren Freundinnen und Kumpels zu vertreiben.
Dazu teilen sie sich einen altersschwachen Pick-Up, der auch das wichtigste Rückzuggebiet für die Versuche darstellt, den ersten Sex zu bekommen.
Die wichtigsten (und einzigen) Freizeiteinrichtungen der Stadt liegen in der Hand von Sam "dem Löwen" (Ben Johnson), der für die Jugendlichen so etwas wie ein Vater ist (die echten Väter tauchen im Film nicht auf, sie scheinen auch gar nicht mehr zu existieren). Er sorgt auch für einen stillen Jungen ,der von der Allgemeinheit als Dorftrottel angesehen wird, zu dem aber auch Sonny eine fast brüderliche Beziehung hat.

Die erste Hälfte des Films ist größtenteils den Geschehnisse des Alltags der Jugendlichen gewidmet, ihrer amorösen Verstrickungen und Versuche Spannung in ihr Leben zu bringen. Dabei kommt es durchaus zu Szenen, die an zeitgenössische Werke des Highschool-Films erinnern. Etwa als Jacy (Cybill Shepherd) und Duane das erste mal Sex machen wollen, während draußen die Schulkameraden warten - oder als Jacy , umgeben von lauter Nackten, auf dem Sprungbrett des Haus-Swimmingpools, einen Striptease macht.
Doch in allen diesen Szenen spürt man ,was in den Protagonisten vor sich geht - der Gesichtsausdruck Jacy`s während des ersten Sex mit Duane, läßt erahnen, warum dieser scheitert, der Strip auf dem Sprungbrett hat nichts voyeuristisches oder laszives an sich - es ist Jacy anzumerken, daß es ihr unangenehm ist, sie aber nicht feige und uncool sein will...
Auch die Beziehung Sonnys mit der 40-jährigen Frau des Sportlehrers ,auf die er sich sicherlich zuerst aus dem Wunsch nach Sex eingelassen hat, wird sehr ernsthaft geschildert und damit auch die Gefahr des Scheiterns...

Zur Mitte des Films kommt es zum Bruch dieser Vorgänge. Einerseits weil die Highschool für die Beteiligten zu Ende ist , andererseits weil Sam, der Löwe überraschend stirbt...

Es kann nicht so weitergehen wie bisher, jeder Einzelne muß Entscheidungen für sein weiteres Leben treffen und auch das Tempo dazu....

Die letzte Vorstellung des Stadt-Kinos ,daß ohne Sam nicht weiter funktioniert, dokumentiert diesen Abschluß und den damit verbundenen Zwang, etwas zu verändern...

Als ich den Film Mitte der 70er Jahre zufällig im Fernsehen sah (damals im Alter der Hauptdarsteller) war ich zutiefst verwirrt. Die Schwarz- Weiß Bilder und die im Jahr 1952 angesiedelte Geschichte vermittelten eine auch zu diesem Zeitpunkt schon länger zurück liegende Epoche (ich wußte damals nichts über den Film), doch die Umsetzung und das Handeln der Schauspieler vermittelten eine ungeheure Modernität und berührten auch meine damalige Situation direkt.

Deshalb täte man Peter Bogdanovich unrecht, diesen Film auf die Nachkriegszeit in der amerikanischen Provinz zu reduzieren. Sicherlich ist dieser Handlungsrahmen wichtig für die Dichte zwischen den handelnden Personen, aber die Erfahrungen, die Verhaltensmuster und die Konsequenzen, die jeder ziehen muß (oder verdrängen wird) haben ihre Allgemeingültigkeit behalten...

Aus meiner Sicht ein absolutes Meisterwerk : lakonisch erzählt ohne knallige Effekte, aber auch immer mit dem Gespür für das richtige Tempo. Eine zeitlose Studie der Vergänglichkeit und dem Zwang zur Veränderung, durchaus amüsant, aber sicherlich auch sehr ernsthaft...für Jeden, der sich darauf einlassen mag, eine wirkliche Entdeckung.(10/10)

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