Der Spieltrieb steckt manchmal auch noch in erwachsenen Menschen. Um sich dies aber nicht zugestehen zu müssen, werden dann Dinge, die von ihrer Grundidee her für kleinere Mitbürger und Mitbürgerinnen konzipiert waren, auch für Erwachsene modifiziert. Todd McFarlane (u.a. Gründer von “Spawn” und der Spielzeugmarke “McFarlane Toys”) beispielsweise hat massenhaft damit zu tun, Comics und Actionfiguren mit der Zielgruppe erwachsener Menschen zu rechtfertigen und ihre Daseinsberechtigung zu verteidigen. Auch Computerspiele sehen sich immer noch Vorurteilen ausgesetzt in dieser Hinsicht.
Ein Demonstrativum für diesen Sachverhalt sind ganz klar die allseits beliebten Kuscheltiere. Kinder lieben sie, bauen mitunter emotionale Bindungen zu ihnen auf, und manchmal kommt es so, dass man selbst als 40-Jähriger noch die Überreste seines einstigen Lieblingskuscheltiers aufhebt.
Eine Motivation für die Filmreihe “Critters” kommt ganz klar aus dieser Richtung. “Critters”, zu deutsch “Kreaturen” oder “Viecher”, sind eine drollige Vermischung althergebrachter Kuscheltiere mit Horrorelementen. Das Design dieser pelzigen Wesen ist einfach widerlich: Unförmige, klumpige, mit ruppigem Fell bedeckte Körper, winzige Extremitäten, ein potthässliches, nasenloses Gesicht, blutrote Augen, spitze Zähne in mehreren Zahnreihen, kontinuierlicher Speichelfluss, giftige, abschießbare Stachel... und doch, sie sind einfach herzallerliebst, die Critters. Wo man doch durch die Fernsehmattscheibe von ihnen getrennt ist, möchte man sie am liebsten knuddeln.
Die andere Motivation liegt bei Joe Dante. Der hatte nämlich zwei Jahre zuvor die “Gremlins” als satirische Horrorkomödie auf die Menschheit losgelassen. Ebenfalls auf den Knuddelfaktor vertrauend, entwuchsen dort einem drollig-süßen Mogwai, der perfekten Designvorlage für ein Kuscheltier, durch falsche Handhabung ganz fiese, eklige, schleimige Viecher. Dass es da Parallelen gibt, ist nicht zu übersehen und wird auch von niemandem abgestritten. Die “Critters” sind der zweifellose Versuch, aus dem Erfolg von “Gremlins” Profit zu schlagen und eine Welle loszutreten.
Natürlich sind die “Critters” eine ganz andere Liga, die viel weiter unten anzusiedeln ist. Dafür gibt es mehrere Gründe. Zunächst einmal: Tricktechnisch ist die Kopie mit weitaus weniger Aufwand versehen. Das liegt vor allem daran, dass sich die Critters keines biologischen Zyklus unterziehen. Regisseur Stephen Herek, der auch für das Drehbuch verantwortlich war, begnügt sich damit, die Eigenschaften der Monster auf das Hier und Jetzt zu beschränken. Das heißt, was die Viecher können, das können sie von Beginn an; es gibt später keine größeren Überraschungen in Form von Über-Critters oder Mutationen, wenngleich sich die Körpergröße der Critters im weiteren Verlauf etwas nach oben korrigiert.
Was die Pelzmonster können, das macht dann auch gleich viel vom strukturellen Aufbau des Films aus, da sich die Kämpfe nach ihren Fähigkeiten orientieren. Im Wesentlichen wuseln die Dinger einfach durch die Gegend, oft rollen sie sich zusammen und kugeln sich als Fellball durch die Landschaft; eine praktische Art der Fortbewegung, auch wenn man sich fragt, wie sie ihren Antrieb ohne Verwendung der Augen koordinieren wollen. Bevorzugt werden Ecken und Nischen, aus denen sie mit schön-schaurigen Schockeffekten herausspringen und diverse menschliche Körperteile angreifen können. Gerne wird dabei zusammen mit einer Hand auch mal ein Stück von einem Radio mit abgebissen. Der Traum einer jeden Zahnpastawerbung.
Ansonsten sind die zahnbehafteten Fellkugeln in der Lage, in zwergengleichem Kauderwelsch miteinander zu kommunizieren. Auch das hat man in Ansätzen schon bei den “Gremlins” gesehen; jedoch waren die Laute hier deutlich animalischer und arbiträrer (was dann im zweiten Teil durch den Wissenschafts-Gremlin auf die Schippe genommen wurde). Die Critters hingegen scheinen wirklich ein intelligentes Sprachverhalten zu besitzen, das es ihnen ermöglicht, nicht nur unartikulierte Laute hervorzubringen, sondern ihre Bedürfnisse auszudrücken. Das erlaubt Platz für den ein oder anderen One-Liner, der meist ihren r-Strategen-Status betont, d.h. die Tatsache, dass es sich um Viecher handelt, bei denen das Überleben in der Gruppe Vorrang hat vor den Einzelschicksalen. Das Dahinscheiden von Artgenossen wird dabei dann gerne mal lustig aufbereitet, so etwa, als zwei Critters miteinander plaudern, der eine sagt “They got weapons!”, der andere erwidert “So what?”, kurz darauf mit der Flinte auf der Wand verteilt wird und der erste “Fuck!” schreiend abhaut.
Das alleine führt natürlich schon folgerichtig B-Status mit sich, denn wo kleine Monsterwesen anfangen zu sprechen, bewegt man sich weg von der wissenschaftlichen Norm und verschreibt sich dem Trash. Ganz klar wird der aber sowieso schon durch die Herkunft der Critters gefeiert, denn es handelt sich wahrhaftig um Außerirdische, die in einem Raumschiff (!) auf der Erde landen. Ähem... kleine, unförmige Pelzviecher, die sich zwar einigermaßen intelligent, im Vergleich mit dem Menschen aber nichtsdestotrotz höhlenmenschartig unterhalten, sollen einer Technologie mächtig sein, welche die des Menschen um ein Vielfaches übersteigt? Diese Klöpse sollen auch nur entfernt dazu in der Lage sein, so ein Ding überhaupt zu steuern? Das ist überaus B-Movie-haft und fällt alleine deswegen schon aus dem Geltungsbereich der “Gremlins” heraus.
Als wäre das noch nicht genug, werden die Critters auch noch von zwei außerirdischen Kopfgeldjägern auf die Erde verfolgt. Hierbei handelt es sich um zwei Wesen, die - wohl rein zufällig - menschliche Körperformen besitzen, dabei aber eine klumpige Leermasse als Gesicht, die jederzeit eine Vorlage imitieren kann. So laufen dann der bei einem Critters-Unfall getötete Dorfsheriff und ein im Fernsehen aufgeschnappter Rockstar in furchtbar abartigen 80er-Jahre-Space-Klamotten (That’s how 80's people imagine spacemen) durch das Kuhkaff, das sich Pelzmonster als Fressnapf ausgesucht haben, und fragen jeden Bürger brotdumm “Wo sind die Critters?”, und die Bürger entgegnen: “Heey... Ich kenn Sie doch irgendwoher?”. Die Transformation des ersten Kopfgeldjägers in den Rockstar gehört dabei zu den effektetechnischen Highlights und nehmen schon mal das vorweg, was Clive Barker ein Jahr später mit “Hellraiser” perfektionierte. Was den Rockstar betrifft, so wird deutlich, wie die 80er Jahre sich und damit den Moment quasi selbst glorifizierten und den Song “Power of the Night” als spezifisches Charaktermerkmal der Erde präsentierten, mit dessen Hilfe sich die Kopfgeldjäger durch einen “The 5th Element”-artigen Zusammenschnitt von Videomaterial einen Eindruck von der Erde machen wollen. Diese Selbstpräsentation der Achtziger stört an diesem Punkt doch arg.
Ansonsten wird die Zeit des Geschehens aber relativ stark ausgeblendet, da wir uns mal wieder in einem ländlichen Kaff fern jeglicher aktuellen Bezüge befinden, halt die klassische Location für gepflegten Landeigrusel. Das Gros des Films spielt sich daher auch rund um eine Familie ab, die in einem abgelegenen Haus mit Scheune und allem drum und dran wohnt. Zunächst mal gibt es dementsprechend einiges an Charakterzeichnung zwischen Dee Wallace-Stone, Billy Green-Bush, Scott Grimes und Nadine Van der Velde zu bestaunen, um durch die oberflächlichen Zwiste später den familiären Zusammenhalt demonstrieren zu können.
Der Film wird später dann auch etwas zu einem Versteckspiel, wobei das Haus jedoch nicht als Falle aufbereitet wird, sondern stets Möglichkeiten zur Flucht bestehen. Die Critters selbst bewegen sich eigentlich nur spärlich durchs Bild und werden oft auch nur kurz gezeigt; zu Beginn wird sogar gerne mit Egoperspektive gespielt. Das mag seine Berechtigung haben, da die Critters oft ihre Animatronik erkennen lassen oder auch einfach mal umfallen, was dann wirklich wieder den Charme eines Stofftieres hat. Im Finale gibt’s dann ein, zwei deftige Explosionen, die Spaß machen, gerade durch ihre chronologische Anordnung die was von “Wie du mir, so ich dir” hat... das sollte man sich dann aber selbst ansehen.
Die Critters sind somit, auf der durch Joe Dante ausgelösten Drollige-Monster-Welle surfend, ein vollkommen gesellschaftsunkritisches, reines Spaßprodukt, das nichts weiter tun soll als gruselig zu unterhalten und den Knuddelfaktor in die Höhe zu treiben. Das gelingt eigentlich streckenweise recht gut. Das Critters-Design hat was für sich, wenngleich die “Gremlins” deutlich besser ausgearbeitet waren. Teilweise kommt es in diesem überwiegend bei Nacht spielenden Film zu kleineren Längen, was auch daran liegt, dass die Critters an sich ein wenig zu selten auf der Bildfläche auftauchen. Das soll aber nicht weiter stören, denn der B-Movie-Charme tut sein Übriges, um das Filmchen zu einer echt drolligen Angelegenheit zu machen.