Vorbemerkung:
Diese Kritik wurde geschrieben nach Ansicht des ersten Teiles.
So, das ist er also, der angebliche "Skandalfilm".
Geschildert wird die Contergan-Affaire aus Sicht eines (fiktiven) Anwalts, der nach Geburt eines behinderten Kindes gegen die Herstellerfirma von Contergan (Grünethal) zu Felde zieht.
Handwerklich ist der Streifen gut gemacht, er spielt gekonnt auf der Gefühlsklaviatur des Zuschauers.
Die Ausstattung ist bemerkenswert; die Atmosphäre der 50er / 60er ist gut eingefangen.
Einige Szenen sind erschütternd, etwa als das behinderte Neugeborene in der Klinik von den Ärzten wie Abfall behandelt wird.
Aber genau dieses gekonnte Spiel ist auch der ganz große Nachteil des Streifens. Reale Fakten werden hier mit einer fiktionalen Geschichte vermengt. Auf der einen Seite der "Gute" Anwalt, auf der anderen der "Böse" Konzern.
Für den in der Materie nicht so bewanderten Zuschauer (und dies dürften fast alle sein) ist es schlicht nicht nachvollziehbar, was nun Wahrheit ist und was Fiktion. Da wird ein real existierender Konzern (eben Grünethal) als "Böse" und "moralisch verworfen" hingestellt. Was dies für Auswirkungen auf den heutigen Konzern hat (50 Jahre nach den Ereignissen) wird nicht bedacht oder wenn doch, dann billigend in Kauf genommen.
Der Film nimmt sehr eindeutig und mit emotionalen Mitteln Stellung gegen den Konzern. Natürlich ist Grünethal kein Wohtätigkeitsverein und hat auf die damalige Affaire gewiss nicht optimal reagiert. (als Stichwörter seinen hier Entschädigungszahlungen sowie der Zeitpunkt der Rücknahme des Medikamentes genannt). Die Fairness gebietet es jedoch, bei einem solchen Thema BEIDE Seite zu berücksichtigen und ihre Standpunkte darlegen zu lassen.
Diese Fairness lässt der Film leider vermissen.
In so fern ist der Versuch Grünethals, die Ausstrahlung des Films gerichtlich zu untersagen, durchaus nachvollziehbar.
Dem Thema sehr viel angemessener wäre eine Dokumentation, in welcher auf Sachliche Art und Weise beide Seite zu Wort kommen.