Review

Harry und seine Freunde pottern sich so langsam durch die Pubertät.
Nachdem bereits der vierte Teil recht düstere Töne anschlug, setzt sich die Ernsthaftigkeit mit dem Reifungsprozess der Figuren fort. Für charmante Details bleibt da leider keine Zeit, denn das fünfte Jahr in Hogwarts gestaltet sich stringent, aufs Notwendigste gestrafft und im Gesamtbild ziemlich oberflächlich.

Auch inhaltlich herrscht ziemliche Leere. Ohne erwähnenswerte Sideplots setzt sich der Kampf zwischen Gut und Böse, zwischen Harry Potter und Lord Voldemort fort.
Dabei ist von der allgegenwärtigen, dunklen Macht des Bösen wenig zu spüren, vielmehr kümmert man sich um das Treiben einer neuen Figur: Dolores Umbridge.
Diese wurde vom Ministerium nach Hogwarts geschickt, wo sie mit ihren querelen Lehrmethoden schnell auf Ablehnung seitens der Schüler und Lehrer stößt.
Von einem erneuten Erscheinen Voldemorts will auch sie nichts hören und so sammeln sich einige Schüler rund um Harry, um sich in einem geheimen Raum mit einigen Zaubertricks als „Dumbledores Armee“ gegen den Fiesling zu wappnen.

Wer noch nie etwas von Harry Potter gelesen oder gesehen hat, dürfte hier spätestens nach zehn Minuten den Faden verlieren, - so geballt prasseln fremde Begriffe, Figuren und deren Beziehungen untereinander auf den Zuschauer ein.
Innerhalb der ersten Minuten fragt man sich als Neuling, woher die angreifenden Dementoren kommen, warum Miss Figg hilft, wer Dudley und seine Eltern sind, wie Moody ein Gebäude teilen kann und warum Dumbledore sich vor dem Ministerium für Harry einsetzt.
Selbst, wenn man Film 4 noch einigermaßen im Kopf hat, wird man mit schnell ablaufenden Fakten nahezu erschlagen. Keine Zeit für Details, die markanten Passagen der literarischen Vorlage müssen schließlich in rascher Folge abgearbeitet werden.

Und das ist im Wesentlichen der Hauptkritikpunkt. Man kann sich zwar nicht über mangelnden Unterhaltungswert dank flott ablaufender Ereignisse beschweren, doch bleiben personelle Details nahezu außen vor. Ron und Hermine verkommen fast schon zu Hintergrundfiguren und auch von Harrys Innenleben erfährt man lediglich Oberflächliches.
Die filmische Straffung der umfangreichen Vorlage äußert sich besonders negativ während der lang erwarteten Kussszene. Der Kuss als solcher steht für ein paar Sekunden im Mittelpunkt, doch weder davor, noch im Verlauf kümmert sich Harry um die Knutschpartnerin.
Eine tiefere Bindung zum anderen Geschlecht traut man der Titelfigur ohnehin nicht zu, denn auch mit der zweiten neuen Figur, Schülerin Luna Lovegood, kommt es lediglich zu einem kurzen Gespräch im Wald über kleine Gemeinsamkeiten, doch dann verschwindet auch sie im Hintergrund.

Eine gewisse inhaltliche Leere breitet sich vor allem im ersten Drittel aus, wenn einige Dialogpassagen die darstellerischen Schwächen nahezu sämtlicher Jungdarsteller offen legen.
Vieles wirkt einfach zu aufgesetzt und hölzern, wäre da nicht die neue Lehrkraft Umbridge in pinken Kostüm, die mit ihrem verrückten Kichern und dem Setzen von aberwitzigen Reglements ein wenig Schwung in die Sache bringt.

Dabei bieten sich vor allem im visuellen Bereich pfiffige Ideen, wie ein sprechender Brief, ein Hauself, eine Telefonzelle als Lift und besonders, - wegen seine tollen Mimik hervorzuheben, - ein Riese, zu dem Hausmeister Hagrid eine spezielle Verbindung aufweist.
Dazu kommen starke Momente wie ein Sturm um Askaban oder die tolle Gestaltung des Raumes der Prophezeiungen im Ministerium.
Auch das temporeiche Finale kann mit einigen Bombasteffekten während des Duells zwischen Gut und Böse aufwarten. Ob Lichtblitze, Feuer, Wasser oder fliegenden Scherben, - die handwerklich professionelle Gestaltung der Effekte lässt keine Mängel erkennen.

Doch was nützt es, wenn dem Ganzen im Vorlauf einfach die Action und Abwechslung fehlt.
Ohne Ecken und Kanten und im Gesamtbild auch überraschungsfrei (ein Sympathieträger stirbt) läuft das Geschehen ab.
„Harry Potter und der Orden des Phönix“ wirkt im Kontext der Vorgänger fast wie ein einfallsloser Lückenfüller, dem es einerseits an peppigen Ideen und andererseits an Freiraum zur Entfaltung der Charaktere mangelt.
Zwar nach wie vor unterhaltsam, aber lange nicht mehr so bunt und charmant wie in der Vergangenheit, denn selbst für Quidditch blieb hier keine Zeit…
6 von 10

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