Review

Zombies unter Affenmenschen

„Ich will allen meinen Willen aufzwingen!“

„Am Anfang war das Feuer“ in doppelter Hinsicht, denn zusammen mit „Conan – Der Barbar“ dürfte er Pate gestanden haben für Italo-Regisseur Umberto Lenzis („Die Kröte“) Urzeitmenschen-Vehikel „Er – Stärker als Feuer und Eisen“, der 1983 französisch koproduziert in die Kinos kam.

„Die Ungeduld ist die Tochter der Begeisterung!“

Der greise Anführer eines Höhlenmenschenstamms ist unschlüssig, ob sein impulsiver Sohn Vood (George Eastman, „Man-Eater“) oder der besonnene Ela (Sam Pasco, div. Schwulenpornos) seine Nachfolge antreten soll. Er tendiert zu Ela, was seinem Todesurteil gleichkommt: Während eines Angriffs durch einen anderen Stamm nutzt Vood die Gunst der Stunde und erschlägt seinen Vater, kurz darauf muss auch der Stammesälteste dran glauben. Daraufhin wird Vood aus seinem Stamm verstoßen und Ela übernimmt die Führung. Doch der zunächst ziellos durchs Neandertal streifende Vood entdeckt nach einem Vulkanausbruch ein länglich geformtes Stück Metall, das er zu einem Schwert umfunktioniert. Nun hält er sich für unbesiegbar, ist er mit dieser neuartigen Waffe allen anderen doch haushoch überlegen. Nach einem erfolgreichen Kampf gegen einen Löwen trifft er auf die attraktive Kriegerin Lith (Pamela Prati, „Sukkubus – Den Teufel im Leib“), die ihm den Floh ins Ohr setzt, nun nicht nur seinen Stamm zurückerobern, sondern das gesamte Tal unterjochen zu können. Also verbannt er zunächst Ela, bildet dann seinen Stamm an der neuen Waffe aus und überzieht das Tal mit seiner Tyrannei. Doch auch Ela lernt eine Dame kennen: Isa (Elvire Audray, „Amazonia – Kopfjagd im Regenwald“) macht ihn mit ihrem pazifistischen Stamm um ihren Vater Mogo (William Berger, „Keoma“) bekannt. Es kommt, wie es kommen muss: Auch Mogos Stamm wird von Vood und seinen Kriegern angegriffen…

Geschichtsunterricht auf Italienisch: Der Eastman-Schorsch entdeckt das Eisen und setzt es kriegerisch ein. Im Laubwald am Fuße des Vulkans begegnet man Plastikmammuts und echten Löwen, die so lange lebendig sind, bis Vood sie killt und sich aus ihren Köpfen eine alberne Fellmütze bastelt, die er dann den gesamten Film über zur Erheiterung des Publikums trägt. Wohl tatsächlich dran glauben musste ein Wildschwein, Lenzi konnte erneut nicht vom Tiersnuff lassen. Vood & Co., die es mit ihren Perücken und Lederschurzen eigentlich noch ganz gut erwischt hat, treffen im Wald hin und wieder auf noch primitivere Affenmenschen, die vermutlich Neandertaler sein sollen und von bedauernswerten Darstellern in Ganzkörper-Overalls inklusive Minipimmeln gespielt werden. Pornodarsteller Pasco wiederum ist ein echter Anabolika-Bomber, der seinen vollständig ausdefinierten Muskelleib durch die Botanik wuchtet, dabei keine Miene verzieht – außer in Konversation mit Isa, die ihm manch dümmliches Grinsen abringt. Da ergeht es ihm ähnlich wie den Zuschauerinnen und Zuschauern, die sich ob diverser grenzdebiler Dialoge ebenfalls das Grinsen nicht verkneifen dürften. Pamela Prati bietet in ihrer Rolle als garstige Lith Fan-Support, wenn die Brüste aus dem knappen Fellbikini lupfen, Kenner dürfen sich ferner über Elvire Audray freuen, die zwei Jahre später als Amazone im Regenwald auf Kopfjagd gehen durfte. Dass beide Mädels jeweils wie aus dem Nichts auftauchen, muss man ebenso hinnehmen wie das zahlreiche Archivmaterial von Fauna und Vulkanausbrüchen, mit dem Lenzi seinen Film streckt, wenn er nicht gerade in die Baumwipfel filmt.

Seien die Matte Paintings auch noch so hübsch anzusehen, ein Gefühl weiter Räume vermitteln sie kaum. „Er – Stärker als Feuer und Eisen“ wirkt wie in einer engen Kieskuhle gedreht, die von verschiedenen Stämmen regelrecht überbevölkert scheint. Wird das Blickfeld der Kamera eingeengt, um auf den Kriegspfad weit weg von zu Haus ausgezogene Krieger zu zeigen, wird dieses Motiv schon in der nächsten Einstellung ad absurdum geführt, wenn ihre Siedlung erkennbar lediglich rund 50 Meter entfernt liegt. Dazu passt dann auch der Stegkampf, der genau solange halbwegs aufregend wirkt, bis einer der Kämpfenden in Wasser stürzt, das sich prompt als lediglich knöchelhohe Pfütze entpuppt. Soweit zu den Schauwerten, die mit ein paar etwas deftigeren Spezialeffekten angereichert wurden – ach ja, und natürlich mit unvermittelt in einer Höhle auftauchenden Zombies bzw., Lenzi-typisch (man denke an „Großangriff der Zombies“), Infizierten, die die Handlung keinen Millimeter voranbringen und wie ein Fremdkörper wirken. Inhaltlich verhandelt „Er - …“ nichts Geringeres als den Pazifismus, hier naiv repräsentiert von Mogo, der um keinen Kalenderspruch verlegen ist und moralinsauer den Gutmenschen mimt, der sich natürlich alsbald von feindlichen Kriegern überrumpeln und das Leben aushauchen lässt. Pazifismus ist demnach lebensmüder Quatsch, wenn die anderen nicht mitmachen. Dennoch muss Ela die hübsche Isa erst noch überreden, sich aktiv gegen Vood & Co. zur Wehr zu setzen. Weshalb er Pfeil und Bogen dabei zu einer veralteten Waffe erklärt, um sie unmittelbar darauf selbst herzustellen und mittels ihrer letztlich Voods Schwertern überlegen zu sein, ist schleierhaft. Entweder hat hier die deutsche Synchronisation Kapriolen geschlagen, der Schnitt versagt oder Lenzi schlicht geschludert. Die Figuren bleiben weitestgehend eindimensional; woher genau Lith stammt und was ihr Antrieb ist, bleibt ebenso im Dunkeln wie der Grund für Voods Machtgeilheit und Mordlust.

Lenzis krude Mixtur aus Urzeitfilm und Barbarenklopper verzichtet auf phantastische Elemente, ist aber dennoch unterhaltsamer als manch mit Mystik und Fantasy versehener „Conan“-Rip-Off. In seiner technischen Unbeholfenheit und billigen Inszenierung strotz Lenzis Film nämlich nur so vor unfreiwilliger Komik. Einem Eastman mit irrem Blick und in wahnsinniger Raserei stellte man einen Möchtegern-Schwarzenegger mit genau zwei Gesichtsausdrücken gegenüber, der abseits dieses Films der Schwulenszene als Fetischobjekt galt. Sämtliche Darstellerinnen und Darsteller sind permanent halbnackt (von den Affenmenschen einmal abgesehen), ihr Geplapper, machtversessen und kriegerisch auf der einen, philosophisch und pazifistisch auf der anderen Seite, wirkt wie eine Parodie. Die De-Angelis-Brüder schwanken auf ihrem Soundtrack zwischen atmosphärischen, dezenten Klängen und laut in den Vordergrund justiertem, repetitivem Grunzen und beweisen damit einmal mehr, dass sie wirklich für fast alles zu haben waren. Ich habe mich königlich über diesen Volltrash amüsiert!

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