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Galt der britische Regisseur Nick Love nach seinem vielbeachteten Hooligan-Drama "The Football Factory" noch als neues Nachwuchstalent auf der Insel, konnte bereits sein immerhin unterhaltsamer aber letztlich bedeutungsloser Gangsterfilm "The Business" die an ihn gerichteten Erwartungen nicht erfüllen. Angesichts seines leider völlig fehlkonzipierten Selbstjustiz-Thrillers "Outlaw" dürfte nun endgültig die Erkenntnis reifen, dass der sicherlich nicht untalentierte Filmemacher noch einen steinigen Weg vor sich hat, bevor er irgendwann einmal zu internationaler Klasse reifen kann.

Denn für einen exploitativen Reißer schlachtet er das Thema einfach zu zaghaft aus, traut sich gar nur maximal eine Handvoll wirklich reaktionärer Parolen auszusprechen und bremst das Thema schon wieder ein, bevor es überhaupt in Schwung kommt und sich eine Eigendynamik unter der Bevölkerung entwickelt, auf die alle Ereignisse keinerlei Wirkung zu haben scheinen. Löblich gemeint, wenn Love denn Selbstjustiz nicht als Lösung proklamieren möchte, dabei aber auf ganzer Linie scheitert, da die Beteiligten allesamt nur oberflächlichen Klischees entsprechen, so dass es schwierig wird, über sie Interesse beim Publikum zu wecken. Gerade wenn daneben nur die genretypischen Zutaten Einzug halten, auf die auch "Outlaw" keinerlei Antworten oder gar Lösungen parat hat: ein korrupter Polizei- und ein ohnmächtiger Justizapparat.

Daneben wirkt die Schose allerdings auch reichlich hölzern, einfallslos und unglaubwürdig konstruiert, als der ausgebrannte Soldat Danny Bryant (wie immer souverän: Sean Bean, "Patriot Games", "The Island"), nicht nur mit einem gehörigen psychischen Knacks, sondern gleich noch einer imposanten Wagenladung Waffen im Rucksack, direkt aus Afghanistan zurückkehrt und daheim so gar keinen Halt mehr findet, weil der Schlüssel zu seinem Haus längst nicht mehr passt und die Nachbarjungs dem Veteranen keinerlei Respekt zollen.
Der Sicherheitsbeamte Hillier (Sean Harris, "Creep", "Isolation"), bringt ihn mit drei weiteren Männern zusammen, denen ebenfalls übel mitgespielt wurde, die sich aber nicht zu wehren wissen. Gemeinsam mischen sie die Unterwelt auf und unterhalten dabei Unterstützung durch den gealterten Cop Walter Lewis (Bob Hoskins, "Daynne the Dog", "Doomsday"), der sie mit den nötigen Informationen versorgt.

Bezüglich Bryants wirklichen Motiven, der auf keinen Fall in der Bedeutungslosigkeit versinken möchte, bleibt "Outlaw" recht vage, alle Beteiligten haben allerdings eins gemeinsam: Sie sind vom Staat enttäuscht und nehmen das Recht deswegen von nun an in die eigenen Hände. Rassismus und Religion werden passenderweise nebenher auch gleich noch abgefrühstückt, weil es, wenn man schon mal dabei ist, gerade passt.
Das hört sich spektakulärer an, als es letztlich ist, denn ausufernde Actionszenen sollte man besser nicht erwarten. Davon gibt es nur sehr wenig zu sehen. Nick Love bemüht sich offensichtlich um Realismus, tritt dabei aber einmal mehr den Beweis an, dass nicht jeder Regisseur die Reife besitzt seine Filme digital zu drehen. "Outlaw" wird deswegen trotz einiger an Michael Mann gemahnenden Nachtaufnahmen Londons von einem amateurhaften Look geprägt, der der Metropole nur ganz selten gerecht wird und die urbanen Kulissen nicht für sich zu nutzen weiß.

Das Interesse hält sich darüber hinaus in Grenzen, wenn die Stereotypen nach etlichen Diskussionen und Verzögerungen wieder einen Coup durchziehen und eigentlich komplett von der tickenden Zeitbombe Bryant abhängen, der als einziger den Mumm in den Knochen hat die Aktionen rücksichtslos durchzuziehen. Den Medien entgehen sie dabei natürlich nicht, werden aber aufgrund manipulierter Falschinformationen der Polizei schnell als Copkiller, Terroristen und Mörder abgestempelt. Die möglichen Robin-Hood-Attitüden werden nur kurz angerissen. Da sie von der Bevölkerung aber ohnehin weitestgehend ignoriert werden, schadet dies nicht weiter.

Weil Nick Love, wie oben bereits erwähnt, "Outlaw" keinesfalls als straighten Selbstjustiz-Reißer durchziehen möchte, fallen mit zunehmender Laufzeit trotz solider Darstellerleistungen die eklatanten, inhaltlichen Mängel immer mehr auf. Die kläglichen Versuche sich nicht nur mit den offensichtlichen Missständen sondern auch den eigenen Taten auseinanderzusetzen, enden in ziellosen Diskussionen. Eine Entwicklung der Beteiligten von harmlosen Bürgern, die sich zunächst überwinden müssen selbst Gewalt als gerechtes Mittel einzusetzen, gleicht angesichts der Reißbrett-Charakter einer Farce. Spannung sucht man ebenso vergebens, da der Film sich für keine Linie entscheiden kann und mit einem unbefriedigenden, plötzlich herbeieilenden Finale ausklingt, das geradezu symptomatisch für diesen höchst unausgegorenen Streifen scheint.


Fazit:
Ein Publikum wird "Outlaw" kaum finden. Es hat schon seinen Grund, warum der Film bis dato außerhalb Großbritanniens kaum auf Interesse stieß. Sean Bean, auch hier wieder ein charismatischer Lichtblick, greift mit schlafwandlerischer Sicherheit mal wieder zur falschen Rolle, zieht sich allerdings solide aus der Affäre und wäre eigentlich auch der einzige Grund, warum man sich für Nick Loves enttäuschenden Thriller interessieren könnte.
Es gibt vornehmlich zwei Möglichkeiten sich diesem Thema zu nähern. Entweder zieht man es als politisch unkorrekten Selbstjustizreißer ohne Rücksicht auf Verluste durch und nährt damit reaktionäres Gedankengut oder betrachtet die sicherlich nicht aus der Luft gegriffene Situationen differenziert, blickt hinter die Kulissen und schlägt Lösungen vor. "Outlaw" dagegen vermag keine der Seiten zu bedienen, sondern bleibt über 95 Minuten ein höchst oberflächlicher Thriller ohne Ideen.

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