Endlich schwingt sich der Spinnenmann zum dritten male unter der Regie von Sam Raimi durch die Häuserschluchten von New York.
Was ist von dem Film zu erwarten, der mit einem unverschämt hohen Budget von 300Mio $ protzt, und im Gegensatz zu den beiden ersten Teilen, nun gleich 3 Oberschurken auf den Titelhelden hetzen darf?
Viel! Die Gefahr besteht aber auch zu viel zu erwarten, und somit relativ enttäuscht den Kinosaal zu verlassen. Dabei handelt es sich immer noch um eine verdammt gute Fortsetzung, die alle Kriterien erfüllt, um die Handlung der Vorgänger konsequent weiterzuführen, und sich dabei auch mal wieder in den Actionszenen übertrifft.
Raimi hatte also viel vor mit seinem Dritten Teil. Doch 3 Schurken des Spidey Universums mit Charakterbackground in den Plot einzufügen, Peter mit seinem dunklen Ich kämpfen zu lassen, und Beziehungskrisen mit M.J zu bewältigen, sind fast schon zu viel für die knapp 140min.
Natürlich ist es erfreulich zu sehen, dass auch Comicverfilmungen recht komplex sein können, damit fährt die aktuelle Spiderman Filmreihe ohnehin auf einer vorbildlichen Schiene, doch hier wirkt ganze Ansturm an Motiven und Storywendungen überfrachtet, und nicht immer flüssig.
Da ist also zum einen Harry Osborne, der nichts anderes als den Tod seines Vaters rächen will, und diesen nach wie vor Spiderman, nun für ihn auch bekannt als Peter Parker zuschreibt.
Nach einer überaus rasanten Verfolgungsjagd durch enge Gassen scheint es sich der Film zunächst einfach machen, und lässt Harry kurzerhand durch einen Sturz das Gedächtnis verlieren.
Wie sich später rausstellt, nur vorübergehend, was die Handlung zu spannenden Szenen führt.
Die Einführung des Sandmans erfolgt unter teils sehr konstruierten Umständen. Marco Flynt entpuppt sich in Teil 3 als der wahre Mörder von Peters Onkel; der andere aus Teil 1 bekannte Verbrecher, war lediglich ein Komplize, der nichts mit dem Mord zu tun hatte.
Nach einer (recht unglaubwürdigen) Flucht (da das Klettern über einen Stacheldrahtzaun nicht ganz so einfach und schnell gehen dürfte) vor der Polizei stolpert Flynt mitten in ein höchst fragwürdiges Experiment, wodurch er schließlich zum mächtigen, schier unbezwingbaren Sandman mutiert.
Doch die Figur versicht den Zuschauern bereits in der ersten Szene kein böser Mensch zu sein, sondern lediglich Pech im Leben gehabt zu haben.
Und so stellt sich auch schließlich völlig vorhersehbar heraus, dass der Mord an Ben Parker lediglich ein Unfall war; es handelte sich alles nur um eine Anhäufung von dummen Zufällen, die offenbaren, dass der „Böse“ eigentlich in guten Absichten handelte.
Das ist zwar gut und nett gemeint, dürfte aber auch nur ganz naive Zuschauer überzeugen.
Das ist nun eines der Probleme von Spiderman 3!
Das plötzliche Erfinden einer Storywendung, die die Geschehnisse aus Teil 1 völlig auf den Kopf stellt wirkt leider arg konstruiert. Teil 3 kann von Glück reden den Mordanschlag auf Ben Parker in Teil 1 nicht direkt gezeigt zu haben, ansonsten hätte sich Raimi wohl etwas anderes einfallen lassen müssen, oder hat er womöglich bereits anno 2001 von Anfang an gewusst, was er für den dritten Teil wollte?
Nun denn, eine dritte Partei greift noch ins Geschehen mit ein; einer der markantesten Bösewichter im Spidey Universum, Venom. Anfangs zunächst als undefinierbarer Schwarzer Batzen flutscht dieses Ding durch Peters Zimmerwände, bis es schließlich dessen Anzug befällt und komplett schwarz färbt. Und damit präsentiert uns Teil 3 auch schon einen etwas anderen Peter Parker.
Der schwarze Anzug macht ihn zu einem sehr selbstsicheren und recht rücksichtslosen Zeitgenossen, der seinem Ruf als netter Spinne aus der Nachbarschaft nach und nach schädigt.
Eine gute Idee, die es erfolgreich schafft etwas Abwechslung in den stets braven und Sittenbewussten Peter Parker zu bringen. Mit neuer, frecher Frisur, macht Peter Parker seine Mitmenschen mit seinem Bad Boy Image unsicher. Es sieht zwar etwas albern aus, und Passanten wundern sich zurecht über das eher peinliche Getue Parkers, doch dieser lässt sich nichts anmerken, und kann mit diesem selbstsicheren Gehabe auch so einige Lacher für sich verbuchen.
Hat eigentlich nur noch gefehlt, dass er sich wie ein wilder Hengst an seine Nachbarin ranmacht, die mehr als offensichtlich auf ihn zu stehen scheint!
Doch bei all dieser Sinnlichkeit, die Peter aus allen Poren zu triefen scheint, realisiert er gar nicht mehr, dass Spiderman immer unbeliebter in der Stadt wird, und sich Mary Jane Watson wegen des fragwürdigen Verhaltens ebenfalls von ihm entfremdet.
Da wechselt Peter, immer noch geblendet von der eigenen Arroganz, zur blonden Gwen über, die er ohne weiteres seinem verhassten Arbeitskollegen Eddie Brock ausgespannt hat.
Leider ist deren Charakter mit wenig relativ wenig Screentime ausgestattet, und bildet nicht gerade einen kontrastreichen Gegenpart zur eher braven Mary Jane Watson. Verschenktes Potential, denn als arrogantes Flittchen würde sie einen guten Kontrast zu MJ setzen, was dem Drehbuch weitaus mehr Spielraum für Konflikte in dieser 3er Beziehung verschafft hätte.
Ähnlich ist es mit Topher Grace als Eddie Brock, der nach seiner Demütigung im Daily Bugle sich nur noch Peter Parkers Tod wünscht. Der schwarze Schleim, der einst Peter umgab, nimmt sich nun Eddie an, und mutiert durch die bösen Rachegelüste seines Wirtes zur ultimativen Schreckensbestie, Venom!
Dies geschieht jedoch leider etwas zu spät im Film, und damit badet Venom nicht gerade in einem großen Screentime-Becken.
Und so wirkt dann auch das Finale arg herbeigehetzt, als sich Sandman und Venom kurzerhand zusammentun um Spiderman in eine Falle zu locken.
Persönlich hätte ich mir andere Schurken für Spidey gewünscht. Venom ist zwar ein sehr interessanter Gegner, doch mit der eher bescheidenen Screentime, die auch erst gegen Ende des Filmes angeht, wurde das Potential dieses Spidey Erz-Schurken nicht wirklich ausgeschöpft.
Der Sandman ist zwar was das Effektgewitter angeht, ein Eyecatcher erster Kajüte, und hat dank des äußerst symphatischen Schauspielers Thomas Haden Church auch seine guten Momente, doch ein Shocker oder Mysterio wäre mir dennoch lieber gewesen.
Erneut einen Green Goblin einzuführen hielt ich zwar zunächst für eine Verschwendung, doch James Francos Figur Harry Osborn macht in dem Film einen interessanten Werdegang.
Trat er schon bereits in Teil 2 etwas mehr in den Vordergrund, wird er nun zu einem äußerst wichtigen Bestandteil von Teil 3, denn die interessantesten Wendungen sind seinem Handeln zuzuschreiben.
Und wenn er im Finale schließlich Peter zur Seite steht, wird deren grandiose Teamwork Action zu einem wahren Freudenfest.
Dass James Franco überdies noch über ein sehr angenehmes, facettenreiches Schauspieltalent verfügt, macht seine Performance als Harry Osbourne insgesamt zu einem wahren Knüller.
Der Rest des Schauspielerensembles ist, wie es sich für die Filmreihe gehört, in allen Belangen erste Klasse und gibt nie Grund zur Kritik.
Kirstin Dunst ist als Mary Jane Watson wie immer ganz nett, sieht super hübsch aus, und darf sich erneut entführen und retten lassen.
Kleines Schauspielhighlight ist auch hier mal wieder J.K. Simmons dessen stinkiger, profitgeiler „J. Jonah Jameson“ für die besten Lacher im Film sorgt.
Dass diese Figur quasi aus dem Comic entsprungen zu sein schien, ist bereits seit Teil 1 klar, doch nach Teil 3 wird es nun aller höchste Zeit JK Simmons Paraderolle nun auch in Serie zu schicken!
Auch hier sind dessen Wutausbrüche, die dieses Mal per Schockgerät in Zaum gehalten werden sollen, überaus spaßig und lockern den Film an den richtigen Stellen.
Von J.K. Simmons mal abgesehen hat auch Bruce Campbell wieder einen seiner berüchtigten Gastauftritte. Dieses mal überrascht er seine Fans als Rezeptionist in einem französischen Restaurant. Zwar versteckt er sich hinter Schnurbart und herrlichem französischen Akzent, aber man erkennt ihn sofort, und er stellt mal wieder sein Schauspieltalent unter Beweis und gibt einen authentischen Romantiker ab, der die Ideen Parkers von den Lippen abzulesen scheint.
Es macht immer wieder aufs Neue Spass Herrn Campbell in den Filmen zu entdecken.
Ebenso hat auch Stan Lee seinen traditionellen Kurzauftritt, wobei ihm das Drehbuch nun sogar einen kurzen Dialog spendierte.
Damit ist auch Spiderman 3 schauspielerisch mal wieder voll und ganz erhaben, was bei einer Comicverfilmung nicht immer der Fall ist.
Die Actionszenen werden wesentlich brauchbarer über die Laufzeit verteilt als beim Vorgänger, und selbige kann schließlich auch in ihrer Qualität überzeugen, die nicht mit irren Kamerafahrten und abgedrehten Stunts geizt.
Die Verwendung des 300Mio Dollar Budgets darf dennoch in Frage gestellt werden, denn der Film sieht nur unwesentlich teurer aus als der 200Mio Dollar Vorgänger.
Trotz all dem grandiosen Bombasts hätte ich mir dennoch mehr handgemachte Action gewünscht. Die Kran Szene zum Beispiel hätte nicht unbedingt am Computer entstehen müssen, da hat bereits Terminator 3 gezeigt, wie man einen durch Gebäude crashenden Kran ohne viel Computereffekte auf die Leinwand zaubert.
Doch dies sei dennoch verziehen, denn Spiderman 3 sieht trotz alle dem stets gut aus und dürfte für reichlich staunende Gesichter sorgen.
Dazwischen werden uns die Charaktere mit all ihren persönlichen Problemen näher gebracht, und lassen den Zuschauer auch mitfiebern.
Leider wie gesagt, nahm sich da Raimi etwas zu viel vor für seine Charaktere, so dass einige Handlungsstränge unbesprochen und übersehen wirken, wie etwa Parkers kurzes Zusammensein mit Gwen. Da hätte viel mehr sein können, Eddie Brodock alias Venom hätte ebenfalls mehr Aufmerksamkeit bekommen sollen.
Im Klartext heißt das also, dass dem Film etwa 20 – 30 zusätzliche Filmminuten besser getan hätten, und das wiederum bedeutet, dass der Film mit seinen tatsächlichen 140min alles andere als langweilig ist. Die epische Laufzeit verging wie im Flug, was bei den guten Schauspielern und dem hervorragenden Drehbuch kein Wunder ist.
Die Handlung aller Charaktere wird mit Interesse verfolgt und die Actionszenen sind spektakuläres Eyecandy. Ganz am Rande wird noch das Thema um Vergebung und Einsicht behandelt und rundet den Film optimal ab.
Erstklassige, und vorbildliche Blockbuster Unterhaltung, die zwar mit einigen Unglaubwürdigkeiten zu kämpfen hat, aber inhaltlich dennoch einen krönenden Abschluss in der (bisherigen) Trilogie findet.