Review

N.G. Mounts Ogroff zählt - und das sage ich möglichst neutral und ohne zu übertreiben - zu den ungeheuerlichsten Filmen, die je meinen Weg gekreuzt haben. Ob es möglich ist, dieses an Dilettantismus kaum zu überbietende Machwerk in einem Stück (= 90 Minuten) durchzustehen, kann ich nicht sagen. Ich hab's jedenfalls nicht geschafft. Man stelle sich vor, ein vierzehnjähriger Herschell Gordon Lewis und Andreas Schnaas anno Zombie '90 hätten sich zusammengetan, um in den Wäldern Frankreichs für einhundertfünfundsiebzig Francs und ohne Drehbuch einen Slasherfilm zu drehen. Nach wenigen Tagen warf Lewis entnervt das Handtuch, als er feststellen mußte, daß seinem Kumpan nicht nur jegliches Talent fehlte, sondern daß auch noch die Tonspur völlig unbrauchbar war und daß angesichts der jämmerlichen Dailies die Augen spontan zu tränen begannen. Als Ersatz holte Schnaas Pericles Lewnes (das ist der Typ, der Redneck Zombies verbrochen hat), um mit ihm den Film übers Wochenende fertig zu stellen. Das Ergebnis könnte vielleicht so aussehen wie Ogroff, aber das ist natürlich nur Spekulation. Ogroff ist das Baby eines Pariser Videothekars namens Norbert Georges Mount, und es ist so dermaßen mißglückt, daß man die häßliche Ausgeburt nur fassungslos anstarren kann und sich wieder einmal vor Augen halten muß, daß die Wege des Herrn in der Tat unergründlich sind. Unglaublicherweise ließ sich Mount davon nicht beirren und drehte noch (mindestens) fünf weitere Filme, mit so schönen Titeln wie Trepanator, Dinosaur from the Deep und Le Syndrome d'Edgar Poe.

Im Mittelpunkt des obskuren Streifens steht der von Regisseur/Autor/Produzent höchstselbst gespielte Ogroff, ein debiler Redneck, der in einer heruntergekommenen Hütte im Wald haust, seine Visage hinter einer bescheuerten Ledermaske versteckt und mit seiner Axt so ziemlich alles niedermetzelt, was ihm vor die Schneide läuft. Als erstes bekommt Leticia, ein kleines Mädchen (das wie ein Junge aussieht und wohl auch einer ist), seine Axt zu spüren, bevor der irre Verstümmler ihren Vater enthauptet, welcher dann kopflos durch die Gegend stolpert. Die Frau Mama sucht aufgrund dessen das Weite, schafft es sogar, einen vorbeikommenden Wagen anzuhalten, woraufhin Ogroff schon resigniert, seine Axt schultert und enttäuscht von dannen zieht. Doch nichts da... aus dem Auto springt ein Clown (oder so was ähnliches, schwierig zu identifizieren), und der meint: "Walking does you good... What a stupid bitch!" Dann braust er davon. Ogroff nimmt die Jagd wieder auf, erwischt die Frau, fesselt sie an einen Pfahl und schneidet ihr die Zunge raus, da ihm ihr Gekreische auf die Nerven zu gehen scheint. Das leckere Stück Fleisch verfüttert er an den Hund der Familie (man kann ihm ja vieles vorwerfen, aber tierlieb ist er wenigstens). Das Kind wird zerlegt und an die Zombies verfüttert, die in seinem Keller dahinvegetieren. Tja, und so geht es eine zeitlang weiter, bis sich Ogroff irgendwann verliebt (bis dahin teilte er das Bett mit seinen Äxten, die er auch schon mal lüstern streichelte). Gegen Ende torkelt dann eine Horde Zombies planlos durch die Gegend, und irgendwie verirrt sich auch Howard Vernon ins Geschehen, welcher einen hilfsbereiten Pfarrer mimt, der sich als hinterlistiger Blutsauger entpuppt.

Howard Vernon (1914 – 1996) hat ja in einigen Filmen einen gewissen Dr. Orloff gespielt (u. a. Der schreckliche Dr. Orloff, Erotik in der Folterkammer, In den Krallen des Unsichtbaren), und da dachte sich N.G. Mount wohl, daß es sicher lustig wäre, wenn er auch in Ogroff (Orloff, Ogroff, wo ist da der Unterschied?) mit dabei wäre. Ist es nicht, soviel sei verraten. Es gibt bestimmt nur wenige Filme, die so unverschämt sinnlos sind wie dieser hier. Eine Geschichte existiert nicht; Menschen schauen nur mal kurz vorbei, um vom kannibalisch veranlagten Ogroff mehr oder weniger blutig getötet zu werden. Da werden Dinge auf gut Glück zusammengewürfelt, ohne auch nur den Versuch einer Erklärung zu unternehmen. Schluck es, oder laß es bleiben, ist mir doch egal, war hier wohl das Motto. Daß Mount auch noch eifrig und ziemlich plump seine Lieblingshorrorfilme (The Texas Chainsaw Massacre, Friday the 13th, The Burning, etc.) zitiert, versteht sich fast von selbst. Für alle, die es noch nicht gemerkt haben sollten: Ogroff ist ein Amateurfilm. Egal ob vor oder hinter der Kamera, überall waren da blutige Amateure am Werk, und das Ergebnis sieht dementsprechend aus. Von Nichts kommt halt Nichts.

Alles, wirklich alles an diesem Film ist hundsmiserabel. Das Schauspiel, die Regie, der Schnitt, die Kamera, der Sound, die Beleuchtung, die Action, das "Drehbuch", der Score, die Spezialeffekte... eine einzige, nicht enden wollende Katastrophe! Man achte nur mal auf den Sound. Da nur eine Tonspur zur Verfügung stand, heißt das, daß das Synthie-Gedudel abrupt unterbrochen wird, um Platz für Vogelschreie oder exotischere Tiergeräusche wie das Gekreische von Äffchen zu schaffen. Bei den wenigen, grauenhaft nachsynchronisierten Dialogen bzw. eingefügten Soundeffekten (mal bleibt die Frau während der Verfolgungsjagd stehen, um erschöpft in die Kamera zu keuchen, mal drischt Ogroff wie behämmert auf eine Ente ein, nicht auf das Tier, sondern auf das Auto gleichen Namens) funktioniert dies nach exakt demselben Prinzip. Seit Violent Shit, den ich irgendwann Mitte der Neunziger das erste Mal sah, habe ich nicht mehr eine derartige Ansammlung von Unvermögen gesehen. Ein Unvermögen, das befremdlicherweise auch noch stolz zur Schau gestellt wird. Im Gegensatz zu Violent Shit strahlt Ogroff aber immerhin eine seltsame Faszination aus und macht hin und wieder sogar ein klein wenig Spaß, weshalb ich der Zeit, die ich in dieses Gestümper investiert habe, auch nicht nachweine. Am besten ist es wohl, wenn man sich den Film Häppchenweise zu Gemüte führt, in leicht verdaulichen Stückchen von fünf bis zehn Minuten. Auf diese Weise ist dieses überwiegend stinklangweilige Wald-und-Wiesen-Splatter-Debakel am ehesten goutierbar.

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