Harry Potter die Fünfte
Diesmal schickt sich der Zauberlehrling mal wieder an uns den Kino-Sommer zu versüßen und irgendwie kommen die Sommer-Potters bei mir nicht so gut an wie die Spätherbstler (obwohl ich Teil 3 inzwischen auch für das bisherige Potter-Meisterwerk halte).
Wieder versucht sich ein neuer Regisseur und hat die Aufgabe das dickleibigste der Potter-Bücher auf die Leinwand zu zaubern.
So ist es dann auch umso erstaunlicher, dass dieses Abenteuer mit einer Laufzeit von 138 Min. (inkl. Abspann) das bislang kürzeste ist. Natürlich musste wieder gestrafft werden, hier hat man es aber eindeutig zu weit getrieben, denn die Kürzungen führen hier zu einigen Brüchen und Ungereimtheiten die ärgerlich sind und die nicht buchkundigen Zuschauer irritieren dürften.
Z. B. bleibt der Angriff der Dementoren zu Beginn völlig ungeklärt. Der alte Hauself Blacks, Kreacher, kommt zwar vor, erfüllt jedoch keinen dramaturgischen Zweck. Wieso Percy Weasly auf einmal für Fudge arbeitet ist auch nicht klar (und geht noch auf die Straffung des Vorgängers zurück, der nicht erwähnte, dass Percy fürs Ministerium arbeitet).
Es scheint auch wieder viel auf dem Boden des Schneideraums gelassen worden zu sein, denn vieles wirkt holprig schnell erzählt. Das fällt schon in der ersten Szene mit Dudley und Harry auf. Gegen Ende wird gar Neville ins Büro von Professor Umbridge gebracht, Schnitt, und urplötzlich stehen auch noch Ginny Weasly und Luna Lovegood im Raum. Es ist gut möglich, dass die Ursache für dieses Vorgehen bei den Produzenten zu suchen ist, die den Film krampfhaft in die Nähe der 2-Stunden-Marke bringen wollten.
Vieles ist einfach nur am Rande behandelt worden, der Orden des Phönix kommt viel zu kurz. Und Harrys Liaison mit Cho ist genauso schnell vorbei, wie sie anfängt (mehr als die berühmte Kuss-Szene ist es eigentlich nicht). Erfreulicherweise wird immerhin die Gründung und das Training von Dumbledores Armee angemessen dargestellt.
Das Problem bei dieser Rudiment-Abarbeitung ist, dass die Romanvorlage das inhaltlich vielleicht schwächste Buch ist. Die Qualität liegt hier in der Rowlingschen Schreibweise mit ihrem einmaligen Humor, die kaschiert, dass man unterm Strich viel Abgedroschenes vorgesetzt bekommt. Das funktioniert für den Film natürlich nicht mehr, da dieser sich auf die wesentlichen und in diesem Fall oft uninteressanteren Punkte konzentrieren muss.
So oblag es Regisseur David Yates das ganze unterhaltsam und originell auf die Leinwand zu bringen. Unterhaltsam ist es auf jeden Fall, nicht zuletzt dank einiger sehr gut aufgelegten Darsteller und der gewohnt superben Ausstattung. Originell ist hier allerdings nichts. Stilistisch ist hier kein Unterschied zum Vorgänger festzustellen.
Unter den Darstellern haben hier die meisten außer den Hauptdarstellern aufgrund des inzwischen sehr großen Figurenensembles sehr wenig zu tun. Selbst Rupert Grint scheint oftmals nur als humorvoller Sidekick nebenher in der Szenerie zu stehen. Von den Neuzugängen kann hier vor allem Imelda Staunton als ungewöhnlich hassenswerte Professor Umbridge glänzen, die den Film über weite Strecken dominiert. Auch Evanna Lynch als beinahe autistisch wirkende Luna Lovegood bereichert durchaus den Film. Dagegen bleiben den anderen Neuzugängen nur kurze Einsprengsel. Natalie Tena als Tonks hat nur einen Cameo–Auftritt. Helena Bonham Carter bekommt zum Schluss hin zwar etwas Platz zum ausflippen, doch ihre psychopathische Hexe Lestrange wirkt ungefähr so gefährlich wie Miss Piggy. Da ist Ralph Fiennes als Lord Voldemort ja bekanntlich ein ganz anderes Kaliber, doch dessen Auftritt ist auch noch kürzer als im Vorgänger.
Immerhin hat Fiennes DAS optische Highlight des Films mit zu bestreiten. Der Kampf Voldemort gegen Dumbledore, ein visueller Overkill mit einem Schuss klassischer Dramatik (der Lehrmeister des Helden gegen den ultimativen Bösen, zum Glück hat es sich Mrs. Rowling hier verkniffen Dumbledore sterben zu lassen), der in einer etwas seltsamen „Exorzisten“- Einlage mündet, als Voldemort von Harry Besitz ergreift.
Ansonsten ist das Finale, mit dem Kampf der Zauberlehrlinge mit den Todessern, zwar visuell hervorragend umgesetzt (wie bei den Potter-Filmen gewohnt) jedoch auch ein wenig enttäuschend. Im Roman war es zwar auch nicht mehr (und nicht weniger) als ein packendes Action-Finale, trotzdem war es hier erstmals die Möglichkeit die anderen Schüler (nicht nur Harry) als waschechte Kämpfer zu erleben. Hier ist alles aber, wie so vieles an dem Film, viel zu schnell wieder vorbei.
Bleibt letztlich zu bewerten was „Harry Potter und der Orden des Phönix“ gegenüber den bisherigen Potter-Filmen zu bieten hat. Die Antwort ist leider nicht viel, außer der reinen, recht holprig erzählten Handlung. Neben den großen Schauwerten sind es vor allem die beiden Hauptdarstellerinnen Imelda Stauton und Emma Watson, die diesen Film sehenswert machen. Ansonsten gibt es zahlreiche Rückblenden-Flashbacks, die Harrys Träume darstellen sollen und zum Schluss hat man noch ein paar pathetische Sätze unterbringen können.
Immerhin hat man mit den Pressemitteilungen und Fudges diktatorischen Gebärden ein paar satirisch-politische Spitzen einbauen können, die in den bisherigen Filmen gefehlt haben.
Man muss natürlich sagen, dass der enorme Unterhaltungswert einer Harry Potter-Geschichte nach wie vor außer Frage steht und auch ein so zu Recht gestutztes Rowling–Werk bietet mehr Ideen als drei gegenwärtige Original-Drehbücher aus Hollywood. Dennoch hat diesen Kinosommer der etwa zeitgleich auf Leinwand zurückgekehrte John McClane gegenüber Harry Potter deutlich die Nase vorn.
7 / 10