Dass es sich bei „Lisa und der Teufel“ um das persönlichste Werk Mario Bavas handeln soll, steht nicht gleichbedeutend mit der Annahme, man habe fein geschwungene Linien der Erzählkunst zu erwarten oder besonders ausgefeiltes, auf Perfektionismus ausgelegtes Handwerk. Wenn der Betrachter zu dem abschätzigen Schluss kommt, er habe es mit einem sleazigen, konfus wirkenden Bastard aus übernatürlichem Drama und Horrortrash zu tun, so kann man ihm möglicherweise fehlende Sensibilität vorwerfen, jedoch noch nicht ganz an seiner Zurechnungsfähigkeit zweifeln; und das gilt auch, wenn der Betrachter anstatt der mit Nachdrehs verwaschenen Exorzismus-Version des Produzenten die ursprüngliche Originalfassung gesehen hat.
Die künstlerische Freiheit, die dem Regisseur nach seiner kommerziell erfolgreichen letzten Arbeit zunächst gewährt wurde, legt sich also nicht im Konsens dessen nieder, was man als Meisterwerk verstehen würde, sondern in der zügellosen Komposition von Farben und Formen, die isoliert wie unter der transparenten Haube einer Schneekugel miteinander verschlungen werden und dabei nichts anderem folgen als ihrer eigenen Logik. Diese zu verstehen, gehört zu den großen Herausforderungen dieses Films, ja letztlich bilden sie seine eigentliche Klasse. Obgleich die Anzahl der zentralen Schauplätze – der verwinkelte Kern einer spanischen Altstadt, eine gotische Villa samt Anwesen und für das effektvolle Finale das Innere eines Flugzeugs – denkbar übersichtlich ist, nutzt Bava sie nicht banal als Übergangsstationen für seine Geschichte, sondern bewegt sich nach Belieben in ihnen vor und zurück, bearbeitet sie wie die Form eines Kissens vor dem Schlafengehen, bis sie ihm als angemessen erscheint, was, wie das Ergebnis unter Beweis stellt, nicht zwangsläufig mit der gängigen Schule für Filmdramaturgie in Einklang steht.
Entsprechend „unteuflisch“ tritt auch Telly Savalas auf, der sich mit offenem Gesicht, freundlichem Lächeln, Lolly im Mund und einer nüchtern betrachtet sehr profanen Funktion als Diener und Assistent keiner offensiven Villain-Konzeption anschließt – und gerade durch die vermeintliche Verspieltheit und Harmlosigkeit besonders diabolisch erscheint. Elke Sommer indes scheint mit ihrem blonden Haar, ihrer mintfarbenen Jacke und dem blau karierten Rock die gesamte Ausstattung aus Fresken und Statuen, opulenten Treppen, hohen Gräsern, Brunnen und Uhren gleichermaßen anzuziehen wie zu kontrastieren. Auch visuell steht Bava hiermit auf dem Höhepunkt seines Könnens, selbst wenn es ob der irritierenden Szenenkonstruktion ein wenig Einfühlung erfordert, um auf diese Erkenntnis zu stoßen.
Der Inhalt indes provoziert mit Tabuthemen und wird in dieser späten Phase seiner Entstehung durch punktuelle Nacktheit und Gewalt bereits dezent in eine anstößige Richtung gedrängt, andererseits hätte ein Hitchcock sich unter dem aufsehenerregenden Getöse eines großen Publikums vermutlich genauso wenig abschrecken lassen, einen solchen Stoff zu verfilmen. Eine gewisser Eindruck von Banalität hängt stets wie eine dunkle Wolke über dem Werk; weggewischt wird er spätestens mit der Finalsequenz, die wieder alles in ein anderes Licht rückt und die Vermutung bestätigt, dass „Lisa und der Teufel“ bei allen Zweifeln ein großartiger Film ist. Doch selbst hier ist es nicht einmal die Idee, die zu diesem Schluss führt, sondern eher die Umsetzung; ein nur sekundenlanger Schnitt, ein kleiner Moment der Perfektion in einem Irrgarten aus brüchigem, prunkvollen Mauerwerk.
(8.5/10)