"Frankensteins Fluch" war der Film, ohne den es Terence Fishers "Dracula" vermutlich nie gegeben hätte. Das britische Hammerstudio landete mit dem erstgenanntem Streifen einen regelrechten Überraschungserfolg und beschloss daraufhin auch andere klassische Gruselstoffe einer Frischzellenkur zu unterziehen. Der Haken an der Sache war nur, dass das amerikanische "Universal" in den 30er und 40er Jahren eben diese Themen schon einmal verfilmt hatte, weshalb z.B. für "Frankensteins Fluch" das Make-Up der Kreatur verändert werden musste, um nicht des Plagiats bezichtigt zu werden (schließlich hatte Universal immer noch die Rechte an den "Frankenstein"-Filmen). Glücklicherweise gab es solche Probleme bei "Dracula" jedoch nicht, da sich beide Studios, aufgrund des weltweiten Erfolgs von "Frankensteins Fluch", zusammen taten. Eine gute Entscheidung, denn auch diese Neuverfilmung ließ ordentlich die Kassen klingeln.
Die Handlung beginnt mit der Reise des Jonathan Harker (John Van Eyssen), der sich das Ziel gesetzt hat, einem gewissen Grafen Dracula (Christopher Lee in der Rolle, die ihn weltberühmt machen sollte) das Handwerk zu legen. Doch auf dem Schloss seines Widersachers angelangt, wird Harker unvorsichtig, was auch sofort Konsequenzen nach sich zieht. Derweil ist Professor Van Helsing (Peter Cushing) über Harkers Verschwinden besorgt und macht sich auf die Suche nach ihm. Dabei macht Van Helsing eine grausige Entdeckung nach der anderen und sieht schon bald seine schlimmsten Befürchtungen bezüglich Dracula, den er zurecht für einen gefährlichen Vampir hält, bestätigt. Jener ist inzwischen dabei, seinen Einfluss bei Harkers junger Verlobter Lucy (Carol Marsh) geltend zu machen. Ihr Bruder Arthur (Michael Cough) und seine Frau Mina (Melissa Stribling) wissen gar nicht, wie ihnen geschieht, als Lucy zusehends kränker wird und schließlich stirbt. Was nur der Anfang einer Kette von Ereignissen ist, bei denen auch die beiden sowie Van Helsing zusehends in Lebensgefahr geraten...
Aus heutiger Sicht fällt es schwer, die Schockwirkung von "Dracula" nachzuvollziehen, die der Film 1958 angeblich beim Publikum ausgelöst hat. Die mittlerweile auf FSK 12 heruntergestufte Altersfreigabe sagt da im Grunde schon alles. Ein heutiges (Horror-)Publikum ist deutlich härtere Kost gewohnt, weshalb dieser Klassiker dem ein oder anderen sicher als zu zahm erscheinen dürfte. Kein Wunder, wenn selbst das Beißen der Vampire lediglich angedeutet wird und die erste "Pflock ins Herz"-Sequenz zum großen Teil in der Phantasie des Betrachters stattfindet. Überhaupt könnte man die Inszenierung böswilligerweise als bieder bezeichnen, wären da nicht immer wieder atmosphärische Momente, die für leichte Schauer beim Zuschauer sorgen. Den Machern wäre anzukreiden, dass sie nicht konsequent genug an das Thema herangegangen sind (was sich weniger auf die Veränderungen gegenüber der Romanvorlage von Bram Stoker bezieht, als vielmehr auf eine vergleichsweise harmlose Darstellung des selbigen). Doch sollte man sich in diesem Zusammenhang auch die damaligen Zensurbestimmungen vor Augen führen, in denen die britische Zensurbehörde BBFC dem amerikanischen Pendant MPAA in keinster Weise nachstand. Deshalb bezieht "Dracula" seine Qualitäten auch eher aus dem Charme des Gothik-Horror- Ambientes.
Die Leistungen der Darsteller fallen wiederum recht unterschiedlich aus. Während Peter Cushing als angehender Vampirjäger, der selbst noch eine Menge über die von ihm gejagten Wesen lernen muss, die beste Leistung erbringt, sieht das bei seinen Mitstreitern etwas anders aus. Michael Cough (Butler Alfred aus "Batman 1-4") agiert noch sehr solide. Melissa Stribling fehlt es dagegen etwas an dem für ihren Part durchaus nötigen Sex-Appeal. Zudem erscheint sie auch ein klein wenig zu alt für ihre Rolle. Carol Marsh kann kaum Akzente setzen und John Van Eyssen wirkt etwas zu steif und blass, sodass man fast das Gefühl hat, er wäre schon vor seiner Ankunft im Schloss gebissen worden. Christopher Lee wiederum merkt man an, dass er sich noch mit seiner Figur vertraut machen muss, wirkt seine Bedrohlichkeit hier doch noch nicht so auf den Punkt gebracht wie in den Fortsetzungen.
Was die Düsternis des Stoffes anbelangt, muss man sagen, dass es Regisseur Terence Fisher nicht optimal gelungen ist, diese in seinen Film zu transportieren. Das ist ihm später in "Blut für Dracula" wesentlich besser geglückt. So wirkt "Dracula" durch eingestreute Comedy-Elemente (z.B. in Form eines nicht ganz so hellen Zollbeamten) zeitweise auch recht bemüht. Wer auf Hochspannung pur setzt, sollte seine Erwartungen also besser runterschrauben oder aber gleich zu "Blut für Dracula" greifen, der die Schwächen seines Vorgängers besser zu kaschieren bzw. auszumerzen vermochte. Was nicht heißen soll, man hätte es hier mit einem schwachen Film zu tun. Man hätte ihn sich manchmal nur noch etwas besser gewünscht. Zumal auch das Skript von Jimmy Sangster keinen Preis gewinnen dürfte, lässt es die Charaktere doch oft bar jeder Logik handeln oder aber viel zu spät die richtigen Schlüsse ziehen, sodass der Zuschauer den handelnden Figuren meistens einen Schritt voraus ist. Im Gegenzug für diese Mankos, erwarten den Nostalgiker aber immerhin beeindruckende Sets, ein ordentliches Maß an Atmosphäre und ein überraschend packendes Finale mit Lee und Cushing.
Fazit: Etwas überschätzter Einstieg in die Welt des wohl berühmtesten Vampirs, der heutzutage schon recht angestaubt wirkt. Entfernt man diese Staubschicht jedoch, erwarten einen knapp 80 Minuten Grusel der alten Schule- ohne viel Gewalt oder Blutvergießen. Womit ordentliche Unterhaltung für Genrefans garantiert wäre!
7/10 Punkten