Review

Früher war alles besser, diese alte Floskel gilt, wenn es nach dem japanischen Starkomiker Hitoshi Matsumoto geht, offensichtlich auch für Superhelden.
Mit seinem "Dainipponjin" unternimmt Matsumoto seinen ersten Versuch raus aus den TV-Shows (bekannt sicherlich vor allem "Gaki no Tsukai") und auf die große Kinoleinwand. Fünf Jahre hat er dafür gewerkelt und neben der Hauptrolle auch gleich noch das Drehbuch geschrieben und Regie geführt.
Es steckt also viel vom brillanten Komiker Matsumoto in diesem Film, sollte man annehmen.

Doch wer jetzt mit schrillem Humor und Gags am Fließband rechnet, der irrt, denn "Dainipponjin" geht ganz eigene Wege.
Im Stil einer TV-Dokumentation begleiten wir erst einmal den normalen Menschen Daisato durch sein wenig aufregendes und glamouröses Leben.
Wir sehen seine bescheidenen Verhältnisse und in ständigen Interviewpassagen erfahren wir dass er eigentlich nicht wirklich etwas Interessantes zu erzählen hat. Er mag vor allem Dinge die bei Bedarf größer werden - keine wirkliche Überraschung. Die sind schon eher die auf Mauern geschmierten Schmähungen und Angriffe denen unser Held ständig ausgesetzt zu sein scheint und die er mit einer lethargischen Apathie ignoriert, selbst wenn ihm faustgroße Steine durch die Fenster fliegen.
In diesen Szenen zeichnet der Film ein düsteres und tragisches Bild des modernen Superhelden, immer wieder unterbrochen durch wirklich gemeinen, aber wirkungsvollen Humor. Manchmal weiß man nicht ob man lachen oder lieber weinen sollte wenn Daisato mal wieder bloß gestellt wird, wie im Treffen mit seiner Tochter, für die er ein Geschenk kauft und von der er stolz behauptet das sie ihn gern jeden Tag sehen wollte, bis sich dann im Interview mit ihr und seiner getrennt von ihm lebenden Frau herausstellt das der Kleinen ihr Vater eigentlich ziemlich egal ist. Es ist auch schon ein guter Ersatz in Sicht wie die Mutter durchblicken lässt.

Doch neben der persönlichen Tragödie thematisiert der Film auch den Verfall einer ganzen Nation, in der ihr letzter Superheld wie ein nerviges und überflüssig gewordenes Relikt behandelt wird.
So absolviert Daisato vor jedem Einsatz ein Ritual, dass nicht von ungefähr an die Samurai erinnert, wie er sich vor dem Kampf in einer religiösen Zeremonie Kraft verleihen lässt und dann entschlossenen und eiligen Schrittes im blütenweißen Gewand (die symbolische Farbe des Todes, die der Samurai als Zeichen seiner Bereitschaft bis zum Tod zu kämpfen trug) zur Transformation schreitet. Doch die wahre Bedeutung ist schon längst verloren gegangen, das Ritual wird durch das Kamerateam als hohle Farce entpuppt.
Darüber hinaus muss sich Daisato regelmäßig von seiner Managerin ermahnen und zur Werbefigur degradieren lassen, damit man wenigstens noch ein bisschen Geld verdienen kann, denn seine Kämpfe laufen ja eh nur noch im Nachtprogramm.

Und so geht Daisato weiter stur und unbeirrt seinem Niedergang entgegen.
Etwas Halt bieten ihm ein paar Bekanntschaften, mit denen eine wilde Karaoke Nacht verbringt und sein Großvater, der Dainipponjin der vierten Generation, der inzwischen etwas senil im Altenheim lebt (vermutlich ist der Strom daran Schuld) und den Daisato, der selbst unter seinem geltungssüchtigen Vater offensichtlich keine angenehme Kindheit hatte, oft besucht.

Als es dann allerdings neben privat und kulturell auch noch politisch wird, ist Daisato endgültig am Ende.
Hat er es in den wenigen eingestreuten Einsetzten schon immer mit sehr skurrilen Monstern zu tun, so taucht plötzlich eine Art roter Teufel aus der ihn ordentlich verdrischt und schließlich in die Flucht schlägt, und der wie sich herausstellt aus (Nord-)Korea kommt.
Plötzlich schnellen die Zuschauerzahlen wieder nach oben, doch Daisato hat keine Lust auf eine zweite Konfrontation mit dem überlegenen Gegner.
Stattdessen widmet er sich lieber wieder einfacheren Monstern, aber auch hier läuft nun alles schief, bis er schließlich als Kindesmörder am Pranger steht und in letzter Instanz einfach Zwangsverwandelt wird um sich endlich dem koreanischen Teufel zu stellen.

Mit diesem letzten, völlig abgedrehten Kampf endet dann auch der Film über den Dainipponjin, den großen Japaner, der eigentlich nur noch ein kleines Würstchen ist und dem am Schluss die übermächtigen Amerikaner den Arsch retten müssen.
Ein letztes Mal mischt sich skurriler und gemeiner Humor mit kritischen Metaphern vom Niedergang eines Landes und seiner Kultur.

Damit hat Hitoshi Matsumoto einen sehenswerten Einstand im Bereich Film abgeliefert.
Er hat sich all die nötigen Freiheiten genommen die nötig sind um einen Film abzuliefern von dem die Leute nun sagen können "so etwas hat man noch nicht gesehen", er hat vieles veralbert und durch den Kakao gezogen, hat aber auch immer wieder den Finger in japanische Wunden gelegt. Für den westlichen Zuschauer heißt das aber auch dass er mit japanischer Kultur und japanischen Befindlichkeiten halbwegs vertraut sein sollte, sonst bleiben für ihn nicht mehr als ein paar abgedrehte Monster und "kleiner Mann"-Drama.

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