„Diese Stadt ist ein einziger Zoo!“
Kleine, in Scharen auftretende Monster waren im phantastischen Film der 1980er seit „Gremlins“ schwer angesagt. Nach den „Ghoulies“, aber noch vor den „Munchies“, genauer: im Jahre 1986 erschien US-Regisseur Stephen Herek auf der Bildfläche, der mit den „Critters“ ziemlich erfolgreich debütierte (und drei Jahre später mit „Bill & Ted's verrückte Reise durch die Zeit“ endgültig den Mainstream eroberte), einem Science-Fiction-Horrorfilm voller Zeitkolorit und einigem Humor.
„Ich glaub', das viele Fernsehen bekommt dir nicht.“
Alarm im All: Die Critters, ein Rudel ewighungriger außerirdischer Kreaturen mit spitzen Zähnen und giftigen Stacheln, können aus einem intergalaktischen Hochsicherheitsgefängnis entkommen – und steuern die Erde an, um schließlich im US-Staat Kansas nahe der Farm der Familie Brown (u.a. Dee Wallace-Stone, „E.T. – Der Außerirdische“ und Billy Green Bush, „Alice lebt hier nicht mehr“) zu landen. Doch ihnen im Genick sitzen bereits zwei interplanetarische Kopfgeldjäger, Gestaltenwandler, die ein menschliches Äußeres annehmen und auf der Sache nach den Critters zunächst in der Kleinstadt Grovers Bend aufschlagen. Sowohl die Delinquenten als auch ihre Jäger hinterlassen eine Spur der Verwüstung – und nicht nur Familie Brown muss ums Überleben bangen…
„Die schlimmsten Bestien, die ich je erlebt habe!“
Alles beginnt mit den Funksprüchen der Crittersjäger im All, dann sieht’s aus wie bei „Unsere kleine Farm“: Wir lernen Familie Brown kennen, die damaligen Vorstellungen einer typischen US-Familie vom Lande entspricht und als Sympathieträger gezeichnet wird. Im Mittelpunkt steht der 13- oder 14-jährige Sohn Brad (Scott Grimes, „Wildfire“), der als Identifikationsfigur für das avisierte Zielpublikum gleichen Alters dient. Er ist ein cooler Junge, der mit Pyrotechnik experimentiert, gern Streiche spielt und sich mit seiner älteren Schwester April (Nadine Van der Velde, „Traffic School – Die Blech- und Dachschaden-Kompanie“) kabbelt – zum Leidwesen seiner Eltern. Und dann ist da noch der Farmangestellte Charlie McFadden (Don Keith Opper, „Der Android“), ein regelmäßig zu tief in die Flasche guckender Tunichtgut und Paranoiker (um nicht zu sagen: der Dorfdepp). Ausgerechnet er bemerkt als Erster die Ankunft des außerirdischen Raumschiffs mit der tödlichen Besatzung – und natürlich glaubt ihm zunächst niemand.
„Die sind aus Hollywood, so sahen die aus!“
Die Kopfgeldjäger suchen sich für ihre Gestaltenwandlungen (die mit sehr gut umgesetzten Transformationseffekten einhergehen) menschliche Vorbilder. Dass einer der beiden dafür ausgerechnet Johnny Steele (Terrence Mann, „A Chorus Line“) auswählt, den auffällig fönfrisierten und prominenten Sänger einer Hardrock-Band, den er während einer Liveperformance in Lederkluft im Fernsehen entdeckte, sorgt für einen irrsinnig komischen Running Gag und platziert die eigens für den Film geschriebene, zum Niederknien kitschige Synthie-Rocknummer „Power of the Night“ im Film, die (wie eigentlich alles hier) dermaßen 80s ist, dass es kracht. Die Critters, deren Dialoge untereinander untertitelt wurden, sieht man lange Zeit nicht, dafür ihre Taten in Point-of-View-Perspektive mit entsprechender Geräuschkulisse oder gleich deren Ergebnisse. Erst wird eine Kuh abgenagt, dann eine Bulle plattgemacht. Ihre roten Augen tauchen in einer verdammt unheimlichen Szene am Küchenfenster der Browns auf, von wo aus es dann nicht mehr lange dauert, bis man das tolle Creature Design der Critters in voller Pracht bewundern kann.
Trotz besagten Running Gags, der meist aus der Konfrontation der Kleinstadtbevölkerung mit den Kopfgeldjägern einhergehenden Situationskomik und einigem Dialogwitz ist der Tonfall des Films relativ ernst. Dadurch wirkt der Humor umso effektiver. Wie die Critters die Familie attackieren, ist aber nun einmal kein Spaß, sondern Terror, der das Figurenensemble ausdünnt. Wenn April im Stall mit ihrem neuen Freund Steve Elliot (Billy Zane, „Zurück in die Zukunft“) herummacht, wird einer von beiden das Techtelmechtel nicht überleben. Auch harsche Szenen wie die der in die Kirche rasenden und dort umherballerden Kopfgeldjäger dürfte manch frommerem Zuschauer eher sauer aufstoßen. Während einer der Jäher in seiner Johnny-Steele-Hülle bleibt, ändert der andere ständig sein Äußeres, was zu einigen Missverständnissen und Verwechslungen führt. Lange beobachtet man parallel die Vorgänge in der Kleinstadt und die Belagerungssituation auf der Farm, bevor beide Erzählstränge zusammengeführt werden.
Die Critters beißen nicht nur, sie schießen auch Giftpfeile aus ihrem Rücken, was sie umso gefährlicher erscheinen lässt. In ihren Dialogen und ihrem Verhalten erhalten jedoch auch sie Raum für Humor; allem voran in jener Szene, in der einer von ihnen eine E.T.-Puppe fragt, wer sie sei, und ihr den Kopf abreißt. Nach einem von echten Suspense-Szenen geprägten Auftakt erzeugen Regisseur Herek und sein Team immer mehr klassische Spannung und sorgen mit diversem Einsatz großkalibriger Waffen und Explosionen für Action.
Die Critters behaupten sich in einem kurzweiligen, sehr unterhaltsamen Alien-Horror als die etwas fieseren Gremlins, was mit wunderbaren Spezialeffekten einhergeht, die damals State of the art waren. „Critters – Sie sind da!“ kann sich zudem auf ein bis in die Nebenrollen hinein toll aufspielendes Ensemble verlassen, das A-Film-Qualität abliefert und mit seinem angemessen ernsten Schauspiel erinnerungswürdigen Figuren Leben und Emotionen einhaucht. Von der albernen Kalauerparade der Fortsetzung ist dieser erste Teil der zur Tetralogie angewachsenen Filmreihe dankenswerterweise noch weit entfernt.
Arg dick aufgetragen ist jedoch das Filmende, das das Spektakel etwas zu freundlich ausgehen lässt. Generell bieten andere Horrorstreifen aus den glorreichen ‘80ern dann doch wesentlich intensivere Filmerlebnisse. Als halbe Horrorkomödie kann er sich jedoch durchaus mit Joe Dantes „Gremlins“ auf Augenhöhe messen. Und der Abspann hält zudem eine coole Synthienummer bereit, die den Soundtrack-Erwerb rechtfertigen würde.
Kurzum: Schwerer ‘80er-Kult!