*** Der Text enthält Spoiler ***
Nach der endgültigen Rückkehr Lord Voldemorts ist die magische Welt in Aufruhr. Für den Kampf gegen den dunklen Lord versammelt sich daher der Orden des Phönix, dem unter anderem Sirius Black, Remus Lupin und Alastor Moody angehören. Auch Harry, Ron und Hermine sind in Hogwarts nicht untätig und scharen Gleichgesinnte zu „Dumbledores Armee“ um sich. Doch nicht nur Voldemort stellt eine Bedrohung dar, auch die vom Zaubereiministerium neu eingesetzte Schulleiterin Dolores Umbridge macht ihnen das Leben zur Hölle...
Vergleiche ziehen ist immer so eine Sache. Und gerade bei Literaturverfilmungen kann man das schon als sportliche Herausforderung verstehen. Soweit soll hier nicht gegangen werden, aber bei einer popkulturell so einschlägigen und erfolgreichen Reihe wie der um Harry Potter drängt sich die Betrachtung zwischen Vorlage und Filmumsetzung einfach auf. Da haben wir auf der einen Seite das längste Buch der Reihe im knapp vierstelligen Seitenbereich liegend und auf der anderen Seite den nach „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes – Teil 2“ kürzesten Film. Erwähnenswert ist all dies hier, da für mein Empfinden die bisherigen Umsetzungen zwar auch unter Anpassungen beim Transfer von einer Kunstform in die andere litten, dies aber immer noch im tolerablen Bereich geschah. Nicht, dass „Der Orden des Phönix“ eine vergeigte Umsetzung wäre, aber die Unterschiede treten hier deutlicher zu Tage als in jedem Vorgänger der Serie.
David Yates, seines Zeichens britischer Regisseur aus dem Fernsehbereich, kam hier in die Reihe und blieb auch bis zum Ende. Diese Entscheidung erschließt sich nach dem Ansehen von „Der Orden des Phönix“ nicht unbedingt, vergleicht man den Film mit denen der Vorgänger auf dem Regiestuhl innerhalb der Serie. Tatsächlich wirkt seine Inszenierung weniger episch und stellenweise wie (zugegebenermaßen gehobenes) TV-Niveau. Insgesamt fällt der Film zwar angenehm ernst aus, der aber durchaus vorhandene Humor ist jedoch weniger schwarz als er schon mal war und bisweilen deutlich harmloser.
Zugegeben, dass dies in Teilen auch der Vorlage geschuldet ist, die hier verstärkt mit ihren Charakterkonstellationen arbeitet um den Weg in Richtung Finale vorzubereiten.
Gleichsam wurde mit Michael Goldenberg ein neuer Drehbuchautor verpflichtet, dem die undankbare Aufgabe zukam, das seitenreiche Buch auf ein filmtaugliches Skript einzudampfen. Erhebliche Kürzungen sind da unvermeidbar (den Raum mit den Gehirnen sowie Quidditch sucht man leider vergebens und vom Schulalltag bekommt man kaum etwas mit), aber auch Änderungen in elementaren Handlungsstrukturen der Vorlage (Prophezeiung) sind vorzufinden, die Buchkenner vor den Kopf stoßen können. Diesen erschließen sich wohl auch eher die Hintergründe einiger Szenen (wie Kreachers Gegrummel). Der Orden stellt die Veränderung der gesamten Erzählung dar, weg vom „Abenteuer des Schuljahrs“ hin zum abschließenden großen Ganzen, der Konfrontation der Parteien, dem Kampf gegen Voldemort und der Auflöung der sich wiederholenden Schemata. Und an all dem haben die Beteiligten hinter der Kamera zu knabbern gehabt.
Insgesamt resultiert dies darin, dass Teil fünf der Reihe stellenweise wie eine Checkliste wirkt und von einem Plotpunkt zum nächsten springt. Da erhält Severus Snape ein bisschen mehr Hintergrund, werden neue Figuren (Mitglieder des Phönixordens, Bellatrix Lestrange, Luna Lovegood) ohne große Erklärung eingeführt und – was ein nicht zu übergehender Minuspunkt ist – wird Sirius Black uninspiriert und hastig ins Jenseits befördert. Dass der emotionale Einschlag hier nicht angemessen groß ausfällt liegt aber auch in einer falschen Setzung des Schwerpunkts der Beziehung zwischen Sirius und Harry. Seit „Der Gefangene von Askaban“ wissen wir, was Sirius für Harry bedeutet, doch kommt diese Beziehung im vorliegenden Film kaum über ein paar Worte und Blicke hinaus. Da hätte mehr Zeit investiert werden müssen. So verpufft der emotionale Effekt bedauernswerter Weise größtenteils.
Wie erwähnt, dürfte dies vor allem Kennern der Buchvorlage aufstoßen, denn rein als Film funktioniert „Der Orden des Phönix“ noch ganz gut – trotz der auch hier bemerkbaren Episodenhaftigkeit. Alles kann man dem Film allerdings nicht anlasten, stellt dieser Teil auch in Buchform nicht das Highlight der Reihe dar.
Für den Soundtrack verantwortlich zeichnet diesmal Nicholas Hooper. Die Filmmusik ist merklich weniger bombastisch, verfügt aber über einige schöne Stücke und Fragmente, verzichtet jedoch fast komplett auf Zitate aus früheren Teilen. Insgesamt liefert Hooper einen eher zurückhaltenden Beitrag ab, durchaus solide. Gleiches gilt für den erfahrenen, aber hier selten mehr als routiniert arbeitenden Kameramann S?awomir Idziak.
Man merkt dem Film die vielen Veränderungen an und die Frage, ob das alles wirklich sinnvoll war, darf sicherlich gestellt werden.
Ein leichtes Fremdeln liegt über der Inszenierung; wo es in den früheren Filmen immer etwas neues zu entdecken gab, geht das diesem Teil der Reihe ziemlich ab (Grawp ist dafür nun wirklich kein Ersatz) – es geht eben weiter. Klingt sehr negativ, allerdings passiert das alles professionell und dank der bekannten Darstellerriege, die allein durch ihre Präsenz ein heimeliges Gefühl heraufbeschwört, ist wieder viel gewonnen. Das Ensemble agiert sich in seinen (manchmal nur kurzen) Auftritten durch die Bank prima, auffallend ist nur Emma Watsons Minenspiel. Manchmal ist weniger doch mehr. Imelda Staunton ist als Dolores Umbridge eine kongeniale Umsetzung gelungen und verkörpert die Inquisitorin schön hassenswert. Leider wirken David Thewlis und Brendan Gleeson mit ihren Kurzauftritten recht verschenkt.
Auf darstellerischer Seite gibt es somit wieder kaum etwas zu kritisieren; es bleibt dabei, dass das Ensemble einen großen Anteil an der Qualität der Filmreihe hat. Gleiches gilt auch für die Designfraktion, die wieder einmal mehr als ansehnliche Sets geschaffen hat und die Ausstattung, die diese füllt. Die Welt wirkt immer noch in all ihrer Phantastik greif- und erfahrbar. Die Spezialeffekte sind größtenteils gelungen und derer gibt es viele. Wirken Figuren bisweilen immer noch künstlich (Zentaueren, gekidnappte Umbridge), sieht es beim Einsatz des Zauberstabs oder den Seterweiterungen wesentlich stimmiger aus.
„Der Orden des Phönix“ bleibt ein unterhaltsamer Film und spinnt die Geschichte flott weiter, wirkt aber letztlich nur wie ein Bindeglied, welches auf dem Weg zum großen Finale und der Jagd nach den Horkruxen ein paar Wegpunkte vorbereiten möchte und nebenbei etwas Figurenentwicklung betreibt. Der oft beschworene „sense of wonder“, den man den Vorgängern attestieren konnte, bleibt hier in der unspektakulären Inszenierung eher aus. So stellt Teil fünf zwar den schwächsten Beitrag der Reihe dar (einen halben Punkt kann man da durchaus noch abziehen), trotzdem funktioniert er soweit, dass das Weiterverfolgen der Reihe nicht zur reinen Pflichtübung wird.