Wenn Roald Dahl verfilmt wird, ist Aufmerksamkeit verlangt.
Denn auch diese Verfilmung eines seiner Kinderbücher ging im Wust der qualitätsarmen Jugendschnellschüsse unter wie eine Bleiente. Dabei besitzt Mathilda eine gewisse Einzigartigkeit des Stils, die den Film über andere Kinderbeiträge (auch phantastischer Natur) heraushebt.
Prinzipiell ist an der Story nichts wirklich Bedeutendes. Mißachtetes, aber hochbegabtes (und natürlich herzensgutes) kleines Mädchen entwickelt zusätzlich zu ihrer überlegenen Intelligenz noch telekinetische Kräfte und wehrt sich gegen böse Einflüsse in ihrem Leben.
Diese einfache Grundgeschichte aufzupeppen ist eben der Clou am Ganzen.
Und wie schon der stilistisch direkte Vorgänger "Hexen hexen", gelingt es auch hier, der Vorlage optisch Leben einzuhauchen.
Was eventuell banal hätte wirken können, wird hier vollkommen überspitzt gezeichnet. Das wertet das Geschehen nicht nur humoristisch auf, es macht den Film auch für Erwachsene problemlos goutier- und genießbar.
Allein die Grundkonstellation von Matildas Familie Wurmwald (Wurmholz wäre passender gewesen, liebe Synchroautoren) ist von der besonders grellen Sorte. Harry und Zinnia Wurmwald (geradezu ohne Rücksicht auf Verluste portraitiert vom auch im wahren Leben-Ehepaar Danny de Vito und Rhea Perlman) sind zwei dermaßen pflichtvergessene, profitgierige, hartherzige und kreuzdämliche Eltern, daß es eine Freude ist, wenn die sensible Matilda sich subtil mit ihrem Mehrwissen (sie ist vier Jahre alt) aus allen Konflikten heraushält und stattdessen ihre Fähigkeiten nutzt, um ihr eigenes Leben zu leben.
Letztendlich dreht sich der Film dann aber doch weniger um Matildas Familie, sondern mehr um das Bemühen, endlich auf eine Schule zu gehen.
Diese entpuppt sich dann aber als noch größerer Hort des Schreckens. Ist zwar der Unterricht dank der Lehrerin Fräulein Honig wunderbar, lauert an allen Ecken der Schrecken der Direktorin Knüppelkuh. Hier läßt de Vito (der auch Regie führt) ein selten gesehenes Monstrum auf die Figuren und Kinozuschauer los, ein mörderisch-monströser Fleischberg, der Kinder mit einer Inbrunst haßt, daß es schon an Körperverletzung grenzt. Pam Ferris zeigt uns mit ungeheurem Mut zur Häßlichkeit diesen tödlichen Koloß, der in seiner Freizeit noch immer Kugelstoßen, Speer- und Hammerwerfen frönt.
Der Film mündet in einem Duell zwischen Matilda und der Direktorin, kombiniert mit der unvermeidlichen Adoption durch die Lehrerin. Obwohl der Plot so stets vorhersehbar bleibt, bricht de Vito immer wieder mit den Klischees, baut kleine absurde Szenen ein (rund um die Eltern und zwei sie verfolgende, nicht weniger ungeschickte Polizisten) und vermeidet fast völlig den Griff in den Kitschtopf, indem er die gefühlvollen Sequenzen kurz und prägnant beläßt.
Grandios unterstützt wird er von Mara Wilson, die zwar niedlich daherkommt, aber stärker durch ihre verschmitzte, charmante Art beeindruckt. Eindeutig ein gelungener Besetzungscoup. Sämtliche übrigen (erwachsenen) Charaktere (abgesehen von der Lehrerin) sind gelungen überzeichnet und bieten in ihrer Absurdität genug Vergnügliches, um den Film über die volle Distanz zu bringen. Unterstrichen wird diese Grundstimmung noch durch die gelungenen Sets, die recht opulent daherkommen. Besonders beeindruckend die düstere Schule, deren bunte Klassenzimmer auf rasante Art immer wieder in graue, eintönige Grüfte verwandelt werden müssen, sobald die Direktorin sich ankündigt.
Abstriche gegenüber "Hexen hexen" muß man für die Simplizität geben und für die zwar überzeichnete, aber doch recht graphische Gewalt, die "Knüppelkuh" ihren Schülern antut.
Dabei kommt zwar niemand sichtlich zu Schaden, aber selbst für kleine Kinder ist ersichtlich, daß das ziemlich unwahrscheinlich ist. Außerdem schafft es Pam Ferris vermutlich, kleineren Besuchern längerfristig Angst einzujagen, als der Film dauert. Sie ist dermaßen drastisch, daß ihre Bestrafung zwar gerecht, aber in jeden Fall einfach zu bescheiden ausfällt. Es reicht einfach nicht, wenn jemand der Kinder auf spitze Zäune zuschleudert, mit einem Pausenbrotbombardement und etwas Telekinetenspuk aus der Schule gejagt wird.
Trotzdem bleibt der Film eindeutig im grünen Bereich, ist aber unter sieben Jahren wohl etwas zu drastisch. Darüber mache ich keine Einschränkungen, das ist was für alle.
(7,5/10)