Review

Aus einem langen Buch hatten Alfonso Cuaron und Team den bis dato kürzesten Potterfilm gemacht und es funktioniert. Bei „Harry Potter und der Orden des Phönix“ zimmerte man dann aus dem längsten Buch den kürzesten Film, doch das funktioniert nicht so dolle.
Der Anfang macht aber eines klar: Von jetzt ab ist Schluss mit kindlich. Dudley Dursley (Harry Melling) ist vom kleinen Moppel zum Bully im Hip Hop Style mutiert, Harry Potter (Daniel Radcliffe) trägt körperbetonte T-Shirts. Als die beiden von Dementoren attackiert werden, beweist Harry jugendlichen Mut und Leichtsinn, Dudley wird verletzt und damit wäre die Dursley-Episode erfrischend schnell zuende, der neue Grundton aber ebenfalls etabliert, womit „Harry Potter 5“ an sich ziemlich gut anfängt.
Das Ministerium für Magie sieht Zaubern in der Mugglewelt aber gar nicht gerne, doch die Leute vom Orden des Phönix sacken Harry schnell ein. Denn es brodelt ein Konflikt: Der Chef des Ministeriums leugnet die Rückkehr Voldemorts und feindet Dumbledore (Michael Gambon) dafür an, der wiederum hat den Phönix-Orden wieder ins Leben gerufen und bereitet sich mit Getreuen auf den Widerstand vor. Zack-zack ziehen alte und neue Charaktere da durchs Bild, Harry wird beim Hearing im Ministerium freigesprochen, aber nur da Dumbledore hilft und hier ist das hohe Tempo dann schon weniger gut.

Also entgeht Harry dem Rausschmiss, es geht nach Hogwarts, wo die Ministerialangestellte Dolores Umbridge (Imelda Staunton) Dumbledore an der kurzen Leine hält. Harry und seine Leute bereiten sich selbst auf den Widerstand vor, da Umbridge aktives Üben von Verteidigung gegen die dunklen Mächte nicht unterrichtet, es gar verbietet...
David Yates und seine Schreiber hatten es nicht leicht, schließlich musste sich bereits das Buch den Vorwurf gefallen lassen bloß Lückenfüller zu sein. Sicher war Rowlings Roman nicht so gut wie Nummer 3 und 4, aber immer noch recht gelungen, da er die Charakterentwicklung konsequent vorantrieb, romantische Subplots ausbaute und dergleichen. Vieles davon fiel in der Verfilmung der Rodung zum Opfer, die Familiengeschichte von Sirius Black (Gary Oldman) ist beinahe komplett raus. Es klingt auch fast wie Hohn, dass der Film immer noch den Orden im Titel trägt, denn gerade dieser Storypart wurde arg beschnitten: Alle Mitglieder erhalten kurze, meist unwürdige Auftritte, Ziele und Funktion der Geheimgesellschaft werden bestenfalls angedeutet.

Stattdessen steuert Yates’ Verfilmung vor allem auf den Showdown im Ministerium zu, fast sämtliche Plotelemente sind darauf ausgerichtet: Die Gründung der geheimen Schulgesellschaft „Dumbledore’s Army“ zeigt, wie Harry und seine Leute ihre Kräfte erhalten, vom Phönix-Orden erfährt man quasi nur, dass sie dort nach einer Prophezeiung suchen usw. An sich kein schlechter Ansatz, um aus einem derart dicken Buch das nötigste rauszukristallisieren, da sich die Potter-Bände mit ihrer Vielzahl an Geschichten nicht immer als klassische Filmstoffe anbieten.
Leider funktioniert die Verknappung nicht so gut wie erwartet, da gerade die beiden Vorgängerfilme die Verbindung von filminterner Geschichte und filmübergreifenden Entwicklungen ziemlich gut hinbekommen haben. Insofern passt „Harry Potter 5“ nicht so recht ins Bilde, da einige Handlungsstränge (z.B. das Ron-Hermione-Beziehungsgeflecht oder Ginnys Entwicklung) im Pausemodus laufen, andere schnell abgefrühstückt werden, wie z.B. Harrys romantische Anwandlungen. Schön hingegen die Tatsache, dass ein paar der besonders sympathischen Nebenfiguren, vor allem Neville Longbottom (Matthew Lewis) und Neuzugang Luna Lovegood (Evanna Lynch), nicht vernachlässigt werden, sondern noch die nötige Screentime erhalten.

Der Schulalltag hingegen wird hier eher ausgeblendet und auf das Kräftemessen von Dumbledore und Umbridge reduziert. Hier hat „Harry Potter 5“ seine humoristischen Glanzpunkte und zieht das Ganze auch nicht zu sehr in Länge, z.B. fasst eine Montagesequenz die immer absurderen Erlasse von Umbridge zusammen. Doch hat man bei alldem immer den Eindruck, dass der Film dies nur als Nebenschauplatz ansieht, eigentlich zum Finish kommen will.
Und wenn es dann kommt, dann durchaus gewaltig, denn im Finale kommt dann das große Duell Marke „Star Wars“ und „Herr der Ringe“, welches recht gute Action der jugendfreien Art bietet. Zudem bietet der Film durchweg überzeugende, toll getrickste Spezialeffekte (keine Selbstverständlichkeit im Hause Potter) und doch ist man am Ende nicht glücklich, denn Action war nie der Grund, warum man die Leiden des jungen Potter gelesen oder angesehen hat. Zudem kopiert Yates einige Vorbilder fast szenengenau (Lord Voldemorts Angebot an Harry stammt fast eins zu eins aus „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“) und inszeniert die berühmt-berüchtige Sterbeszene gegen Ende mit erschreckender Beiläufigkeit, nur um dann später mit Rückblenden auf einmal unnötig die Tränendrüse zu drücken.
Daniel Radcliffe spielt Harry dafür zunehmend besser, verschafft der Figur endlich mehr Profil als zuvor, Rupert Grint und Emma Watson bemühen sich sehr, ihre Parts nicht ganz der Sidekick-Stellung anheim zu geben, welche das Drehbuch ihnen geben will. Gary Oldman und Alan Rickman holen aus ihren wenigen Szenen das Beste raus, Brendan Gleeson und David Thewlis sind komplett verschenkt, während immerhin Michael Gambon, Matthew Lewis und Evanna Lynch gut eingesetzt werden. Bei den Neuzugängen overactet Helena Bonham-Carter etwas sehr, dafür passt Imelda Staunton extrem gut in ihre Rolle: Diese Dolores Umbridge hasst man als Zuschauer wirklich mit alles Inbrunst.

Unterm Strich bleibt dann der Zwischenfilm zum Zwischenbuch, solide inszeniert und als zackiger Action-Potter runtergerissen, womit Yates leider etwas falsche Akzente setzt, denn die Charaktere kommen dadurch leider etwas zu kurz. Durchaus brauchbar, aber den beiden Vorgängern klar unterlegen.

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