Zum dritten Mal schickt Sam Raimi den spinnenhaften Fassadenkletterer los, der es in seinem dritten Abenteuer (ähnlich wie Batman in „Batmans Rückkehr“) mit gleich drei Gegnern zu tun bekommt.
Dabei scheint es für Peter Parker (Tobey Maguire) anfangs komplett rosig zu laufen: Die Stadt ist sicher, Spiderman beliebter denn je und die Angebetete, Mary Jane Watson (Kirsten Dunst), ist nicht nur mit ihm zusammen, sondern hat auch eine Anstellung am Broadway. Nur Harry Osborn, der Peters geheime Identität kennt, ist ein Problem: Er hat das Erbe seines Vaters angetreten und will als New Goblin mit Spiderman abrechnen. Das sind aber noch vergleichsweise leichte Probleme und getreu der alten Filmweisheit muss es erst schlimmer werden, bevor es besser wird.
So versteigt sich Peter in seine Popularität und sieht nicht, dass MJs Leben nicht nach Plan verläuft. Gleichzeitig mutiert Flint Marko (Thomas Haden Church), der wahre Mörder von Peters Onkel, bei einem Unfall zum Sandman und Venom, eine außerirdische Substanz, versucht von Peter Besitz zu ergreifen...
Damit geht also jener Hero in die dritte Runde, der als der menschlichste aller Superhelden gedacht war. Im Gegensatz zum zweiten Teil bleibt man diesem Konzept hier auch treu, allzu übermenschliche Aktionen (man denke an die idiotische Bahnszene im zweiten Teil) bleiben aus. So sieht „Spiderman 3“ neue Schritte in Peters Reifungsprozess vor: Den Gedanken an Heirat, aber auch die erste wirklich schwere Beziehungskrise für ihn und MJ. Das altbekannte Problem, dass der Held beim Kampf gegen Verbrechen zu wenig Zeit für Alltag, Privatleben und Freundin hat, wird dabei wieder aufgegriffen und das meist auch auf durchaus glaubwürdige Weise.
Dazwischen finden sich aber immer wieder Überzeichnungen, die das Konzept leicht stören und unnötige Witzeleien. Die Gags in der Restaurantszene sind noch ganz amüsant, aber spätestens wenn Peter unter Venoms Einfluss durch die Straßen läuft, aufgemacht als wolle er neuer Sänger von Placebo werden und sich künstlich wie ein Arschloch aufführt (gaffend, posend und tanzend), dann ist das Image des lebensnahen Helden wieder gefährdet. Auch die als potentielle MJ-Konkurrentin Laborpartnerin Peters ist einfach nur blond, was die Charaktereigenschaften (oder eher Klischees) angeht, sodass man die Beziehung der beiden nie in Gefahr sieht (nur dann, wenn sich Peter mal wieder unfassbar dumm bzw. ungeschickt anstellt). Zum Glück kriegt „Spiderman 3“ im letzten Drittel dann wieder Kurve zum ernsteren Film.
Sehr gelungen ist in diesem Teil die Auswahl der Bösewichte, die noch ambivalenter als ihre Vorgänger sind. Waren es vorher gute Menschen, die nach und nach immer böser wurden, so wandeln sich die Fieslinge hier mehrmals und sind nicht simpel gekennzeichnet. Flint, der spätere Sandman, begeht Verbrechen, um die Heilung seiner schwerkranken Tochter zu finanzieren, Harry ist zwischen alter Freundschaft und Loyalität für seinen Vater gefangen. Und Eddie Brock (Topher Grace), Peters beruflicher Konkurrent, der später von Venom besessen wird, ist zwar ein Arschloch und Karrierist, wird aber gleichzeitig von Peter einmal sehr schlecht behandelt, was auch seine Verletzlichkeit offenbart. So sind Schuld, Sühne und Loyalität wiederkehrende Themen, wenngleich das Finale den Komplex dann etwas sehr plakativ behandelt.
Leider hat das Drehbuch Probleme alle drei Bösewichte unter einen Hut zu bekommen und so wirkt „Spiderman 3“ etwas episodenhaft. Harry erleidet anfangs Amnesie, sodass der New Goblin erst mal weg vom Fenster ist, mal wähnt man Sandman besiegt und Venom als Version von Eddie taucht erst ganz spät auf. Daher wirkt das Script leicht zerfahren, sodass die Subplots um die Beziehung zu MJ noch die meiste Konsistenz besitzen. Darunter leidet natürlich die Spannung, da „Spiderman 3“ alle Stränge erst im letzten Drittel wieder zufriedenstellend zusammenführt.
Zudem leidet „Spiderman 3“ actiontechnisch unter den gleichen Problemen wie die Vorgänger: CGI-Overkill und Wackelkamera. Letztere wird sogar in einer simplen Prügelei zwischen Harry und Peter eingesetzt, damit man auch ja keinen Überblick behält. Allerdings macht „Spiderman 3“ seine Sache schon besser als die Vorgänger, ist in den meisten Actionszenen übersichtlicher und hat auch nette Ideen, was die Choreographie angeht. Gerade die erste Konfrontation mit dem New Goblin in den Straßenschluchten beweist Ideenreichtum und das ausführliche Finale ist wirklich kreativ und recht spektakulär in Szene gesetzt.
Tobey Maguire absolviert hier seine Paraderolle und das mal wieder ziemlich überzeugend, auch wenn ihn das Script gelegentlich im Stich lässt (z.B. in der überzogenen, bereits erwähnten Besessenheitsepisode). Kirsten Dunst und James Franco sind tadellos, Thomas Haden Church als menschelnder Schurke relativ überzeugend, Topher Grace nur OK. Ein Highlight hingegen J.K. Simmons als cholerischer Chef, ebenso die Gastauftritte von Stan Lee, Ted Raimi und Bruce Campbell.
Alles in allem macht „Spiderman 3“ ein paar Sachen besser als die Vorgänger, vor allem die Figurenzeichnung ist noch einfallsreicher und interessanter. Leider ist auch hier die Story nie so spannend wie sie sein könnte, wie die Vorgänger könnte sich „Spiderman 3“ etwas kürzer fassen und bei den Actionszenen stören CGI-Overkill und Wackelkamera gelegentlich den Spaß. Nette Unterhaltung, aber zu den großen Comicverfilmungen kann man nicht aufschließen, daher 6,5 Punkte meinerseits.