“Allright, partner. Keep on rollin’, baby! You know what time it is.”
Limp Bizkit: Rollin’
Die Macher des ersten Teils hatten es ja in einer übermütigen Schlussszene (aber nicht so übermütig wie Emmerich in “Godzilla”, hähä) bereits angekündigt: Die “Viecher” gehen in die zweite Runde und versetzen das Kaff Grovers Bend (frei übersetzt: zerfallende Kleinstadt) einmal mehr in Angst und Schrecken. Der Biester angenommen hat sich Stephen King-Vielfilmer Mick Garris unter Vorlage eines gemeinsamen Drehbuches mit David “Pitch Black” Twohy. Garris konnte hier schon mal für seine King-Aufträge üben und ein paar Landschaftsmotive inhalieren, und mehr als eine Übungsaufgabe für einen kommenden Durchschnittsregisseur ist es auch nicht geworden.
Die Fehler sind schon beinahe klassisch. Es dreht sich eigentlich alles um Berechenbarkeit, und jene ist meist gegeben, denn die Elemente, die den Vorgänger charakterisierten, wurden mal wieder stärker betont und in den Mittelpunkt gerückt, anstatt neue Wege zu gehen. Das alte Lied. Jetzt wird es auch von den Critters gepfiffen.
Dabei geht es eigentlich ganz gut los. Den Einstieg machen die Bounty Hunters, wie sie auf einem fremden Planeten gerade ein Vieh killen und den Kopf mit an Bord nehmen. Aufgenommen haben die Alien-Jäger den vertrottelten Redneck Charlie (Yee-Haw: Don Keith Opper), der sich im ersten Teil wohl nicht so richtig wohl fühlte bei der Familie Brown. Also mal eben an Bord der Formwandler gehüpft und sich zum Kopfjäger umschulen lassen. Nur gut, dass es da keinen Numerus Clausus braucht.
Ein weiterer Bekannter kommt uns auf der Erde entgegen: Der Brown-Junge Brad (Scott Grimes) kehrt zurück in seinen Heimatort. Vielleicht etwas zu jung, um als lässiger Heimkehrer zu posen. Ich hab ja gedacht, der David Arquette sei in “Arac Attack” schon etwas milchbubihaft, aber Grimes hat vielleicht gerade mal sein erstes Sackhaar entdeckt und macht jetzt einen auf rough Bastard, mit massig Lebenserfahrung im Rucksack. Das mag sich jetzt unter gegebenen Umständen etwas negativ anhören; so ist das gar nicht gemeint. Grimes ist nämlich eines der funktionierenden Elemente im Film. Warum? Weil er nicht das Original kopiert, sondern einen vollkommen anderen Film bzw. eine Filmreihe. Die Rede ist von “Zurück in die Zukunft”. Grimes äfft Michael J. Fox nach, wo er nur kann, und das tut er prima. Wir nehmen dem kleinen Stinker all seine sympathischen Charakterzüge ab; ob er nun dem Stadtrüpel mit Karate droht oder die früher als lange Lisa verhöhnte und inzwischen zur Dorfschönheit mutierte Blüte von Grovers Bend anbaggert, die ihm auf den Kopf spucken könnte... “Zurück in die Zukunft” erfährt hier viele dieser “Hommage” genannten Diebeszüge.
Worauf der verlorene Sohn von Grovers End nach seiner Wiederkehr in den Ort seiner Geburt stößt, das ist ebenfalls der berühmte Hammer schlechthin. Das Etikett des Dosenbiers ist tatsächlich komplett weiß und hat die Aufschrift “Beer” - pur und roh, so muss ein B-Movie aussehen. Vegetarismus scheint dort inzwischen so eine Art Heiligkeit zu genießen, ein Ausgleich für die Fressorgien der Critters... gnnnnn, ich flippe aus, wie geil! Ostern ist auch, und als Jesu Auferstehung verkündet wird, fliegt ein als Osterhase verkleideter Sheriff durch das Kirchenfenster - das erste Opfer in dieser deutlich als solche gezeichneten Idylle, mit blutigen Bauchwunden. Und an diesem Punkt denkt man: Verdammt, was habt ihr eigentlich alle gegen diesen Film?
Dann tauchen die ersten Critters auf, machen ihr Maul auf und der erste Aha-Effekt kommt auf. Das untertitelte Kauderwelsch des ersten Teils wurde wenigstens in der deutschen Sprachfassung aufgegeben und gegen deutlich vernehmbares Hochdeutsch ausgetauscht, das dann mit Phrasen ankommt, dass man gerne weinen möchte - wenn man die DVD besitzt, wandert der Daumen automatisch auf den Sprachwechsel-Button. Sofern man nicht zufällig gerade hackebreit ist, zerstören die ständig vollkommen sinnlos eingeworfenen Sprüche jegliches Flair, das hätte aufkommen können, würden die Viecher nur mal ihre Klappe halten. So sagt ein Critter, der sich die Stromleitung hinunterhangelt, beispielsweise “Lakritze Lakritze, ich bin der Telegrafen-Fritze!”. Ein Dialog zwischen zwei Critters in einem Burgerladen verläuft derart: “So’n frischer Burger schmeckt besser als’n alter Ochse auf dem Feld.” “Blödmann. Da ist doch’n alter Ochse drin.” Ich wohne zufällig in der Nähe eines Kindergartens, und was von dort so ertönt, das hat dagegen philosophisches Potential.
Aber an der Synchronisation soll es nicht liegen, dass es mit der Fortsetzung nicht geklappt hat. Darüber hinaus stimmen viele Dinge nicht. Da wären zunächst einmal die Bounty Hunter zu nennen. Jetzt wissen wir wenigstens, bei was für abartigen Filmen sich Barry Sonnenfeld seine Ideen holt; der Herr Kopfjäger, der sich zu fein ist für ein Männergesicht, wartet ab, bis er einen Playboy findet und verwandelt sich in eine Tussi. Na klar ist es spaßig zu sehen, wie das Space-Outfit auseinanderplatzt und zwei gewaltige Hügel darunter hervorkommen (seltsamerweise verschwindet gleichzeitig die komplette Hose zwischen den Arschbacken), aber das bringt gar nix, wenn sich das Outfit gleich in der nächsten Szene wieder rehabilitiert hat. Was es dann mit dem ständigen Wechseln der Form auf sich hat, das sollen mir der Garris und der Twohy erst einmal erklären. Die Albernheiten rund um die Kopfjäger sind jedenfalls durch und durch Schwachsinn, der schlichtweg zu nichts führt.
Nicht anders verhält es sich mit den Stadtbewohnern. Deutlich parodistischer angelegt als im ersten Teil, mag es irgendwie nicht so recht funktionieren, wenn der Ex-Sheriff im Renegade-Style einen auf beleidigt macht und dann kurze Zeit später doch ein paar Nagern das Licht auspustet, die gerade ein kleines Mädchen knabbern wollen. Die Reporterin mit dem fett aufgetragenen Lippenstift wird gleich zu Beginn schon verschenkt, die klassische Volksversammlung im Gemeindesaal bringt nichts, was nicht schon hundert Mal dagewesen wäre.
Zuguterletzt müssen sich auch die Critters Kritik gefallen lassen. Hatten die sich schon im ersten Teil keinen Deut weiterentwickelt, so bleiben sie hier auch auf ihrer Position. Gähn. Wenn denn etwas eine ansonsten einfallslose Fortsetzung retten kann, dann doch wohl bitte irgendwelche Mutationen, Muttertiere oder sonstige Neukreationen. Aber nein, die Critters rollen und rollen, sie rollen den ganzen Film hindurch, dann schießen sie mal ‘nen Pfeil, und dann rollen sie weiter, rollen, rollen, fressen, und dann rollen sie weiter, rollen, rollen. Das ödet an, zumal ironischerweise die durch die verlassene Stadt rollenden Fellbälle das berühmte Bild des ausgedörrten Feldbusches suggerieren, der in Western stets Verlassenheit symbolisiert - und auf verlassenem Posten steht man hier auch. Mick Garris steht das Fragezeichen auf der Stirn geschrieben.
Zugegeben, der Critters-Ball am Ende rockt. Es ist ein Bild für die Götter, wenn er über einen Menschen rollt und dessen Rückgrat am Ende komplett freiliegt (man stelle sich den Abnageprozess mal bildlich vor... nag, nag, nag). Aber selbst den hätte man besser in Szene setzen können, auch da fehlen die Ideen in der Präsentation.
Im Endeffekt fehlt vor allem auch der Aspekt der Bedrohung, denn “Critters 2" ist schlichtweg ein Kasperletheater. In der ernsten Grundkonstellation von Teil 1 hatte der Humor mehr Möglichkeiten, sich schleichend zu entfalten und trotzdem den Gruselaspekt zu betonen; in der Muppetshow hier braucht es schon radikaler Töne, um überhaupt mal einen Witz zünden zu lassen (der frittierte Critter ist mal ein positives Beispiel), und für den feinen Kleinstadtgrusel ist überhaupt kein Platz. Die Anlehnungen an die “Gremlins” sind einfach nur noch plump - Stichwort “Salatbar” - und ironische Anspielungen wie der Kopfabbeißer von E.T. in Teil 1 sucht man nun vergebens, mal abgesehen von der Freddy-Sache. Die Schlussszene macht den negativen Gesamteindruck komplett und quält mit einer viel zu langgezogenen Abschiedsprozedur und einem babyhaften Happy End.
Es war vielleicht auch einfach kein Stoff für mehr als einen Teil übrig. Während die “Gremlins” immerhin noch auf Gesellschafts- und Medienkritik zurückgreifen konnten und damit an Substanz auch für mehrere Teile übrig hatten, sind die Critters ein Fun-Plagiat derselben und können eigentlich aus diesem Grund auch nur einmalig funktionieren. In dem Irrglauben, einem zugegeben sympathischen ersten Teil noch Substanz für Fortsetzungen entziehen zu können, ließ man sich auf den alten Fehler ein, einfach alles zu wiederholen, was das Original ausgezeichnet hatte. Und das geht so nicht.